Spaß für die ganze Familie – Wie es ist, zusammen mit seinen Eltern Drogen zu nehmen
Alle Illustrationen: Fernando Leon

FYI.

This story is over 5 years old.

Stuff

Spaß für die ganze Familie – Wie es ist, zusammen mit seinen Eltern Drogen zu nehmen

"Wir redeten über Gott und die Welt. Irgendwann fingen wir jedoch auch an, Halluzinationen zu bekommen, und mussten dann rausfinden, was real war und was nicht."

Für manche Menschen sind die Eltern sowas wie die besten Freunde, andere können ihre Lebensspender hingegen nicht ausstehen. Aber ganz egal, wie gut du dich mit deiner Mutter und deinem Vater verstehst, es gibt ein paar Aktivitäten, die ihr lieber nicht zusammen machen solltet.

Eine dieser Aktivitäten ist der Konsum von Drogen. Und trotzdem haben manche Leute kein Problem damit, mit ihren Alten ein paar Lines zu ziehen oder Pillen zu schmeißen. Aber wie hat man sich das Ganze überhaupt vorzustellen? Um diese Frage zu beantworten, habe ich mit einigen Leuten gesprochen, die eine "besondere" Beziehung zu ihren Eltern pflegen.

Anzeige

Robin*, 21 Jahre, hat zusammen mit seinen Eltern Kokain genommen

VICE: Wie sind deine Eltern das Thema Drogen angegangen?
Robin: Meine Familie ist da ziemlich entspannt. Mein Vater und meine Mutter haben früher sogar selbst mal gedealt. Um ihre Vergangenheit machen sie auch kein Geheimnis. Dementsprechend wollte mein Vater aber auch, dass ich ihm gegenüber, was Drogen angeht, ehrlich bin. Anfangs habe ich jedoch trotzdem nichts erzählt, weil ich irgendwie Angst hatte. Mit 16 habe ich meine erste Pille eingeworfen und mein Vater hat das natürlich sofort gemerkt, weil er die Anzeichen kannte.

Wie hat er reagiert?
Er war natürlich sauer, weil ich ihm nichts gesagt hatte. Er wollte halt, dass ich mir der Risiken bewusst bin und keine Dummheiten mache.

War es dann geplant oder eher spontan, als du zum ersten Mal zusammen mit deinen Eltern Drogen genommen hast?
Das war definitiv nicht geplant. Es ist einfach so passiert. Ich muss so um die 18 gewesen sein, als mein Vater mir für eine Party ein Tütchen Kokain in die Hand drückte. Dieser Moment hat von da an irgendwie unsere Beziehung definiert. Am ersten Weihnachtstag kam dann ein Freund zum Essen vorbei und wir feierten zusammen mit meinen Eltern wortwörtlich weiße Weihnachten.

Wie lief das ab?
Es war richtig cool und wir konnten plötzlich über all die Themen reden, die uns sonst immer etwas unangenehm waren. In einem solchen Augenblick ist man einfach total offen.

Anzeige

Wie denkst du rückblickend über diesen Moment?
Also mein Vater findet, dass wir uns so näher gekommen sind und unsere Vater-Sohn-Beziehung gestärkt haben. Für ihn ist das eine Art Ersatz für die fehlende emotionale Verbindung zwischen uns. Ein oder zwei Jahre lang war ich auch richtig froh darüber, dass wir das zusammen gemacht haben. Inzwischen denke ich darüber jedoch anders, weil ich nicht mehr der Meinung bin, dass so etwas die Grundlage unserer Beziehung darstellen sollte.

Was halten deine Freunde davon, dass du zusammen mit deinen Eltern Drogen genommen hast?
Meine Freunde haben ja auch schon ab und an mit meinem Vater gekokst. Sie finden es ziemlich cool, dass ich so etwas mit meinen Eltern machen kann. Ein paar von ihnen halten das jedoch auch für recht komisch—und das verstehe ich voll und ganz.

