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Was dich erwartet, wenn du eingewiesen wirst

Hier sind ein paar Tipps, wie du deinen ersten Aufenthalt in einer Klapsmühle überstehst, denn es kann JEDEM passieren.

Der Blick aus meinem Bett. Ist das nicht das coolste Happy-Face-Waschbecken aller Zeiten?

Ich habe anderthalb Kilo zugenommen, bin durchgedreht und wurde bei dem Versuch geschnappt, mir mit einem Küchenmesser das Fett aus meinem linken Oberschenkel zu schneiden. Daraufhin wurde ich eingewiesen. Ich betonte, dass das JEDEM passieren könnte. Gegenüber meinem Therapeuten. Anfang des Jahres habe ich wie ein beschissener Idiot meine Medikamente abgesetzt, was darin endete, dass ich absolut wahnsinnig geworden bin. Ich war in dem Haus meiner Eltern und habe gezeigt, dass ich psychisch vollkommen gesund bin, indem ich beispielsweise drei Stunden lang heulte und mich anschließend im Badezimmer einschloss, woraufhin die Tür aufgebrochen werden musste. Zu diesem Zeitpunkt waren meine Arme bereits blutverschmiert und ich war gerade dabei, mit meiner Heim-Fettabsaugung zu beginnen. Ein Krisenstab wurde einberufen und mir wurde gesagt, dass sie in der Klinik noch ein Bett frei hätten und ich dorthin kommen solle, was mein Glück war. So etwas wie „ eigentlich hättest du es schon viel eher nötig gehabt, hier zu sein, du verrücktes Miststück“ bekam ich zwar nicht zu hören, doch es schwang deutlich mit. Ich wollte meinen Eltern nicht noch mehr Kummer bereiten, als ich sowieso schon getan hatte und erklärte mich einverstanden. Die Moral von der Geschichte: Nimm deine Antidepressiva jeden Tag. Wie dem auch sei, hier sind ein paar Tipps, wie du den komplizierten Übergang hinbekommst zwischen im Bett liegen und endlosen Wiederholungen irgendwelcher Sitcoms einerseits, und im Speisesaal mit zwölf anderen Personen sitzen, die alle versuchen zu ignorieren, dass eine Frau mit einem originalen ZZ-Top-Rauschebart heimlich mit ihrem Besteck masturbiert, andererseits.

