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Der einzige Westler, der für das nordkoreanische Regime arbeitet

Der Mann, der als Sonderbeauftragter Nordkorea promotet.
Alejandro Cao de Benos hält einen Anstecker mit dem Gesicht von Kim Il-sung
Alejandro Cao de Benos hält einen Anstecker mit dem Gesicht von Kim Il-sung (Alle Fotos von Alejandro Cao de Benos)

Alejandro Cao de Benos hält einen Anstecker mit dem Gesicht von Kim Il-sung (Alle Fotos von Alejandro Cao de Benos)

Alejandro Cao de Benos—ein 38-jähriger katalanischer Aristokrat—ist der Leiter der Korean Friendship Association (KFA), eine Organisation, die eng mit Nordkoreas „Komitee für Kulturelle Beziehungen" im Ausland zusammenarbeitet. Er ist Nordkoreas inoffizieller Botschafter für den Rest der Welt und er ist der einzige Westler in Nordkorea, der den Status eines Sonderbeauftragten inne hat. Außerdem ist er mindestens ein genauso großer Fan des Landes wie der 18-jährige Moritz Kotheder.

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Seine Organisation repräsentiert nahezu 13.000 Menschen weltweit, die mit der Demokratischen Volksrepublik Korea (DPRK) befreundet sein wollen, ob aus einem Gefühl aufrichtiger Solidarität oder nur deshalb, weil sie, als sie high waren, dachten, dass es lustig wäre, sich auf der Seite einzutragen. Als Vorsitzender von Nordkoreas internationalem Fanclub konnte Alejandro die Feierlichkeiten zum Jubiläum des 60-jährigen Waffenstillstandes zwischen Nord- und Südkorea in Nordkorea hautnah miterleben. Letzte Woche flog er nach Pjöngjang und traf Kim Jong-un und seine Topminister bei den Arirang-Massenspielen und bei Nordkoreas größter Militärparade aller Zeiten auf dem Kim-Il-sung-Platz.

Ich habe mit Alejandro gesprochen, bevor er zu den Feierlichkeiten aufgebrochen ist.

VICE: Hi, Alejandro. Wie ist es dazu gekommen, dass du Präsident der Korean Friendship Association geworden bist?
Alejandro Cao de Benos: Ich war 16 Jahre alt, als ich meine erste nordkoreanische Delegation in Madrid hatte. Ich gründete die KFA, organisiert vom spanischen Justizministerium, welche dann internationale Konferenzen abhielt, kulturelle Austauschveranstaltungen und viele Besuche nach Nordkorea organisierte. Da meine Leidenschaft schon immer Nordkorea galt, bekam ich 2002 mein offizielles Amt als Sonderbeauftragter vom nordkoreanischen Außenministerium.

War es schwierig, dieses Amt als Nicht-Koreaner zu bekommen?
Ja, das war es. Es war das erste und das letzte Mal in der Geschichte, dass ein Ausländer solch eine Verantwortung zugeschrieben bekommen hat. Es hat ungefähr zehn Jahre gedauert, ihr Vertrauen zu gewinnen. Es ist eine große Ehre, da es mein Hauptinteresse war, in Nordkorea zu leben und zu arbeiten. Mein koreanischer Name ist Cho Son Il und bedeutet „Korea ist eins". Ich habe immer an die koreanische Revolution und Kim Jong-il geglaubt. Ich habe ihn mehrere Male vor seinem Tod getroffen und Geschenke von ihm bekommen.

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Du bist auch verantwortlich für die offizielle Website Nordkoreas?
Ja. Ich habe im Jahr 2000 den Ministern die allererste DPRK-Website vorgeschlagen, weil es darüber keine Informationen gab. Sie haben zugestimmt. Man hat mir nicht nur die Verantwortung für Nordkoreas Öffentlichkeitsarbeit gegeben, sondern mich auch zum Repräsentanten für alle Länder, die keinen nordkoreanischen Delegierten haben, ernannt. Deshalb gehören zu meiner Arbeit auch viele Interviews mit den Medien, da die meisten Nordkoreaner im Ausland sich offensichtlich nicht von ausländischen Journalisten interviewen lassen. Wenn etwas passiert und sie die Dinge aus der Sicht der DPRK haben wollen, rufen sie mich an.

Mit was für Anfragen hast du es normalerweise zu tun?
Anfragen für eine Landeerlaubnis in Nordkorea aus Australien und Russland, zum Beispiel. Ich fälle aber keine Entscheidungen. Meine Arbeit ist es, die Anfragen zur betroffenen staatlichen Stelle in Nordkorea weiterzuleiten. Außer es geht dabei um die Website der Regierung, die ich administriere, oder die KFA.

