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Wir haben die Gewinner des by:larm 2014

Wir haben uns beim by:larm überzeugende Tritte ins Gesicht abgeholt und sind auch sonst ziemlich angetan vom Osloer Festival.

Foto: Fredrik Klingenberg

Was hat mich doch die Zeremonie der Academy Awards gebrainwashed. Diese Supernova der Langeweile, die zu beobachten in etwa genau so aufregend war, wie den Sand des kompletten Venice Beach durch eine Sanduhr rieseln zu sehen und diese Irrsinnstradition, auch noch für den schmierigsten Furz eines Lichtmanns eine Preiskategorie an den Start zu bringen, führten dazu, dass ich in noch völlig unklarer Zeremonienumnachtung in meinem Leben gerade nur Oscars vergeben könnte.

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Trifft sich ganz gut, denn gestern endete mein absolut preisverdächtiger Ausflug zum by:larm-Festival in Oslo. Oslo ist immer einer der Topfavoriten für die Stadt mit den außerweltlichsten Lebenshaltungskosten. Das führt zum einen dazu, dass man ständig das Gefühl hat, in purstem Luxus zu schwelgen, obwohl man sich gerade nur einen Pfefferminztee bestellt hat. Zum anderen weckt es den sportlichen Ehrgeiz, sich von einer freien Sponsorenmahlzeit zur nächsten zu nassauern. Die deutschen Delegierten waren demnach leicht zu erkennen. Es waren die Typen, die auf den größeren Businessevents ausgehungert über den Fraßtrögen hingen oder an den Bars mit Getränkebons wedelten.

Den Preis für das beste Wetter gewinnt das by:larm diesmal leider nicht. Knackiger norwegischer Winter geht echt anders. Matschiges Tauwetter und Dauernieselregen waren angesagt, machte aber nichts, denn das Festival findet, vergleichbar mit europäischen Conventions wie dem Eurosonic oder dem Reeperbahn Festival, in den Clubs der Innenstadt statt. Und genau wie bei den vorgenannten Festivals verspürt man auch beim by:larm das Bedürfnis, sich vierteilen zu wollen. Da sämtliche Venues kontinuierlich bespielt werden, wird man einfach das Gefühl nicht los, gerade irgendwo etwas Sensationelles zu verpassen. Die folgende Preisverleihung muss darum ohne Jury auskommen und bleibt höchst subjektiv.

Die Hauptkategorien.

Beste Band des Festivals

Ohne Zweifel Girl Army aus Bergen. Deren Frontmann Sondre Haug ist mit seiner Beschäftigung am Mikro so wenig ausgelastet, dass er an den Balustraden und Techniktürmchen der Bühnen zum Geräteturner wird und eigentlich meistens irgendwo an der Decke hängt, während er seine Stimmbänder feinsten Blutstaub absondern lässt. Girl Army sind die Nachfolgeband der bereits für einigen Wirbel in der skandinavischen Hardcore-Szene verantwortlichen Social Suicide und waren bei ihrem ersten Festivalauftritt am vergangenen Donnerstag so überzeugend, dass ich sie mir am nächsten Tag gleich nochmal angesehen habe. Eine gute Entscheidung, denn die zweite Show im Revolver war der endgültig überzeugende Tritt ins Gesicht.

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Beste Band, die ich nicht gesehen habe

Da einige der Clubs in Oslo recht klein sind, empfiehlt es sich, rechtzeitig vor den Konzerten vor Ort zu sein, da ansonsten mit Einlassstopp zu rechnen ist. Bei der von The Quietus kuratierten Bühne im Mono war der Ansturm am Samstag jedoch so groß, dass man so pünktlich da sein konnte, wie man wollte, die Schlange ließ sich nicht umgehen. Der Award in dieser Kategorie geht an Tremoro Tarantura, deren Set ich in der Hoffnung, wenigstens den letzten Song noch im Club-Inneren erleben zu dürfen, dann doch komplett in der Schlange stehend in akzeptabler Außenwandmischung verfolgte. Das allein hörte sich aber echt ganz gut an.

Die größte Überraschung des Festivals

War der norwegische Soul-Pop-Act Truls. Bereits auf den Treppen zur Konzerthalle wurde man von samtweichem Stimmschmelz im höchsten Oktavenhimmel empfangen. Automatisch malte man sich aus, was da wohl für ein zartes Persönchen auf der Bühne stehen muss, um dann wenige Sekunden festzustellen, dass es sich um einen bärigen Typen mit klobiger Goldkette, Geheimratsecken und Tendenz zu Adipositas handelt. Huch!

Positive Überraschungen im gleichen Genre kamen u.a. von den Soul-Traditionalisten Oh! Und dem lokalen R’n’B-Platzhirschen Arshad Maimouni, den man guten Gewissens den norwegischen The Weeknd nennen kann.

Der beste Haarschnitt des Festivals

Ohne Zweifel gewinnt in dieser Kategorie Kill J. Zum Glück war die Musik auch gar nicht so schlecht.

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Der größte Aufwand des Festivals

Wurde von Serena Maneesh betrieben. Neben einem unüberschaubaren Technikpark, der jegliche Raumökonomie außer Acht lassend, in die Mitte des Stratos, einem kleinen Club im Dachgeschoss eines Konferenzcenters, zusammengewürfelt wurde, wurde außerdem ein achtköpfiger Frauenchor aufgefahren. Das bisschen Publikum, das sich in die freien Ecken quetschen konnte, erlebte schließlich ein gut halbstündiges, mit heavenly Voices belegtes Ambientstück, das eigens für die Arne Nordheim Ausstellung erstellt wurde.

Die größte Enttäuschung des Festivals

The award goes to Lust For Youth. Die Dänen, die als weitere Wunderknaben einer aufregenden PostPunk- und Wave-Szene Kopenhagens hofiert werden und zwei gar nicht so schlechte Platten auf Sacred Bones auf dem Hype-Kerbholz haben, hätten sich live von jeder Schülerband an die Wand spielen lassen. Antrainiertes Geezer-Getue, Oversized Barbourjacken und preppy über die Schulter drapierte Jumper werden dem Buzz vielleicht auf den Konzertfotos gerecht, leider lenkten sie aber nicht genug von dem unbeholfenen Synthgestolper und dem orientierungslos eingeworfenen Vokalgeplärre auf der Bühne ab.

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