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Wie du in der Schweiz den Semesterbeginn überstehst

Der Start ins neue Semester fühlt sich etwa so an wie der Eintritt in die Menopause, wenn der Kinderwunsch noch vor einem liegt.
Foto von Pixabay

Semesterferien sind eine Art Paralleluniversum, in dem der Student sich ausnahmsweise als frei, gelassen und glücklich wahrnimmt. Während dieser Auszeit verstehst du plötzlich, warum das Studieren eigentlich gar nicht so beschissen ist und dass Prüfungen eigentlich ein ziemlich erträglicher Deal für fünf Monate Ferien sind.

Aber alles hat ja bekanntlich ein Ende—auch Semesterferien. Der Start ins neue Semester fühlt sich etwa so an wie der Eintritt in die Menopause, wenn der Kinderwunsch noch vor einem liegt (Kinder stehen in diesem Fall für viel Spass).

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Foto von Quinn Dombrowski | Flickr | CC BY-SA 2.0

Aber eigentlich ist alles nur halb so schlimm. Bevor es richtig losgeht, hast du zuerst einmal eine ganze Woche voller Einführungsvorlesungen. Die erlebst du normalerweise komplett gelangweilt oder wenn du sie gleich sausen lässt eben gar nicht—und schon sind die Ferien noch eine Woche länger. Spätestens ab der zweiten Woche der Uni tritt der Ernst des Lebens aber wieder an dich heran.

Ab dann solltest du dir eine funktionierende Strategie zurechtlegen, um nicht den Verstand zu verlieren. Der muss sich sowieso von deinen vielen Exzessen erholen. Damit du dein Hirn nicht auch noch damit strapazieren musst, haben wir dir einen Masterplan zurechtgelegt, mit dem das Semester so schnell wieder endet, wie es angefangen hat.

Geh nicht in alle Vorlesungen. Wirklich nicht.

Als ob du das überhaupt tun würdest. Nicht gehen und sich danach ein schlechtes Gewissen machen ist aber fast noch schlimmer, als einfach hinzugehen. Am besten gehst du in jede Vorlesung genau einmal und zwar frühestens in der zweiten Woche. So findest du heraus, welche davon du wirklich besuchen solltest, weil du mitten im Semester irgendwelche Arbeiten abgeben musst und welche du einfach bis zu den Prüfungen skippen kannst. Skippen kannst du viele, mindestens 50 Prozent. So wird dein Wochenpensum plötzlich von acht auf vier Vorlesungen sinken und du hast das Gefühl, eigentlich gar nicht so heftig am Arsch zu sein.

Irgendwann rasen die Prüfungen trotzdem auf dich zu. Dann solltest du dir eine Woche Zeit nehmen, um dir die verpassten Vorlesungen zuhause an deinem Schreibtisch einzuimpfen. Versuch schon an diesem Zeitpunkt Zusammenfassungen aufzutreiben. Anschliessend nimmst du dir noch eine weitere Woche Zeit für die restlichen Fächer und du bist fast schon ein kleiner Streber. Wenn du wirklich starke Nerven hast, gehst du unter dem Semester gar nicht an die Uni und stopfst dir den Stoff eine Woche vor den Prüfungen in Kombination mit viel chemischer Hilfe in deinen Dachstock—for professionals only.

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Such dir Freunde in jeder Vorlesung

Foto von Alejandro Sousa | Wikimedia | CC BY-SA 3.0

Geteiltes Leid ist halbes Leid—und wenn du es sogar durch fünf teilen kannst: umso besser. Wenn du in deinem Studium schon ein paar Leute kennengelernt hast, dann solltest du eine Art Handelsbeziehung mit diesen Leuten eingehen. Du hast keinen Bock auf die Vorlesung am Dienstagmorgen um acht?

Geh das nächste Mal (oder das übernächste) und versuch vor der Prüfung irgendwie an die Notizen ranzukommen. Im Gegenzug kannst du auch alle, die dir während dem Semester geholfen haben, zu dir zum lernen einladen. Das funktioniert aber nur, wenn du nicht in einer kompletten Bruchbude lebst.

Lobbyismus zahlt sich nicht nur in der Politik, sondern auch an der Universität aus. Studentenverbindungen sind in der Schweiz zwar nicht wirklich ein Thema, das Prinzip der gemeinsamen Interessenvertretung, um die eigenen Noten zu beeinflussen, funktioniert aber trotzdem brillant.

