FYI.

This story is over 5 years old.

Rap unter dem Monokel

Ein Literatur-Professor hat für uns Deutschrap-Texte analysiert

Was hält ein Experte von den lyrischen Fähigkeiten von Haftbefehl, Kollegah und Bushido? Seine Erkenntnisse sind aufschlussreicher, als du vielleicht denkst.

Seit sich das Feuilleton mit Straßenrap beschäftigt, Politiker öffentlich mit Rappern kommunizieren und HipHop Einzug in die Mainstreamkultur hält, stellen sich immer mehr und—vor allem—immer größere Fragen zu der Kunst des Rap. Zum Beispiel: Wie qualitativ hochwertig sind die Lyrics der Deutschrapper? Ist Haftbefehl wirklich ein Meisterdichter? Könnte Kollegah Goethe im Faustkampf besiegen? Und: Kann ein neuer Teil CCN die Welt retten? Fragen über Fragen. Wir versuchten Antworten zu finden, indem wir einen Experten heranziehen, da wir es so im Journalismus-Studium und bei Jan Böhmermann gelernt haben.

Anzeige

Fotos: Michele Di Dio | Universal Music, Laion | Universal Music, Aljoscha Redenius | VICE

Vor kurzem haben wir uns ja schon von einem Psychologen sagen lassen, was er über die Texte verschiedener Deutschrapper denkt. Um herauszufinden, wie lyrisch gehaltvoll ein Haftbefehl-Text tatsächlich ist und wie beeindruckend die Reime von Kollegah sein können, haben wir nun auch das Urteil eines objektiven Außenstehenden gesucht und einen mehr als fähigen Experten gefunden, der sich bereitwillig mit den Texten unserer Lieblingsrapper auseinandergesetzt hat: Professor Doktor Sven Hanuschek ist Publizist und Professor am Institut für deutsche Philologie der Ludwig-Maximilians-Universität München und kennt sich ganz hervorragend mit Literatur und deutscher Sprache aus. Wir haben ihm zwar vorher verboten, die Songs anzuhören, aber sein 13-jähriger Sohn hat ihm verraten, dass er selbst Kollegah großartig und Haftbefehl unerträglich findet. Trotzdem ist Professor Hanuschek in unserem Skypegespräch unvoreingenommen und professionell an die Analyse herangegangen:

Haftbefehl—„Chabos wissen wer der Babo ist“

Was sticht bei Haftbefehl heraus?

Dieser Text ist von allen Beispielen am weitesten weg von der normalen, gesprochenen Sprache. Es ist am meisten ineinander geschoben, es gibt die meisten Wortspiele, er ist auch am stärksten rhythmisiert. Ich würde fast sagen, der Text ist trochäisch, wenn man antike Versformen heranziehen würde. Es ist nicht ganz durchgehalten, aber der Text hat sowas wie einen dominanten Versfuß.

Anzeige

Chabos wissen, wer der Babo ist
Hafti Abi ist der, der im Lambo und Ferrari sitzt
Saudi Arabi Money Rich
Wissen, wer der Babo ist
Attention, mach bloß keine Harakets
Bevor ich komm' und dir deine Nase brech'

Die Reimstruktur ist zum Teil auch ganz interessant, es gibt ganz viele gleichartige Reime, ganz viele Wiederholungen, es sind immer die gleichen Endungen: „Babo ist“—„Ferrari sitzt“. Es ist aber immer auch ein bisschen daneben (lacht). Das finde ich gerade ganz reizvoll. Es sind natürlich keine schönen, reinen Reime wie in kanonischer Lyrik, aber er spielt damit, und das hat mir ganz gut gefallen.

Tokat, Kopf ab - Mortal Kombat
Vollkontakt a la Ong-Bak, Komm ran
Opfer, du bist Honda, ich Sagat
Nicht link von hinten, ich hau dich frontal, sakat
Dein Yokuzuna-Sumo ficke ich mit 'nem Pushkick
Was los, du Hurensohn? Komm wieder, wenn du Luft kriegst
Pussy, muck bloß nicht uff hier, du Rudi
Nix mit Hollywood - Frankfurt, Brudi
Du kannst Wing Chun und Kung Fu wie Bruce Lee
Kampfstil Tunceli, Altmış iki kurdî

Wie gefallen die Reime?

Was ich witzig fand, sind gerade die exzessiven Reime. In Part 1 reimt er „Rudi“ auf „Brudi" und „Bruce Lee“ und „Kurdi“. Bruce Lee auf Rudi zu reimen, das hat was. Dadurch bekommt es eine Komik. So wie es vorgebracht wird, behält es auch einen Charme.

