Foto: imago/Westend 61
Am Dienstag wurde die neue Shell-Jugendstudie in Deutschland vorgestellt, und die Ergebnisse haben regelrechte Begeisterungsstürme in den Medien hervorgerufen. Hier nur eine kleine, relativ wahllose Auswahl der Überschriften, die man dazu gestern lesen konnte:Unglaublich, oder? Solche Begeisterungsstürme hat die Jugend bei den Älteren seit dem Volkssturm nicht mehr ausgelöst. Aber gut, wenn es stimmt, was die Shell-Studie da herausgefunden haben will, dann sind das ja wirklich beeindruckende Ergebnisse: Die Jugendlichen sind optimistisch, familientreu, leistungsbereit, weltoffen, Zuwanderern gegenüber aufgeschlossen, pflegen einen natürlichen und differenzierten Umgang mit dem Internet und der Vaterlandsliebe, sind politisch interessiert wie zuletzt beim Mauerfall, unterzeichnen Online-Petitionen, machen sich Sorgen um den Ukraine-Krieg und Terrorismus, sind umwelt- und karrierebewusst, werteorientiert und haben „Respekt vor Gesetz und Ordnung". Lockerlich! (Jugendwort-Kandidat 2015)Aber mal ehrlich: Können wir das alles glauben? Ich kann mich noch dunkel an meine Zeit als „Jugendlicher" erinnern, aber ich tue es ungern, weil das sofort post-traumatische Belastungsstörungen in mir auslöst und ich wochenlang schlecht schlafe. Aber immerhin glaube ich noch zu wissen, dass sich die gesamte Motivation von Jugendlichen, ihr innerstes Streben, ausschließlich darauf konzentriert, möglichst schnell möglichst viel Körperflüssigkeiten mit anderen Jugendlichen auszutauschen—und das war's. Wenn man da mal eine Online-Petition unterzeichnen muss, um die Nadine zu beeindrucken, OK, aber man muss nicht unbedingt wissen, worum es dabei wirklich geht. Dass die Shell-Jugendstudie jetzt ein so völlig anderes Bild von der Generation knapp unter mir zeichnet, das wirft dann doch irgendwie einiges an Fragen auf. Fragen wie:Ich weiß, dass Computerspielen jetzt total cool und akzeptiert und gar nicht mehr nerdig ist, aber zu meiner Zeit gab es eigentlich nur zwei echte Hobbys, denen man als Jugendlicher nachgehen konnte, und die haben sich gegenseitig bedingungslos ausgeschlossen: Rummachen oder Computerspielen.Wenn man cool genug war, um mit echten anderen Menschen rumzumachen, hatte man natürlich keinen Grund, Computer zu spielen, und wenn man Computer gespielt hat, dann hatte man wenig Chancen auf Rummachen, so einfach war das.Keines der beiden Hobbys hat einen jedoch besonders dazu angehalten, sich gesellschaftlich zu engagieren und über die berufliche Zukunft oder den Ukraine-Krieg nachzudenken, weil man eben entweder die Nadine in der Stadt oder den Dungeon Master an der verwundbaren Stelle am Nacken treffen musste. Und wenn diese beiden Freizeitbeschäftigungen für uns völlig gereicht haben, warum brauchen diese arroganten kleinen Streber jetzt plötzlich mehr?Das wäre allerdings eine Erklärung, warum einem beim Lesen der Studie ständig eine Gruppe Jugendlicher wie von einem Grünen-Wahlplakat ins inneren Auge grinst. Irgendwie ein großer Sportlicher, eine Gutaussehende mit vage arabisch-türkischem Migrationshintergrund, ein Rasta-Skater und ein cooler Nerd, der ein iPad-Imitat hält. Alle lächeln selbstbewusst und denken über „freshe" Konzepte zur Mülltrennung nach, während sie gleichzeitig an ihren Bewerbungen für Elite-Unis im Ausland feilen.Sie sind halt pragmatisch, aber auch politik-interessiert, sie wollen Karriere und Familienleben locker verbinden, sind stolz auf ihre Heimat und würden ihre Kinder genauso erziehen, wie ihre Eltern sie erzogen haben. Was eben daran liegt, dass sie statt von Eltern von einem Brutprogramm der Heinrich-Böll-Stiftung