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Drogen

Wir haben die Lösung für die Griechenland-Krise: Gras legalisieren

Wir haben 7 gute Gründe, warum das das Beste ist, was die Regierung Tsipras jetzt machen kann.
Titelfoto via Photopin

rage via photopin(license)

Griechenland muss heute 300 Millionen Euro zurückzahlen. Insgesamt stehen allein im Juni knapp 1,6 Milliarden Euro aus, die das Land seinen Gläubigern zurückerstatten soll. Niemand weiß genau, was passieren würde, wenn das Land das nicht leisten könnte. Die Ideen der Bild-Zeitung, die Griechen einfach aus dem Euro zu schmeißen oder mit monetären Zwangsmaßnahmen aus angeblich faulen Griechen fleißige EU-Bürger zu machen, freuen Rassisten und die AfD, lassen aber seriösen Ökonomen die Haare zu Berge stehen. Genau wie alle anderen Stammtischlösungen, die in Politik und Medien bereits ausführlich diskutiert wurden. Wie es mit Griechenland in der EU weitergehen soll, weiß niemand, dafür graut es den meisten vor einer Männerfreundschaft Tsipras-Putin, wie sie Schröder mit seinem lupenreinen Demokraten aus Moskau einst pflegte.

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Den Stammtischen und der Politik der Republik fehlt sowohl eine zündende Idee als auch die notwendige Großzügigkeit, den Griechen eine Lösung anzubieten, bei der sie nicht auf Strom und notwendige Medikamente verzichten oder hungern sollen. Deshalb hat Hellas so links wie nie zuvor gewählt. Nach der Finanzkrise, an der unsere hiesigen Banken ja eigentlich nicht schlecht verdient haben, durchleiden die Nordlichter der EU gerade die „Tsipras ist ein unberechenbares Arschloch"-Krise. Als Folge werden Vorschläge der griechischen Regierung von der EU genauso regelmäßig abgelehnt wie anders herum. Ganz kurz vor knapp einigt man sich dann hinter den Kulissen doch irgendwie, wirklich nachvollziehbar ist das für die Bürger kaum noch. Danach sieht es auch in der aktuellen Verhandlungsrunde wieder aus.

Alexis Tsipras via photopin(license)

Es gäbe allerdings eine ziemlich einfache Methode für die Griechen, schnell an viel Geld zu kommen—bis jetzt ist nur keiner darauf gekommen. Wieso legalisieren die Griechen nicht einfach Cannabis? Zuerst einmal für medizinische Zwecke. Und dann, wenn alles gut läuft, könnte man es doch den sechs Bundesstaaten der USA gleich tun, in denen Gras jetzt schon legal ist. Growit statt Grexit. Weed statt Putin. Das sind die sieben Gründe, warum Griechenland das Gras legalisieren sollte:

  • Die regierende Syriza hatte vor der Wahl auch kein Problem mit legalem Gras. Vertreter der Partei haben unter anderem diesen Aufruf unterzeichnet und waren mit Rednern auf verschiedensten „Legalize"-Veranstaltungen vertreten. Selbst Ministerpräsident Tsipras hat sich schon auf dem „Anti-Prohibitionsfestival" blicken lassen, bevor er in Amt und Würden war.

  • Sie werden richtig viel Geld einnehmen. Colorado hat mit seinen 5,5 Millionen Einwohnern aus Cannabis-Verkäufen im ersten Jahr geschätzte 58 Millionen Dollar direkte Steuern eingenommen und 700 Millionen umgesetzt, obwohl es dort längst noch nicht im ganzen Staat Coffeeshops gibt. Griechenland hat knapp 11 Millionen Einwohner.

  • Die Produktion von Cannabis wäre aufgrund des warmen Klimas sehr kostengünstig. In nördlichen Breitengraden wie in Colorado oder Washington braucht der Anbau von Gras extrem viel Strom.

  • Tsipras könnte sich nicht mehr bei Putin blicken lassen.

  • Die Niederlande als einziger Produzent von medizinischem Cannabis schaffen es jetzt schon nicht mehr, die registrierten Patienten anderer EU-Länder wie Deutschland, Finnland oder Tschechien mitzuversorgen.

  • Kreta verfügt in den Bergen sowieso schon über eine kleine, aber feine Infrastruktur zum Grasanbau.

  • Schäuble würde den griechischen Ministerpräsidenten weiß glühend zum Duell fordern, um die „irre Idee des radikalen Griechen" sofort und ein für alle Mal aus der Welt zu schaffen.

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Wie realistisch ist das?

Bislang war und ist Griechenland eines der Länder mit der strengsten Drogengesetzgebung in der EU. Für den Besitz, die Verarbeitung oder den Anbau von Cannabis oder jeder anderen Droge in persönlichen Gebrauchsmengen sind bis zu fünf Monate Gefängnis vorgesehen, die in ein Rehabilitations- oder Therapieprogramm umgewandelt werden können. Bis 2013 hatte das Gesetz noch Strafen von bis zu fünf Jahren für Kleindealer und Eigenbedarfsgärtner vorgesehen.

