FYI.

This story is over 5 years old.

News

Forscher haben herausgefunden, dass deutsche Mohnweckerl doch high machen

Bäckereien nutzen offenbar Mohn, der bei der Herstellung von Medikamenten abfällt und gar nicht zum Verzehr geeignet ist.

Mohngebäck | Foto: imago | Westend61

Es ist einer dieser Lebensmittel-Mythen: Mohnweckerl können high machen, wenn man genügend davon isst. Schwangere sorgen sich, durch den Verzehr ihrem Baby zu schaden, andere befürchten, beim Drogentest durchzufallen. Auf Google Deutschland (in Österreich interessiert man sich eher für das Flechten von Mohnfesserln) sind das immerhin die dritt- und vierthäufigsten Suchen zu Mohnweckerln:

Schwachsinn sei das alles, lauten die Antworten.

Anzeige

Nun haben sich Forscher des Chemischen Untersuchungsamts in Karlsruhe der Sache angenommen. Sie entdeckten die Opiate Morphin, Thebain und Codein in den Weckerln.

Opiate wirken stark euphorisierend, lindern Angst und Schmerzen. "Nach einem blitzartigem Hochgefühl folgt eine wohlige Ruhephase mit innerem Frieden. Negative Nachschwankung und Depression sowie Unruhe können auch auftreten", sagt die Seite drug-infopool.de. Die Gefahr, abhängig zu werden, ist sehr hoch.

Übersicht der festgestellten Opiat-Gehalte | Foto: Chemisches und Veterinäruntersuchungsamt Karlsruhe

In vier Fällen, die in der Tabelle oben gelb gekennzeichnet sind, fanden die Analytiker eine ungewöhnlich hohe Konzentrationen von Morphin:

"Der Maximalbefund lag bei 6.250 Mikrogramm Morphin pro Kilogramm Gesamtprobe. Das ist sehr viel. Wenn man als Kind, wenn man ungefähr 15 Kilogramm wiegt, ein solches Mohnbrötchen isst, dann schöpft man die sogenannte akute Referenzdosis bereits zu 200 Prozent aus."

Als Erwachsener bleibe man aufgrund des höheren Körpergewichts aber in der Regel unter dem Grenzwert. Dennoch beurteilten die Forscher die Weckerl als "nicht zum Verzehr geeignet". Bei sensibleren Verbrauchern könne tatsächlich eine Wirkung auftreten.

In zwölf Mohnbackwaren entdeckten die Forscher außerdem einen hohen Thebain-Gehalt. Die Substanz könne zu Krämpfen führen und womöglich werde Thebain ähnlich wie Codein im Körper zu Morphin umgewandelt.

Bei einigen Backwaren konnten die Analytiker ermitteln, dass der Mohn auf den Brötchen aus Australien war. Australien ist der größte Lieferant von Mohn für die Herstellung medizinischer Opiate. "Als Abfallprodukt fällt dann quasi dieser Mohnsamen an, der dann auch weltweit vertrieben wird und scheinbar besonders billig ist, dass sich das lohnt, den auch hierher zu importieren", sagte der an den Tests beteiligte Lebensmittelchemiker Dirk Lachenmeier dem Deutschlandfunk. Und dieser Mohn zeichne sich eben durch sehr hohen Opiatgehalte aus. Deutsche Bäckereien nutzen also Mohn, der gar nicht zum Backen gedacht ist—offenbar, weil er so günstig ist.

Die Forscher haben die Untersuchungsdaten an das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft weitergegeben, damit dieses eine Risikobewertung vornehmen kann.