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Bei den Demonstrationen in Spielfeld kam es zu schweren Auseinandersetzungen

In Spielfeld kam es am Sonntag zu Ausschreitungen. Demonstranten beider Lager sollen mit Holzlatten aufeinander eingeschlagen haben, 80 Autos gingen zu Bruch.

Fotos von Tanja Boukal und Michael Bonvalot.

Eigentlich wollte die rechtsextreme Identitäre Bewegung am Sonntag im süd-steirischen Spielfeld die „Grenzen dicht" machen, wie es in ihrem Aufruf zum Aufmarsch hieß. Geworden ist daraus eine Menschenkette über einige Felder irgendwo im Grenzgebiet. Der rechte Aufmarsch wurde von Gegenprotesten begleitet und behindert, dabei kam es mehrmals zu heftigen Auseinandersetzungen.

Der „große, vereinte patriotischen Protest", zu dem die Identitäre Bewegung für Sonntag um 13:00 Uhr aufgerufen hatte, wurde dann doch nicht so groß und vereint wie offenbar erhofft. Die Identitären selbst geben völlig verschiedene Zahlen an. Während der deutsch-sprachige Twitter-Account der Gruppe von „ungefähr 901" Teilnehmern schreibt, sagt der englisch-sprachige Account „Generation Identity", dass „mehr als 500 Patrioten" anwesend gewesen seien.

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Bereits ab 11:00 Uhr versammelten sich mehrere hundert AntifaschistInnen in Spielfeld zum Protest gegen den rechten Aufmarsch. Die DemonstrantInnen kamen vor allem aus der Steiermark und Wien—allein aus der Hauptstadt waren vier Busse angereist. Ebenfalls präsent waren kleinere Gruppen aus anderen Bundesländern und auch 40 bis 50 AntifaschistInnen aus Slowenien waren vor Ort.

Aufgerufen zur Demonstration hatten die beiden Bündnisse „Offensive gegen Rechts" (OGR) sowie „Kein Spielfeld für Nazis". Demonstriert wurde unter dem Motto „Zäune und Rassismus lösen keine Probleme" und es wurden „sichere und legale Fluchtwege" gefordert.

Eine Sprecherin der Offensive gegen Rechts sagt: „Die Rechtsextremen setzen Flüchtlinge mit Terror gleich und wollen Europa von allen Menschen säubern, die nicht in ihr rassistisches Weltbild passen. Dagegen aufzutreten ist nicht nur legitim, sondern Pflicht."

Auch die Anschläge in Paris waren natürlich ein Thema. Eine Sprecherin der OGR und Tom Müller von „Kein Spielfeld für Nazis" zeigten sich beide entsetzt von den Attentaten. Müller sagt, dass „Fundamentalismus und Faschismus beide rechte Bewegungen" seien. „Sie stehen für den Tod, das haben wir im 20. Jahrhundert und nun in Paris gesehen. Wir stehen für das Leben."

Bereits kurz nach dem Start bog der Großteil der antifaschistischen Demo von der vorgesehenen Route ab. Mit drei „Fingern", also drei spontanen Demozügen, versuchten die GegendemonstrantInnen die Route der Rechtsextremen an verschiedenen Orten zu blockieren. Dabei ging es mitten durch die südsteirischen Weinberge, die Polizei wirkte von diesem antifaschistischen Wandertag weitgehend überfordert.

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Gegen Mittag kam es erstmals zu größeren Auseinandersetzungen. Rund 70 AntifaschistInnen hatten erfolgreich eine der zentralen Zufahrten zum Treffpunkt der Rechtsextremen, der Buschenschank Polz, blockiert. Einige dutzend Autos standen bereits vor der Buschenschank, viele andere Rechte waren aber noch unterwegs und konnten nicht zufahren. Die AntifaschistInnen öffneten zwar die Sperre für offensichtliche AnrainerInnen, doch für die Rechten blieb die Zufahrt dicht.

Knapp vor 13:00 Uhr griffen zahlenmäßig überlegene Rechte von beiden Seiten aus die Blockade an. Einige AntifaschistInnen wurden dabei verletzt und wurden danach von eigenen Demo-SanitäterInnen erstversorgt. Tom Müller, Pressesprecher von „Kein Spielfeld für Nazis", sprach danach von „antifaschistischer Gegenwehr" als die Identitären die Blockade angegriffen hätten.