Auch Leute, die es aus irgendeinem Grund geschafft haben, dir zwei Semester voraus zu sein, sind eine grosse Hilfe.

Sei nicht streng mit dir selbst

Foto von Shawn Tron | Flickr | CC BY-SA 2.0

Realismus ist das A und O eines Studenten. Das gilt vor allem in Bezug auf deine Vorsätze. Wenn du dir vom einen auf den anderen Tag das Feierabendbier oder sogar den Gute-Nacht-Joint verbietest, wird dein Leben eine sehr triste und substanzlose Richtung einnehmen. Du wirst irgendwann anfangen an dem zu zweifeln, was du machst und dein Studium vernachlässigen (sogar noch mehr, als wenn du einfach tust, worauf du Lust hast).

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Es gibt nichts daran auszusetzen, während dem Studium das Leben zu geniessen. Warum gilt es eigentlich als normal, sich wegen ein paar Vorlesungen pro Woche in einem puritanischen Lebensstil zu üben? Du willst keinen Marathon laufen, sondern nur ein paar verkackte Prüfungen bestehen.

Ausgeglichenheit ist ein schwer anzustrebendes Ideal. Du kannst sie aber eher erreichen, wenn Semesterferien und Semester nicht so weit auseinander liegen wie Nord- und Südpol. Du bist in der Freizeit ein aktiver Mensch, der gern feiert? Sei es auch während deiner Zeit an der Universität, einfach ein bisschen moderater.

Achte auf deine Ernährung

Foto von 1purplepixie | deviantart | CC BY 3.0

Kaffee und Zigaretten werden während dem Semester deine treusten Begleiter sein. Wenn du dich tatsächlich um 6:30 Uhr aus dem Bett reissen kannst, weil du mit der frühmorgendlichen Vorlesung an der Reihe bist (siehe Freunde), wirst du kaum Appetit auf das Rührei und das Müsli haben, das du dir in der goldenen Zeit der Semesterferien jeden Morgen reingeschaufelt hast. Stattdessen wirst du dir am Kiosk einen schlechten Kaffee und eine Packung Zigis kaufen, um ein gemütliches Frühstück zu simulieren.

An der Uni ist das Essen ausserdem dermassen ungeniessbar, dass du lieber ein bisschen mehr rauchst, als diese „Nährstoffe" in deinen übermüdeten Organismus zu spülen. Mittagessen zuhause vorbereiten ist ein weiterer jener Vorsätze, die du spätestens am zweiten Tag des Semesters über Bord geworfen hast.

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Geil essen kannst du, wenn du abends noch die Energie und Lust findest, dir selber was zu kochen. Und wenn dein Portmonee die Odyssee der langen Nächte und Städtetrips der Semesterferien einigermassen prall überstanden hat, kannst du dir auch einfach Thai nachhause bestellen.

Fass ja keine Vorsätze

Die wirst du sowieso nicht einhalten. Wenn du bereits in der ersten Woche einen Grossteil der Seminare verpasst hast, wirst du dir einmal mehr über deine Faulheit bewusst und bist frustriert. Ist nur halb so schlimm. Du bist bestimmt nicht der einzige, der sich mit den eigenen Vorsätzen den Weg in ein menschenwürdiges Studium verbaut. Das Rezept für Erfolg im Studium lautet nicht „Sei das Gegenteil von dir selbst", sondern „Absolviere dein Studium, obwohl du du selbst bist". Alles andere ist Utopie.

Du wirst dich in den Jahren bis zu deinem Abschluss nur minim ändern. Das einzige, was sich im Optimalfall verbessert, ist dein Wissensstand. Deine Persönlichkeit bleibt von den vielen Anforderungen jedoch unangetastet und das ist auch gut so. Oder würdest du einen Menschen, der vom Typ her hundertprozentig dem Profil eines Bilderbuchstudenten entspricht, an deine nächste Party einladen? Sogar der Philosoph David Hume würde es nicht tun.

Nora auf Twitter: @nora_nova_

Vice Switzerland auf Twitter: @ViceSwitzerland


Titelbild von Nikolayhg | Pixabay | CC0 1.0