großgezogen wurden, das ihnen bedingungslose Dankbarkeit ins Rückenmark implantiert hat.Vielleicht sind diese Kids aber auch nur so ausgeglichen, weil sie einfach die ganze Zeit auf Redtube rumhängen. Immerhin würde das erklären, warum sie so viel Zeit für all diese eigenartigen Aktivitäten (Online-Petitionen, Interesse für Außenpolitik, Engagement) haben: Sie versuchen gar nicht mehr, sich gegenseitig an die Wäsche zu gehen, weil sie das alles einmal vor der ersten Klasse und einmal nach dem Nachhausekommen erledigen können, indem sie einfach Pornos im Internet schauen.Das würde also bedeuten, dass die Weltoffenheit, der Optimismus und der Pragmatismus dieser tollen jungen Menschen vor allem der ständigen Verfügbarkeit von Online-Pornos zu verdanken ist. Da Online-Pornos nie wieder verschwinden werden, besteht also eine ziemlich hohe Chance, dass auch nachkommende Generationen ähnlich ausgeglichen, stressfrei und optimistisch durch ihre prägendste Zeit flutschen werden, so dass die Welt sich bald zu einem glücklichen, super verwalteten Ort entwickelt, wo jeden Donnerstag ein „Jeder-bringt-was-aus-seinem-Kulturkreis"-Abendessen stattfindet. Brave New World.Das ist dann wohl auch die wichtigste Frage. Wenn diese Kids mit ihrem evolutionären Quantenvorsprung (= Online-Pornos) erstmal erwachsen und wir alle so mittelalte bis alte Leute sind, was werden sie mit uns anfangen?Zweifellos werden sie uns verachten. Unsere Beziehungsdramen werden sie lächerlich, unsere Aggressionen primitiv und unsere Motorräder umweltschädlich und unsicher finden. Wir werden zunehmend Störfaktoren in ihrer perfekten Welt werden, und sie werden schnell (denn sie sind ja schnell, diese gegelten Mistkäfer) einen Weg finden, uns außer Gefecht zu setzen und ruhig zu stellen.Wahrscheinlich werden sie uns in gemütlichen Lagern mit Breitband-Super-DSL internieren, um dann am Ende unseres Lebens Smoothies aus unseren Körpern machen, die sie morgens vorm Yoga trinken werden. Diese kleinen Affen. Wir sollten uns wehren, bevor es zu spät ist. Hunger Games ist vielleicht ein schlechter Film, aber nicht unbedingt eine schlechte Idee …
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1. Spielen die nicht genug miteinander rum? Oder wenigstens Computer?
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2. Wurde diese Generation Jugendlicher von der Heinrich-Böll-Stiftung gezüchtet?
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3. Ist es gesund, dass Jugendliche so ein gesundes Verhältnis zu Sexualität haben?
Vertrauen? Treue? Glück? Habt ihr Fieber? Die Jugendlichen aus dieser Studie klingen alle so, als würden sie schon seit zwei Jahren mit ihrem Lebensabschnittspartner zusammenleben, sexuell total erfüllt und ausgeglichen. Das kann doch nicht gesund sein!Seit es Menschen gibt, sind Teenager das Notgeilste, was es gibt—es ist die verdammte Bestimmung des Teenagers, ein klappernder, sabbernder Haufen Hormone auf zwei Beinen zu sein. Es ist genau dieser unbändige (und meistens unbefriedigte Drang), der das Leben als junger Mensch gleichzeitig so lebenswert und stressig macht. Was soll denn bei dieser ur-entspannten und vernünftigen Generation jemals herauskommen? „Die Kuschel-Abende des jungen Werther"? Es ist zum Sterben.„Denken Jugendliche an das Thema Beziehung, stehen (die Sehnsüchte nach) Vertrauen, Treue und Glück hoch im Kurs. Vertrauen bedeutet hier eine vorbehaltlose Offenheit dem Partner / der Partnerin gegenüber." Zusammenfassung Shell-Studie 2015, Seite 31
4. Sind Internet-Pornos die Lösung für alle gesellschaftlichen Probleme?
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