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The Uganda Love This Issue

Reviews: Das Beste, das Schlimmste und alles dazwischen

Braille, Drake, Big Sean und UFOmammut. Wir haben zu allem eine Meinung.

BESTES ALBUM DES MONATS

BRAILLE
Mute Swan
Friend of Friends

Die Zehn vergeben wir hier grundsätzlich nicht. Die Zehn halten wir uns offen, falls mal ein Messias vom Himmel steigt und mit seiner Musik etwas mit uns macht, das wir so einfach noch nie erlebt haben, etwas vollkommen Neues, Unwirkliches, das uns total umhaut, so wie sich die Menschen damals gefühlt haben müssen, als sie das erste Mal Beethoven gehört haben oder Mozart oder Bach. Und selbst dann würden wir die Zehn nicht vergeben, weil wenn der Messias vom Himmel steigt, wir die göttliche Größe vermutlich gar nicht erkennen könnten. Dieser Braille hier bekommt daher solide neun Punkte.
SÜKE AYTHOFF

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SCHLIMMSTES ALBUM DES MONATS

CLARENCE CLARITY
No Now
Pias Coop/Bella Union (rough trade)

Clarence Clarity ist ein unangenehmer Indie-Funk-Typ, der versucht dieses „Ich zeige, wie merkwürdig und zerstörerisch die Dinge eigentlich sind"-Ding durchzieht und versucht einen Knüppel zwischen die Speichen der langweiligen Popkultur zu werfen. Und es funktioniert. Der gerade zu Apple gewechselte, ehemalige BBC-DJ-Gott Zane Lowe hat ihn bereits (mutig im Unklaren bleibend) „zum Teil der Zukunft" erklärt. „Er setzt auf jedem Level neue Grenzen, klanglich und textlich." Scheiße! Was er vergessen hat zu erwähnen, ist, dass dieses Album zu den zehn nervigsten und anstrengendsten Alben des Jahrhunderts gehört.
JENNIFER JUPITER

BESTES COVER DES MONATS ATA KAK
Obaa Sima

Das hier ist wunderbar. Ata Kak ist der ghanaische Sugar Man, außer viel besser, als ihn das klingen lässt. Er hat diese Mischung aus Highlife, Beatboxing, Hip-House, Electro-Funk und Minimal-Afropop 1994 aufgenommen, aber das Tape (von dem es nur 50 Kopien gab) war spurlos verschwunden. Als Brian Shimkovitz das Awesome Tapes from Africa-Blog 2006 startete, war das hier das erste, das er mit der Welt teilte und so fing an kleiner Internet-Hype an, was Ata Kak zu einer Insiderlegende machte. Aber jeder Hype, der um dieses hektische, zufällig entdeckte und irgendwie merkwürdige Stück Pop-Brillanz gemacht wird, ist vollkommen verdient.
SPATULA FLANGE SKYWALKER

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SCHLIMMSTES COVER DES MONATS PHILIPP GRIESSLER
Vertraut und Fremd

Liebe Leute, dieses Cover sieht richtig trashig aus. Philipp schaut verloren in die Ferne, während ein Mädchen im Hintergrund auf einem Kamin sitzt und nach unten schaut. Prompt stellt sich die Frage, ob es sein One-Night-Stand ist oder einfach seine Tochter. Wer als Gulity Pleasure Austropop hat, wird aber gerne angesoffen das Album mitsingen. Die Texte sind nicht schwer, die Melodie geht ins Ohr und man bekommt schreckliche Lust auf Obstler. Sehr viel Obstler. Egal ob man das Album alleine oder mit Freunden hört. Aber das macht gar nix, weil man das Gefühl hat, dass Philipp eh auch mittrinkt, egal ob man alleine ist oder nicht.
VERTRAUT UND FREMD

CHRISTOPH EL'TRUENTO
A Series of Oopsie Daisies and Various Other Flora
Nut and Riot Records