Wie ist Kim Jong-un so höchstpersönlich?
Er ist eine Mischung aus Vater und Großvater. So wie Kim Il-sung ist er freundlich und mag es, mit den Leuten zu sprechen und ausländische Delegationen zu empfangen. Gleichzeitig hat er das Erbe von General Kim Jong-il, da er seit Langem mit dem Militär zu tun hat. Und sogar während der Krise im Mai mit Südkorea und den USA blieb er entschlossen und verteidigte die Unabhängigkeit seines Landes und dessen politischen Systems.

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Wenn du einen nordkoreanischen Reisepass hast, warum lebst du dann nicht in Pjöngjang?
Wenn ich in Pjöngjang leben würde, könnte ich mit dir jetzt nicht dieses Interview führen und ausländische Anfragen beantworten. YouTube, Facebook, Twitter—die DPRK hat keinen Internetzugang. Meine Arbeit wäre ziemlich beschränkt und sinnlos im Inneren des Landes.

Welche Fehlannahmen über Nordkorea werden von westlichen Medien besonders häufig aufgegriffen?
Es gibt so viele, dass ich nicht weiß, wo ich anfangen soll. Aber die häufigste ist, dass Nordkoreanern die Chuch'e-Ideologie aufgezwungen wird—das ist komplett falsch. Die Ideologie einer zielgerichtet denkenden Gesamtheit entspringt Koreas kulturellen Wurzeln. Deshalb lebt dieses politische System weiter, auch unter dem starken Druck von US-Blockaden. Obwohl die DPRK schreckliche Zeiten durchmachen musste—und ökonomisch von 1995 bis 2000 am kollabieren war—, haben sie politisch nie die Hoffnung auf eine Gesellschaft, die auf Gleichheit basiert, aufgegeben. Es ist ein großer Fehler des Westens zu denken, dass die DPRK zusammenbrechen wird—das wird unter der jetzigen Führung niemals passieren.

Ich habe verschiedene Darstellungen der Chuch'e-Ideologie gelesen. Glauben Nordkoreaner an ihre Bestimmung als rassisch überlegene Nation?
Nein, nein, nein. Das ist amerikanische Propaganda, um ein falsches Bild von Nordkorea zu vermitteln. Die Chuch'e-Ideologie bedeutet Sozialismus in einem koreanischen Stil. Wie kann Nordkorea rassistisch sein, wenn es jahrelang afrikanische Länder herzlich unterstützt hat, ohne eine Gegenleistung zu fordern? Japan ist von seiner rassischen Überlegenheit überzeugt und fällt in andere Ländern ein. Oder sogar Amerika, das an seine eigene Überlegenheit glaubt und seine dekadente Kultur anderen Ländern aufzwingt.

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Alejandro mit Kim Yong-nam, Vorsitzender der Obersten Volksversammlung in Nordkorea

Erwartest du einen weiteren Bürgerkrieg mit dem Süden, wenn Nordkorea an seinen nuklearen Plänen festhält?
Erstens, der Koreakrieg war gar kein Bürgerkrieg. Südkorea hat das Waffenstillstandsabkommen von 1953 nicht unterschrieben. Sie waren und sind immer noch eine Marionettenarmee unter der militärischen Kontrolle der USA. Das ist ein weiteres Problem: Leute wissen nicht, dass der Koreakrieg nur zwischen Nordkorea und den USA ausgetragen wurde. Südkorea hatte damit nichts zu tun und kann heute kein Friedensabkommen unterschreiben, weil die USA es verhindern. Deshalb liegt es an den USA, Korea den Koreanern zu überlassen. Wenn sie zurück nach Hause gehen, wird es eine Lösung geben.

Welche Länder unterhalten die innigsten Kontakte zu Nordkorea?
Traditionell China als Nachbar, weil die Leute sehr kommunistisch sind. Und Russland, weil dort viele Nordkoreaner leben. Kambodscha, Laos und Vietnam auch. Aber die Dinge ändern sich. Heutzutage haben wir viele Unterstützer aus Europa und den USA.

Wirklich? Wie viele internationale Mitglieder gibt es?
An die 13.000. Da die USA das am meisten entwickelte Land in Sachen Internetverbreitung ist, ist es auch das Land mit den meisten KFA-Mitgliedern. Danach kommt Großbritannien. Mitglied zu werden, ist umsonst und es ist sehr wichtig, dass niemand Geld damit verdient.

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Wenn du kein Geld verdienst, wie überlebst du dann?
Es sind alles Ehrenämter, die tagsüber einen Job zulassen. Unsere Freizeit widmen wir unserer Leidenschaft für Nordkorea. Ich habe keinen einzigen Cent bekommen, seitdem ich mit meiner Arbeit begonnen habe.

Ich sehe, dass du an die Wiedervereinigung Koreas glaubst. Wie stellst du es dir vor, wenn es soweit ist?
Jetzt gerade hängt es komplett von Südkorea ab. Wenn die aktuelle Präsidentin die Idee der wahren koreanischen Identität unterstützt, sehen wir in 10 bis 15 Jahren eine Wiedervereinigung. Wenn sie nur den Interessen der USA folgt, wird es mehr Konfrontationen geben. Wie wird die Wiedervereinigung aussehen? Basierend auf dem Model eine Staates mit zwei Systemen. Es wäre ein Konföderierten-Modell, das den Kommunismus im Norden und den Kapitalismus im Süden beibehält, jedoch seine Grenzen und Parlamente öffnet, die sich darauf einigen, zusammen an Projekten wie der entmilitarisierten Zone zu arbeiten. Aber zuerst müssen natürlich die USA gehen.