Das ist das einzige andere Foto, das ich drinnen gemacht habe. Es ist nicht sehr spannend. Du kannst deinen Scheiß behalten
Die Frau, die meine Aufnahme übernommen hat, erlaubte mir, mein Handy und meinen Kindle zu behalten, konfiszierte aber Reinigungstücher. Als ich sie frage, warum, antwortete sie, dass ich mir damit „selbst Schaden zufügen“ könnte, wenn ich sie esse. Igitt! Auch Dinge wie Gürtel und Deos müssen bei der diensthabenden Schwester abgegeben werden. Du kannst nach den Sachen fragen, wenn du sie brauchst, aber wenn du als Gefahr für dich selbst oder andere giltst, muss dich jemand überwachen, während du sie benutzt. Du darfst nicht rauchen
Ich war auf einer geschlossenen Station. Es gibt meistens einen Speisesaal, einen Gemeinschaftsraum, ein Fernsehzimmer, Männer- und Frauentoiletten und die Schlafzimmer. Die Fenster gehen nicht richtig auf, damit niemand in seinen Tod springen kann. Die Türen sind die ganze Zeit über verschlossen. Und du müsstest den Türcode kennen, um rauszukommen. Ich glaube, sie haben nachts auch meine Schlafzimmertür abgesperrt, aber da war ich so high, dass es mir egal war. Weil du also nicht weg kannst, kannst du auch nicht kurz nach draußen, um Eine zu rauchen. Wo sind meine Reinigungstücher? Ich bin sicher, so schlecht schmeckten die gar nicht. Sie bieten dir Nikotinpflaster an, aber aus irgendeinem bescheuerten Grund, hab ich nie welche angenommen. „Ich weiß nicht, was diese Dinger mit mir machen“, habe ich gesagt, noch wankend von den Drogen, die sie mir in der Nacht zuvor zum Einschlafen gegeben hatten. „Eigentlich mache ich mir Gedanken darüber, was in meinen Körper kommt?!“ Das Essen ist ekelhaft
Ironischerweise habe ich da drin anderthalb Kilo abgenommen, weil ich mich weigerte, auch nur einen einzigen Bissen von dem Essen zu nehmen, das mir vorgesetzt wurde. Ich würde nicht behauptet, dass ich eine anspruchsvolle Gourmet-Königin bin—ein paar Tage zuvor hatte mein Abendessen aus einer halben Packung Oreos bestanden—aber ein brauner Klotz, der aussieht wie Kompost, ertränkt in einer gelben Soße unbekannten Ursprungs, animierte mich nicht gerade zum Zuschlagen. Du musst sie dazu bringen, dass sie dir Süßigkeiten und Energy Drinks bringen. Die sind auf jeden Fall erlaubt und irgendwie schmecken Energy Drinks im Krankenhaus besser. Keine Ahnung, warum. Es kann allerdings sein, dass du trotzdem im Speisesaal sitzen musst. Die Atemübungen, die sie dir beibringen, helfen. Du bekommst Drogen
Ich hab keine Ahnung, was es war, aber 1) es war stärker als Valium und 2) sie haben das Zeug verteilt, als wären es Bonbons. Du kannst nicht schlafen? Hier, nimm ein paar Drogen. Nervös? Nimm ein paar Drogen. Die bärtige Frau ist dir in dein Zimmer gefolgt, sie war halb nackt und wollte partout nicht damit aufhören, über ihren Glauben an Jesus zu reden? Nimm ein paar Drogen. Ich schätze mal, sie denken, dass es besser ist, dich high zu halten, als dich langsam realisieren zu lassen, in welcher Situation du gerade überhaupt steckst. Bei meiner Entlassung (zu der sie mir einen Pappbecher voller Pillen gaben, um mir „über den Tag zu helfen“) sagte mir mein Arzt, dass ich jetzt viel ausgeglichener wirke. Aus irgendeinem Grund hob ich meinen Kopf vom Tisch hoch, schaute ihn an und leckte mir dabei über die Lippen. Die Leute sind echt nett
Ich kann nicht behaupten, dass das allgemeingültig ist, aber mal im Ernst: Denk mal an all die Sachen, die verrückte, depressive, selbstmordgefährdete und drogenabhängige Leute geschaffen haben. Verrückte Leute sind der Hammer. Wenn meine Mutter mich besuchte, wirkte sie besonders verstört. „Du bist ganz anders als diese Leute“, pflegte sie zu sagen und klammerte sich dabei an ihrer Mulberry-Tasche fest. Au contraire! Das Ausmaß dessen, wie sehr du im Arsch bist, macht dich nicht mehr oder weniger zu einem Menschen. Klar hätte ich die Nase rümpfen können und mich weigern, mit irgendwem zu reden, aber was hätte das gebracht? Ich bin hier drin, du bist hier drin, wir sind alle gleich. Ich hatte wirklich nicht das Recht, auf irgendjemanden herabzuschauen. Also hing ich mit einem Glamour-Model rum, das mal in einem Männermagazin drin war, mit einer anorektischen zweifachen Mutter Mitte 40 und einem übergewichtigen Mädchen mit bipolarer Störung, das immer wollte, dass ich „sexy“ Hollywood-Schauspieler auf einer Skala von 1 bis 10 bewerte. Da war auch ein Typ Ende 30, ein zwanghafter Lügner, der vorsichtig an meine Tür klopfte, als ich mich in meinem Zimmer versteckt hatte, nachdem die schizophrene bärtige Frau beschlossen hatte, es sei eine gute Idee, ihr ganzes Essen zu zerkauen und anschließend alles vor mir auf den Tisch zu spucken. Wir haben die Stühle aus unseren Zimmern auf den Flur raus geholt und sind gegenseitig die Playlists auf unseren iPods durchgegangen. Es war friedlich. Als ich die Klinik verließ, bekam ich allmählich wieder meine Medikamente und Ende des Monats war ich wieder wenigstens halbwegs normal. Halbwegs normal ist so ziemlich das Beste, wovon ich träumen kann, um ehrlich zu sein. Ich hoffe, das verleiht dir einen Eindruck davon, was dich erwartet, falls du dich jemals dabei erwischen lassen solltest, wie du jemandem in der Bahn ein Ohr abbeißt oder mit einem Müllbeutel bekleidet durch den Supermarkt rennst und dabei schreist: „Bin ich nicht unterhaltsam?!“ Eingewiesen zu werden ist scheiße, aber es gibt Schlimmeres.