Wenn man mit Fieber im Bett liegt und sein fünftes Zitronen-Heißgetränk mit lächerlich viel Paracetamol zu sich nimmt, dann fängt man an, mit diesem Album zu verschmel- zen. Da es davor nur eine Qual ist, sich die abgespaceten Beats zu geben, würde ich das Album nur empfehlen, wenn man regelmäßig harten Drogen frönt oder eben Fieber hat. Dann klingt el'Truento wie ein holder Prinz in den Weiten des Landes, der dich aus den Krallen von Acid (oder eben Fieber) erlösen kommt. Man kann noch weitere Allegorien suchen, um den Sound von den Typen zu beschrei- ben, dessen Nachname wie ein Truthahn auf Spanisch klingt, aber es wäre unnütz, da ihr sowieso fünf Heißgetränke brauchen würdet, um das zu hören und zu sehen, was ich jetzt höre und sehe. Cheers.
SUNSHINE

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DRAKE
If You'Re Reading This It's Too Late
Cash Money Records

Die 6 scheint in Drakes zum Heulen schönen Leben eine besondere Rolle zu spielen, „6 God", „You and the 6", „6 Man", „6pm In New York …" Drake bereitet die Welt mit seinem Mixtape, das nur halb ein Mixtape ist, weil es für den Preis eines regulären Albums bei iTunes verfügbar ist, auf sein ebenfalls noch 2015 erwartetes Album Views from the 6 vor. Six, six, six, six, six. Was bedeutet das jetzt für If You're Reading this…? Es bedeutet, dass ich dem Ding super gern 6 Punkte geben würde. Leider ist es dafür zu gut. 6 Damn.
BLUE-EYED KRIS

AUDIO88 & YASSIN
Normaler Samt
Heart Working Class

Eigentlich wollte ich eine Rezension zu dem neuen Audio88-&-Yassin-Album schreiben, aber dann hatte ich was Besseres zu tun. Ich könnte jetzt natürlich den Witz mit der Aufmerksamkeitsspanne machen, den meine Generation, selbstironisch wie sie ist, so gern macht, aber damit wäre diese Rezension irgendwie doch zu normal. Stattdessen sage ich eben: Ich hatte nach dem ersten Song was Besseres zu tun! Stimmt natürlich nicht. Ich fühle mich lediglich im Stich gelassen, weil die Rapper die letzten vier Jahre Besseres zu tun hatten, als ein neues Album zu releasen und wie das in einer funktionierenden Beziehung eben so ist, fühle ich mich nun vernachlässigt und schmolle ein paar Tage. Normaler Move, Bruder. Allerdings habe ich eine Deadline für diese Rezension, die leider mit meiner Schmollphase kollidiert, weswegen die Bewertung jetzt etwas schlechter ausfällt, als sie müsste. Aber da sind sie ja selber dran schuld.
DR. FRÜHLING

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LEYYA
Spanish Disco
Las Vegas Records

In Barcelona war ich in mehreren spani- schen Discos und deshalb weiß ich, dass eine spanische Disco andere Musik spielt, als Leyya es mir suggerieren will. Aber außer, dass der Albumname eine Themenverfehlung ist, nimmt das Album einen auf eine seltsame, leichte Welle von sanften Stimmen mit. Das ist die Musik, die du nach vier Tagen durchfeiern bei deiner letzten Afterhour hören willst. Weil sie wie eine Mutter klingt, die dich in den Schlaf singt und gar nicht böse ist, dass du die letz- ten vier Tage Sachen gemacht hast, die sie dir definitiv so nicht beigebracht hat. Leyya wird bestimmt mal eine gute Mama sein.
HOOLIGAN

JLIN
Dark Energy
Planet Mu (Cargo Records)

So spannend und abgefahren die meisten Sachen aus der Footwork-Szene sind, muss man einfach sagen: Es klingt oft so, als ob ein Hund in einem Crackhaus auf einen schlecht verkabelten Sampler pisst. Im Gegensatz dazu klingt das luxuriöse Debüt von JLIN wie eine entspannte Limousinenfahrt auf Kodein und Valium durch die gruseligen Teile von Blade Runner.
YOU'RE THE ONE FOR ME, ROY BATTY