Glaubst du nicht, dass das große ökonomische Gefälle zwischen Norden und Süden zu vielen Spannungen führen und eine Massenmigration auslösen wird?
Gut, in Südkorea gibt es auch eine Menge Bettler—viele Leute, die durch kriminell niedrige Löhne ausgebeutet werden. Ich lade jeden dazu ein, die Definition von Demokratie im Internet oder sogar Wikipedia nachzuschlagen. Sie nennen Südkorea eine Demokratie, aber schau es dir an: Südkoreas nationaler Sicherheitspakt ist ein Gesetz, das von den USA zu Kriegszeiten auferlegt wurde und zunächst Antikommunismus-Gesetz hieß. Wenn du in Südkorea was zu Kommunismus oder Nordkorea schreibst, kann es passieren, dass du für drei Jahre ins Gefängnis gehst oder sogar exekutiert wirst. Natürlich werden nach der Wiedervereinigung einige Nordkoreaner von den Neonlichtern und dem Marketing des Kapitalismus des Südens beeinflusst. Aber es wird auch Tausende unterbezahlte Arbeiter und Gewerkschaftskämpfer aus dem Süden geben, die in den Norden ziehen und den Kommunismus unterstützen werden.

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Existiert dieses nationale Sicherheitsgesetz auch auf der anderen Seite? Wenn Nordkoreaner mit Kapitalistenmaterial erwischt werden, droht ihnen dann auch die Todesstrafe?
Nein, nicht wie in Südkorea. Solange sie nicht in kriminelle Aktivititäten verwickelt sind oder die Regierung in Frage stellen, gibt es kein Problem.

Alejandro mit Yang Hyong Sop, Ex-Vorsitzender der Obersten Volksversammlung

Welche Länder investieren am stärksten in die DPRK? Welche nehmen an diesen IKBC-Ausflügen, die du organisierst, teil?
China und Osteuropa, weil sie in ihrer Vergangenheit sozialistische Länder waren. Wir haben Vereinbarungen mit privaten Investoren in den USA und Großbritannien. In der Regel sind sie an Export, Bergbau, Schwermaschinen, Schiffsbau und den IT-Bereich interessiert. In vielen internationalen Wettbewerben zur Erforschung von künstlicher Intelligenz haben nordkoreanische Ingenieure die japanischen geschlagen. Jedoch verhindert die US-Blockade die ökonomische Weiterentwicklung Nordkoreas.

Gibt es die US-Embargos nicht, weil Nordkorea gegen Menschenrechte verstößt?
Nein, überhaupt nicht. Für uns bedeuten Menschenrechte Wohnen, Nahrung, Wasser, kostenlose Gesundheitsversorgung und Bildung. Wir glauben, dass die USA und Großbritannien die ersten sind, die das nicht erfüllen. Ich war oft in Großbritannien, habe Hunger und Armut und so viele soziale Probleme gesehen, dass sie nicht das Recht haben, über jemanden anderes zu urteilen, bis sie nicht ihre eigenen Probleme gelöst haben.

Aber was ist mit den weitverbreiteten Behauptungen, dass Nordkoreaner hungern und aufgrund von Nahrungsmittelknappheit leiden?
Nein, du verwechselst das mit dem, was von 1995 bis 2000 geschehen ist. Jetzt gibt es in der DPRK keine einzige Person, die durch so etwas leidet, da der Staat sich um all ihre Bedürfnisse kümmert. In Nordkorea haben wir keine Prostitution, Crack-Abhängige oder Bettler. In Großbritannien und sogar hier in Spanien werde ich dir Leute zeigen, die auf den Straßen verhungern. Aber dann musst du mir versprechen, dass du das veröffentlichen wirst!

Natürlich. Hast du irgendwas hinzuzufügen?
Leute sollten es mit ihren eigenen Augen sehen und Nordkorea besuchen, nicht jedoch den Massenmedien Beachtung schenken. Wenn möglich, komm mit der KFA. Warum? Weil du als Freund des Landes kommen wirst und vom Außenministerium höchstpersönlich eingeladen bist. Du kannst mit den nordkoreanischen Leuten in Schulen und Fabriken reden. Wir haben Diplomaten, Doktoren und Anthropologen, die begeistert sind und mehr über das tägliche Leben und die Realität der DPRK erfahren wollen. Sie wollen nicht nur Fotos machen. Es gibt dort viele Orte, zu denen wir exklusiven Zugang haben, wie zum Beispiel das Parlament oder das Verteidigungsministerium.

Danke, Alejandro.