Doch gerade in Athen ändert sich die Einstellung zu Cannabis. War der jährliche GMM (Global Marijuna March) seit 2005 eine Randveranstaltung, finden sich seit drei Jahren jedes Jahr 20.000 - 30.000 Teilnehmende ein, darunter auch die Jugendorganisation der Syriza, die Neolaia. In diesem Jahr wurde Ministerpräsident Tsipras, anders als die Jahre zuvor, dort jedoch nicht gesichtet. Ich habe den ENCOD-Aktivisten Michalis Theodoropoulos gefragt, ob ein links regiertes Griechenland Gras wirklich legalisieren könnte:

VICE: Hallo Michalis. Der Syriza-Nachwuchs „Neolaia" hat den GMM 2015 wieder unterstützt. Wie sieht es mit der Mutterpartei aus?
Michalis Theodoropoulos: Syriza hat als Gesamtpartei noch keine klare Position zu Cannabis. Als Partei ist Syriza noch relativ neu. Sie ist ein Bündnis aus Neo-Kommunisten, radikalen und gemäßigten Links-Parteien. Der größte „Flügel" innerhalb Syriza besteht aus ehemaligen Synaspismos-Mitgliedern, so wie Tsipras und Papadimoulis. Die unterstützen die Legalisierung und haben auch unsere Petition unterzeichnet. Genau wie der grüne Umweltminister Tsironis. Das Problem sind die kleineren Parteien innerhalb des Bündnisses. Sie sind gegen eine Regulierung und folgen den Hardrcore-Kommunisten (Anm.: Die sind grundsätzlich gegen alle Drogen). Auch Syrizas Koalitionspartner, die Rechtsaußen-Rassisten von ANEL, sind diesbezüglich ein Problem.

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Tsipras ist gar nicht gekommen, obwohl er die Jahre zuvor immer da war und auch dieses Jahr eingeladen wurde?
Genau. Aber die Parteijugend und das Menschenrechtskomitee von Syriza haben, so wie immer seit 2010, unsere Veranstaltung offiziell unterstützt. Wir haben das Festival 2015 von „Anti-Prohibitionsfest" in „Cannabis Protestival" umbenannt. Schnell haben konservative Medien behauptet, Syriza unterstütze eine Cannabis-Veranstaltung. Aber die Partei hat sowieso kein gemeinsames Konzept. Justizminister Paraskevopoulos hat neulich auf eine Anfrage geantwortet, die jetzige Gesetzeslage sei zufriedenstellend. Er selbst hatte 2011 noch vorgeschlagen, Cannabis zu entkriminalisieren.

Gibt es denn eine parteiinterne Diskussion?
Nein, die schweigen sich aus. Die wollen auch so ein heißes Eisen während der Verhandlungen mit der EU gar nicht anfassen.

Colorado hat 5,5 Millionen Einwohner und vergangenes Jahr 700 Millionen Gras-Steuern eingenommen. Was ginge da bei euch so?
Wenn wir die Zahlen aus Colorado hochrechnen, reden wir über einen Markt mit 1 bis 1,5 Milliarden Euro Umsatz, auf den Steuern anfallen. Zusammen mit den Möglichkeiten, die eine Nutzhanf-Industrie brächte, reden wir von 2 bis 2,5 Milliarden und 40.000 Jobs.

Hat sich seit dem Regierungswechsel an den sehr repressiven Drogengesetzen irgendetwas geändert?
Nein, gar nichts.

Ist Kiffen in Griechenland überhaupt ein Thema?
10 Prozent der Erwachsenen kiffen. Es gibt ungefähr eine Million Konsumenten und die ganze Gesellschaft ändert sich gerade. Aber in der öffentlichen Wahrnehmung wird Cannabis immer noch wie Heroin wahrgenommen, während Alkohol als sichere Droge gilt.

Wie realistisch bewertest du die Chance, dass die aktuelle Regierung die Gesetzgebung in Sachen Gras ändert?
Falls sie es schaffen, auch nach dem neuen Abkommen mit der EU an der Macht zu bleiben, halte ich das für durchaus realistisch. Wir haben vor, in der zweiten Hälfte der Regierungsperiode viel Druck auszuüben.

Stell dir vor, die Regierung kündigt eine Kehrtwende an. Legalisiert ihr in kleinen Schritten oder in einem Rutsch?
Wer weiß, wahrscheinlich über Nacht. Wir haben Syriza vorgeschlagen, sie bei der Formulierung des Gesetzes aufgrund unserer Erfahrung und anhand von Beispielen anderer Länder zu beraten.