Schließlich schritt die anwesende Polizei ein, drängte die AntifaschistInnen an den Straßenrand und bildete einen Kordon. Die Rechten konnten nun zu Fuß frei vorbeigehen. Gegen 13:50 Uhr wurde an gleicher Stelle nochmals blockiert, dabei wurden vor allem slowenische Rechtsextreme am Zutritt gehindert. Knapp vor der Buschenschank blockierten ebenfalls rund 30 AntifaschistInnen die Zufahrt. Die Rechten marschierten währenddessen im Block Richtung Grenze, bogen aber kurz davor ab und stellten sich zum Gruppenphoto auf einige Felder.

Reden auf Deutsch und Slowenisch wurden gehalten, aus den Lautsprechern ertönte unter anderem die 80er-Austropopperin Stefanie Werger, die sich bereits positiv zur rechten Pegida-Bewegung geäußert hatte.

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Kleinere antifaschistische Gruppen waren auch zu diesem Zeitpunkt noch in der Nähe des rechten Aufmarschs unterwegs, doch der Großteil zog nun nach Spielfeld, wo ab 15:30 Uhr eine antifaschistische Spontan-Demo durchgeführt wurde. Kurz danach kam es am Bahnhof Spielfeld nochmals zu einer größeren Auseinandersetzung, als einige Rechtsextreme auf einmal unmittelbar vor den abfahrbereiten AntifaschistInnen auftauchten.

Die Autonome Antifa Wien kritisiert danach auf Twitter, dass die Polizei die Rechten unmittelbar zum Bahnhof gelassen hätte. In einigen Medien wurde berichtet, dass bei den Auseinandersetzungen Holzstangen zum Einsatz gekommen wären.

In Folge wurden alle Busse der AntifaschistInnen von der Polizei an der Abfahrt gehindert und Identitätsfeststellungen verlangt. Als das verweigert wurde, konnten die ersten beiden Busse schließlich ohne ID-Feststellungen abfahren, doch rund 50 Personen waren in zwei Kesseln von der Polizei umringt. Auf meine Nachfrage begründete das Polizeisprecher Leo Josefus mit den Auseinandersetzung am Bahnhof kurz zuvor. Soweit ich feststellen konnte, konnten die Rechten den Ort der Konfrontation wieder verlassen.

Bei den ID-Feststellungen ging die Polizei teils ziemlich brutal vor. Ein Antifaschist wurde neben mir über den Boden gezogen, ein slowenischer Aktivist der Antifa Ljubljana beklagte nach der Feststellung seiner Personalien das Vorgehen der Polizei, die ihm die Hände verdreht und zwangsweise fotografiert hätte.

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Während die Rechten an der Grenze marschierten, gingen laut Polizeisprecher rund 80 Autos zu Bruch, die laut Josefus aufgrund des Ortes, wo sie parkten, mutmaßlich der rechten Szene zugeordnet werden konnten. Auch auf den Facebook-Seiten der Veranstalter von „Grenzen dicht" posteten zahlreiche Teilnehmer Bilder von PKW mit kaputten Scheiben, Rückspiegeln oder Reifen, die Einschätzung von Josefus dürfte also zutreffen.

Im österreichischen — fluxus (@fluxusx)15. November 2015

In Folge dessen haben sich die Grazer Grünen „auf das Schärfste" von der Demonstration distanziert. Lisa Rücker, Stadträtin der Grünen in Graz, sagt, dass die Grünen jede Art von Gewalt ablehnen würden. Auch der Abgeordnete Peter Pilz forderte auf Twitter: „Politisch ignorieren und den traurigen Rest der Staatsanwaltschaft überlassen." In den sozialen Netzwerken wurde daraufhin kritisiert, dass die Grünen in ihrer Stellungnahme kein Wort zum rechtsextremen Aufmarsch verloren hätten.

Gegen 21:00 Uhr fuhren die letzten antifaschistischen Busse vom Bahnhof Spielfeld ab, nachdem der letzte Polizei-Kessel aufgelöst wurde.

Folgt Michael auf Facebook und Twitter @michaelbonvalot.