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Heulsuse der Woche

Ein Familienvater rastet wegen eines verpassten Zugs aus und Kassel beschwert sich über die Documenta-Eröffnung in Athen.

Und wieder ist es an der Zeit, sich über ein paar Menschen zu wundern, die mit der Welt nicht fertig werden.

Heulsuse #1: Ein wütender Familienvater

Der Vorfall: Auf einer Zugfahrt möchte ein Mann während eines kurzen Stops im Ingolstädter Bahnhof einkaufen, woraufhin der Zug mit seiner Familie ohne ihn weiterfährt.

Die angemessene Reaktion: Man wartet auf den nächsten Zug und fährt seiner Familie hinterher.

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Die tatsächliche Reaktion: Der Mann rastet völlig aus, attackiert eine Mitarbeiterin der Deutschen Bahn und randaliert in der Bahnhofshalle.

Während eines sechsminütigen Zugaufenthaltes im Ingolstädter Hauptbahnhof hielt es ein 32-jähriger Familienvater für eine gute Idee, eine Zeitschrift zu kaufen. Als er von seiner kleinen Einkaufstour zurückkam, fuhr ihm der Zug, in dem seine Familie saß, direkt vor der Nase weg. Wutentbrannt begab sich der Hitzkopf an den Informationsstand. Als man ihm dort sagte, dass man ihm nicht helfen könne, flippte er völlig aus und schleudert einen Infoständer nach einer Angestellten der Deutschen Bahn.

Der verfehlte sie nur knapp, damit schien es für den wütenden Mann aber noch nicht getan. Als er anfing, in der Bahnhofshalle zu randalieren, wurde schließlich die Polizei alarmiert. Der 32-Jährige wurde in Gewahrsam genommen, ihm droht nun eine Anzeige wegen versuchter gefährlicher Körperverletzung und Sachbeschädigung—hätte er doch lieber auf den nächsten Zug gewartet.

Heulsuse #2: Documenta-Verteidiger der Stadt Kassel

Foto: N-Lange.de | Wikimedia | CC BY-SA 3.0

Der Vorfall: Die nächste Kasseler Documenta soll teilweise in Athen stattfinden, um Griechenland nicht immer nur als Pleitestaat in der Öffentlichkeit zeigen.

Die angemessene Reaktion: Sich freuen, dass man anderen helfen kann und zur besseren Völkerverständigung beiträgt.

Die tatsächliche Reaktion: Absolute Empörung, Flüche gegen die Kuratoren und Angst vor Identitätsverlust.

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Die nächste Kasseler Documenta soll 2017 in Athen eröffnet werden. Ihr künstlerischer Leiter, Adam Szymczyk, versichert aber, dass Kassel der Hauptausstellungsort ist und auch weiterhin bleiben wird. Es geht darum, „von Athen zu lernen", so der Arbeitstitel der Ausstellung, mit der auch „die greifbaren Spannungen zwischen dem Norden und dem Süden" aufgezeigt werden sollen. Neben größerer Publicity für die Veranstaltung könnte das also auch bedeuten, dass das Verhältnis zwischen Deutschland und Griechenland deutlich entspannt werden könnte.

Neben positiven Stimmen hagelt es in Kassel allerdings auch Empörung: „Ich bin entsetzt und erschüttert, wie mit dem Erbe von Documenta-Gründer Arnold Bode umgegangen wird", wettert Gerhard Jochinger, Vorsitzender der City-Kaufleute, der in der Documenta weniger eine künstlerische ,Weltaustellung' als viel mehr ein Geschäft sieht. Dr. Norbert Wett, Vorsitzender der Kasseler CDU-Fraktion, legt noch einen drauf. Er spricht von „Instinktlosigkeit" und verkündet: „Wir lassen uns unsere Documenta doch nicht nach Athen wegnehmen!"

Für ihn sei nun der Oberbürgermeister Bertram Hilgen gefragt, der ein Machtwort sprechen müsse. Das tut er auch—zugunsten von Adam Szymczyk: „Athen ist der Kulminationspunkt jahrtausendealter europäischer Kultur und aktueller, globaler Herausforderungen für Politik und Gesellschaft. Ausstellungsorte außerhalb Kassels gehörten seit der d 11 zum Konzept der jeweiligen künstlerischen Leitung." Und gehört zu einer ,Welt'-Ausstellung nicht auch die Idee, tatsächlich die Werke mit der Welt zu teilen, anstatt die Welt nur zu sich schleifen zu lassen?

Wer ist die größere Heulsuse?

Letztes Mal: Ein 14-jähriger Schüler stranguliert seinen Lehrer und ein Rentner greift Polizisten mit seiner Motorsäge an.

Der Gewinner: Der 14-jährige Schüler!