Ist dabei auch mal etwas Peinliches passiert?
Na ja, einmal habe ich nach der Gay-Pride-Parade mit ein paar Kumpels bei meinem Vater vorbeigeschaut. Da ließ das Koks natürlich nicht lange auf sich warten. Mein alter Herr hat mich dann doch ziemlich blamiert, als er meinen Freunden ständig sagte, wie cool sie doch seien—so nach dem Motto "Hey Robin, deine Freunde sich echt klasse".

Würdest du den Drogenkonsum mit den eigenen Eltern weiterempfehlen?
Wenn es sich im Rahmen hält, dann auf jeden Fall. Es bricht viele Tabus. Im Allgemeinen ist es immer gut, seinen Drogenkonsum gegenüber den eigenen Eltern nicht zu verheimlichen. Ehrlich währt halt immer noch am längsten. Man sollte seine Anekdoten und Erfahrungen nicht "elternfreundlich" erzählen.

Anzeige

Noisey: Diese Teenagerin rastet völlig aus, als ihre Eltern die Schulparty crashen

Alex, 28 Jahre, hat bei einem Festival zusammen mit seiner Mutter MDMA genommen

VICE: Was haben dir deine Eltern zum Thema Drogen erzählt, als du noch jünger warst?
Timo: Das war ein großes Tabuthema. Sie meinten ständig, dass Drogen schlecht seien und süchtig machen. Und so kam es auch, dass ich vor allem das Bild eines Menschen, der mit einer Spritze im Arm in der Gosse liegt, im Kopf hatte.

Und trotzdem hast du das Ganze irgendwann ausprobiert?
Ja. Ich war 23 und machte gerade eine ziemlich schlimme Beziehungsphase durch. Meine Freunde nahmen mich dann mit auf ein Festival in Belgien, wo ich zum ersten Mal Ecstasy nahm. Und glaub mir, diese überwältigende Erfahrung hat mir richtig die Augen geöffnet. Ich hatte ja keine Ahnung, dass ich mich so fühlen kann. Damit begann auch so etwas wie ein neues Kapitel in meinem Leben, denn meine Vorstellung von Drogen verwandelte sich in das genaue Gegenteil. Deshalb regte sich in mir auch die Neugier und ich probierte mich im Grunde einmal durch das komplette Drogen-Arsenal.

Und wie konntest du deine Eltern überzeugen?
Drei Monate später habe ich meiner Mutter von meiner Erfahrung erzählt. Dabei war ich richtig nervös, weil ich keine Ahnung hatte, wie sie reagieren würde. Letztendlich zeigte sie sich jedoch offen, ja fast schon neugierig. Ich muss wohl ein ziemlich rosiges Bild gemalt haben, weil es nicht lang dauerte, bis sie sagte, dass sie das vielleicht auch mal probieren sollte.

Anzeige

Wie ging es dann weiter?
Ich überlegte, wo ich das mit ihr machen könnte. An einem schönen Sommertag irgendwo draußen erschien mir dabei als das beste Szenario. Sie sollte sich einfach nicht als "alte Mutter" fühlen. Schließlich entschied ich mich für das "Dance Valley"-Festival, weil es dort ziemlich locker zugeht.

Dort habe ich meiner Mutter, die damals 51 Jahre alt war, dann eine Kapsel mit einer Vierteldosis MDMA gegeben. Sie hielt es für sehr wichtig, die richtige Dosis zu nehmen, und ich wollte nicht, dass sie sich irgendwie unwohl fühlt. Dennoch hatte sie ein wenig Startschwierigkeiten: Sie empfand eine gewisse Schwere und konnte diese Empfindung nicht wirklich einordnen. Also gab ich ihr eine weitere Vierteldosis und danach ging es besser. Sie fing an zu tanzen und ließ einfach los. Und genau das wollte ich ja erreichen.

Wie haben die anderen Festivalbesucher auf deine Mutter reagiert?
Meine Freunde fanden das total außergewöhnlich und sie sagten meiner Mutter auch, wie cool sie es fänden, dass sie mit dabei war. Viele andere Leute konnten sich aber auch nicht wirklich vorstellen, so etwas jemals mit ihren Müttern zu machen.