FÖLLAKZOID
III
Sacred Bones (Cargo Records)

Ich wage jetzt einfach so mal zu behaupten, dass Chile kein wirklich großes Raumfahrtprogramm hat. Aber immerhin hat man dort offensichtlich Zugang zu einer Menge pharmazeutischer Mittel, die dich in die Lage versetzen, zehnminütige minimalistische Space-Rock-Hymnen zu produzieren. Angeblich kann man AtomTM auf diesem Album hören, wie er einen der originalen Kraftwerk-Synthesizer spielt. Ich kann kaum erwarten, meinen Freunden auf der nächsten Party dieses Schmankerl zu erzählen, während sie verzweifelt versuchen, das Thema zu wechseln.
WAKA FLOCKA SEAGULLS

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UFOMAMMUT
Ecate
Neurot (Cargo Records)

Das Problem mit dem Weltraum ist, dass es je weiter du raus fliegst, immer langweiliger, leerer, deprimierender und nichtssagender wird, was UFOmammut in ihrem letzten Song „Oro" 2012 bewiesen haben, einem 90-Minuten-Track, der auf zwei separaten Alben erschien. Immerhin haben sich die drei haarigen Italiener diesmal zusammengerissen (relativ gesprochen) und ein Album mit zehn-minütigen Doom-Grabgesängen produziert, das so klingt, als würde man das kolossale Ego von Christopher Nolan langsam aus seinem Anus ziehen und in ein rotierendes schwarzes Loch voller Tristesse, Ödniss und Langeweile schleudern.
JAY DEE

CHILLY GONZALES
Chambers
Gentle Threat (Indigo)

Ein Chilly-Gonzalez-Konzert ist ein ziemlich intensives Erlebnis. In etwa so, als würde man Erik Satie und Rowlf, dem Hund aus den Muppets, dabei zusehen, wie sie um die Kontrolle der Seele eines großen haarigen Mannes streiten, der an einem Klavier sitzt, obwohl er so aussieht, als käme er gerade aus der Dusche. Chambers ist praktisch der dritte Teil aus seiner Solo-Piano-Reihe, obwohl er hier, wie auch schon der Name andeutet, eher Kammermusik benutzt. Das bedeutet aber auch: weniger schwitzigen Rap darüber, wie es ist, drei Hoden zu haben. Nächstes mal wieder.
HUEY MATESON

FAIRHORNS
Fuckup Rush
Kinda Rad!

Während mittlerweile auch der letzte Trottel Synths nutzt, um John-Carpenter-Soundtracks zu kopieren, läuft Matt Loveridge, brabbelnd und mit seiner Unterhose auf dem Kopf, in die entgegengesetzte Richtung. Dieses großartige Synth-Punk-Album erinnert an Suicide, die Units und uralten englischen Folk und ist eigentlich eher der Soundtrack zu einem ultra­brutalen Schwulenporno, über die bizarre Sub/Dom-Beziehung von Judge Dredd und Walter the Wobot.
BRIZZLE KICKS

PILE
You're Better Than This
Fierce Panda (Cargo Records)

Manchmal gehe ich zu einem Konzert und frage mich, warum ein 50 Kilo schwerer androgyner Veganer mit schneeweißen Zähnen und einem Ledergürtel auf der Bühne stehen und über seine Unsicherheiten jammern darf. Ich hätte nichts gegen einen autoritären Rock-'n'-Roll-Putsch, wenn die Leute von Pile die Bolschewiken wären. Rich Maguire klingt, als hätte er rohes Wild gegessen und mit zweieinhalb Litern Wild Turkey runtergespült—und er könnte dir noch ein Gute-Nacht-Lied trällern.
ARLIE CHAMBLER