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​Angela Merkel muss sich dringend in diese Show setzen

In einem großartigen Interview macht Hillary Clinton vor, wie wichtig es ist, sich selbst zu verarschen.

Screenshot von Youtube: Between Two Ferns with Zach Galifianakis

Am Anfang seines Interviews mit Hillary Clinton versucht Zach Galifianakis, der Präsidentschaftskandidatin mit einer Totenkopfmaske einen Herzinfarkt zu verpassen, und in der Bauchbinde wird sie kurz darauf nur mit "hatte mal Lungenentzündung" vorgestellt.

Tiefer kann man den Finger nicht in Clintons Wunde legen—die Gerüchte um ihre angeschlagene Gesundheit—und dabei hat das Interview noch gar nicht angefangen. Nach knapp fünf Minuten beendet der Moderator das Gespräch dann mit der Frage, wie er Hillary am besten erreichen könne: "Per E-Mail?" Alles dazwischen ist ebenfalls großartig:

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Wie Galifianakis in seiner Sendung Between Two Ferns das Format "Promi-Interview" zersetzt, indem er konsequent nur unverschämte oder dämliche Fragen stellt und die Gäste ihn dafür ihrerseits immer wieder als ignoranten Fettwanst beleidigen, war schon bei Justin Bieber oder Barack Obama ziemlich großartig. Dass Hillary Clinton mitten im turbulentesten (und persönlichsten) US-Wahlkampf aller Zeiten trotzdem in diese Sendung geht, zeigt, welchen Stellenwert Humor in den USA immer noch hat.

Deswegen ist auch offensichtlich, warum sie das macht: Sie will kurz vor der Wahl demonstrieren, dass sie über sich selbst lachen kann. Dass sie überhaupt da war, ist eigentlich wichtiger als ihre Performance in dem Interview selbst. Mit der Geste hat sie erstens gezeigt, dass sie bereit ist, sich jeder Kritik zu stellen. Und zweitens, dass auch sie weiß, dass selbst diese Präsidentschaftswahl nicht so ernst ist, dass man nicht darüber lachen könnte. Und genau deshalb sollte Angela Merkel dasselbe tun.

Merkels Umfragewerte sind so niedrig wie seit fünf Jahren nicht mehr, und sie fallen weiter—obwohl die Flüchtlingskrise längst nicht mehr so akut ist wie noch vor einem Jahr. Das liegt aber auch daran, dass die Deutschen der Kanzlerin die Flüchtlingspolitik gar nicht so übelnehmen wie ihr Versagen, ihre Position der Öffentlichkeit zu vermitteln. Am Montag unternahm sie einen Versuch, ihre Politik "besser zu erklären". Das ist natürlich löblich, aber es wird nicht reichen. Ein großer Teil ihrer Kritiker hat sich nämlich längst vom normalen Diskurs verabschiedet: Für sie ist Merkel zu einer fast schon mythischen Projektionsfigur für die abgehobene Politik von "denen da oben" geworden. Vor der Krise hatte man sich fast schon an die kamerascheue Art der Kanzlerin gewöhnt. Aber die Zeiten haben sich geändert, und Merkels Unnahbarkeit wird ihr immer mehr zum Verhängnis.

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Noch ein ernsthaftes Interview über ihre Politik wird daran jetzt nichts mehr ändern. Das einzige, was Merkel tun kann, ist: sich zwischen zwei Farne setzen. Einmal in ihrem Leben muss sie sich gnadenlos verarschen lassen und zeigen, dass sie es aushält. Von "Wir schaffen das" über ihre Hosenanzüge bis hin zu ihrem eigenartigen Verhältnis zu Essen hat sich über die Jahre so unglaublich viel angesammelt, was unbedingt angesprochen werden muss. Wenn ein mutiger Moderator sich traut, Merkel einmal mit all dem zu verarschen, was uns schon immer an ihr aufregt, könnte das ein kathartischer Moment für die deutsche Politiklandschaft werden. Die AfD würde auf einen Schlag die Hälfte ihrer Wähler wieder verlieren, einfach weil die Leute merken würden, dass Merkel kein Illuminaten-Cyborg ist, sondern ein Mensch.

Aber: Gibt es in Deutschland einen Moderator, der es mit Angela Merkel aufnehmen kann? Jemand, der so wenig Respekt vor Autorität hat, dass er sich trauen würde, der Mutti vors Schienbein zu treten? Irgendjemand?

Niemand? Na gut, dann schlage ich einfach jemanden vor. Christoph Maria Herbst zum Beispiel. Wenn es einer mit Merkel aufnehmen kann, dann ist das Stromberg.