Hat sich die Beziehung zu deiner Mutter durch diese Erfahrung irgendwie verändert?
Natürlich gab es schon ein gewisses Risiko, weil wir plötzlich eine Art Rollentausch durchführten—sie war das Kind und ich fühlte mich wie der Verantwortliche. Dennoch bereue ich nichts, weil sie mir vertraute. Und das fühlte sich echt gut an. Unsere Beziehung hat sich dadurch eigentlich nur noch weiter verbessert.

Anzeige

Habt ihr das Ganze seitdem noch mal wiederholt?
Na klar. Wir sind im darauffolgenden Jahr wieder zum Dance Valley gefahren und ich habe ihr dort direkt eine höhere Dosis gegeben. Das funktionierte auch und sie war richtig glücklich. Außerdem führten wir unglaublich intensive Gespräche.

Ist dabei auch mal irgendetwas Peinliches passiert?
Nein. Meine Mutter musste sich nur ein paar Mal hinsetzen, aber das war's. Alles gut.

Würdest du diese Erfahrung weiterempfehlen?
Nun, wenn man eine tiefgreifende Erfahrung mit seinen Eltern machen will, an die man sich für den Rest des Lebens erinnert, dann sollte man das tatsächlich mal in Betracht ziehen. Im Grunde macht man sich und seinen Eltern damit ein schönes Geschenk. Außerdem hat sich meine Mutter durch diese Erfahrung zum Positiven verändert. Sie ist jetzt viel herzlicher.

Wegen der Droge?
Auf jeden Fall. Vorher war meine Mutter nur Partys gewohnt, wo jeder betrunken ist und wo eine aggressive Grundstimmung herrscht. Beim Dance Valley haben sich die anderen Besucher jedoch nett mit ihr unterhalten und ihr Komplimente gemacht. Das war für sie eine ganz neue Welt.

Fleur, 21 Jahre, hat zusammen mit ihrem Vater 2C-B genommen

VICE: Was haben dir deine Eltern früher über Drogen erzählt?
Fleur: Meine Eltern sind mir gegenüber immer offen gewesen, aber zum Drogenkonsum haben sie mich natürlich auch nicht ermutigt. Sie hielten es wohl für ziemlich unwahrscheinlich, dass ich niemals irgendwelche Drogen probieren würde, und drückten mir deshalb ein paar Info-Broschüren in die Hand. Ab und an fiel auch der Satz "Wir waren ja auch mal jung". Eine weiße Weste haben sie also nicht.

War es denn geplant, als du das erste Mal zusammen mit deinen Eltern Drogen genommen hast?
Nein, das passierte eher spontan. Wir hatten davor nie wirklich darüber geredet.

Anzeige

Wie kam das denn zustande?
Vor drei Jahren sind mein Vater und ich in Amsterdam einen trinken gegangen. Schließlich waren wir so blau, dass wir den letzten Zug nach Hause verpassten und bei einem Freund übernachten mussten. 2C-B war damals noch relativ neu und besagter Freund erzählte uns davon. Anfangs scherzten wir noch rum, wie wir diese Droge mal ausprobieren sollten, und dann stellte sich heraus, dass er tatsächlich etwas zu Hause hatte. Und so führte eins zum anderen.

OK, ihr habt dann zusammen 2C-B genommen. Was passierte danach?
Na ja, eigentlich hat uns das im Grunde nur richtig viel Spaß gemacht. Wir redeten über Gott und die Welt. Irgendwann fingen wir jedoch auch an, Halluzinationen zu bekommen, und mussten dann erstmal rausfinden, was real war und was nicht. Alles fühlte sich so neu an.

Wie hat deine Mutter reagiert?
Ich glaube, dass sie es irgendwie witzig fand. Ich habe mit meinen Eltern ja auch schon gekifft.

Wie denkst du rückblickend über die ganze Sache?
Ich hab da zusammen mit meinem Vater etwas wirklich Außergewöhnliches erlebt. Und das finde ich gut. Wir können jetzt auf eine gemeinsame Erfahrung zurückblicken, die wir so schnell nicht vergessen werden.

*Namen geändert, um die Privatsphäre unserer Interviewpartner zu schützen


Alle Illustrationen: Fernando Leon