Ich bin ja ein Fan von Arno Schmidt im Deutschen und James Joyce im Englischen, bei ihnen sind genau Wortspiel, Sprachspiel ungeheuer wichtig. Die expressionistische Lyrik macht das auch gelegentlich; bei Joyce ganz extrem, dort werden viele Sprachen gemischt—Finnegans Wake besteht zum Beispiel aus 40 Sprachen, mit der Grundsprache Englisch. Die Sprachenvielfalt finde ich auch bei Haftbefehl reizvoll.

Anzeige

Vollgas, Monte Carlo, Touren à la Formula Uno
Hafti Abi, Baby, Straßenstar international
Biji, biji Kurdistan, ich mach's auf die Babo-Art

Wie finden sie die verschiedenen Sprachen und wie er sie benutzt?

Es gibt einen starken amerikanischen, englischen Anteil. Ich denke, das liegt an der Herkunft der Musik. Soweit ich weiß, kommt Rap aus dem amerikanischen Ghetto, und das wird natürlich aufgegriffen. Bei Haftbefehl sind es dann noch mehr Sprachen. Ich vermute, er ist Türke oder Kurde von der Herkunft her.

Er benutzt auch viele populäre Medien über einen ganz langen Zeitraum. Bruce Lee und Kung fu—diese Mode ist ja schon länger vorbei. Das heißt, er spielt mit allen populären Medien, von alten Fernsehserien bis zu neueren Medien wie Computerspielen. Nachdem ich Rap und die Musikrichtung nicht weiter kenne, heißt das für mich auch, dass mit Fiktion, Fiktionen gespielt wird. Das sind ja keine Gangster, die im Ghetto leben, sondern in einer fiktiven Welt. Es ist ein Gestus, den man sich anzieht, oder? Bushido scheint mir am meisten in so einer Welt verankert zu sein.

Du weißt, dass ich Babo bin, weil ich deine Mutter fick'
Du bist wie mein Schwanz beim Wichsen - Ich spuck auf dich
Und sie ducken sich vor Pumpgun-Patronen
Denn ich mache sie zur Schnecke wie ein Transenchirurg

Der zweite Teil ist von Farid Bang…

Was auch an Part zwei ganz witzig ist, ist das Schnecken-Wortspiel: „Ich mache sie zur Schnecke wie ein Transenchirug“ fand ich sehr lustig, dass da die deutsche Redensart „Ich mach dich zu Schnecke“, aber gleichzeitig eine Zote, eine Obszönität, drinsteckt.

Anzeige

Verteil' an Samstagen Schwanz oder ganz harte Punch's
Und greif deutsche Rapper mit Glaspfandflaschen an
Ey, ey, ich mach deine Kinder zu Nutten
Ohne dabei mit der Wimper zu zucken
Haftbefehl schiebt jetzt gerade seinen Cock rein
Ich komme rein und frag: Ist noch ein Loch frei?

Was sagen sie zu den Obszönitäten?

Die Provokation kann ich schlecht einschätzen. Was bedeutet das, wenn es heißt: „Haftbefehl schiebt jetzt gerade seinen Cock rein/ Ich komme rein und frag: Ist noch ein Loch frei?“ Und generell bei allen dreien: Was bedeutet das Frauenbild, das ja nicht besonders schön ist, geradezu rückständig. Ist das jetzt eine Provokation? Anscheinend gehört es dazu, dass man dieses Sexismus-Gerede aufführt. Aber hat das noch ein provokantes Potenzial? Womit man Kunst und Lyrik unter anderem misst, ist ja, ob es Transgressionen gibt. Wird ein etabliertes Kunstmedium, etabliertes Sprechen in irgendeiner Weise überschritten? Das passiert natürlich dadurch, dass man Rahmen versetzt und provoziert, also zum Beispiel Obszönitäten verwendet, politische unkorrekte Rede führt und so weiter. Nur ist das hier im Rap ja die eingeführte Rede, insofern wird doch nichts mehr überschritten. Die Frage ist dann natürlich, warum man den Diskurs weiterführen muss, wenn es sowieso nicht mehr provokant ist—etabliere ich dann nicht wieder Sexismus als „üblich“? Oder ist das eine Art manieristischer Pop-Barock, es geht nur darum, ob ich den bereits bestehenden Diskurs variieren kann, ob mir sozusagen noch ein neues sexistisches Bild einfällt?

Anzeige

Das Fazit?

Bei Sprache und Lyrizität bekommt Haftbefehl die höchste Punktzahl, den Gestus kann ich schwer einschätzen. Es ist ja immer eine provokante Geste dabei, wenn der ganze Rap ein Sprachspiel mit bestimmten Regeln und Voraussetzungen ist.

Kollegah—„King“

Was sticht bei Kollegah heraus?

Das ist viel narrativer, erzählerischer, es ist nicht so verdichtet, es hat nicht so eine Lyrizität wie Haftbefehl. Wenn man hier auf die Versfüße sehen wollte: Versmaße gibt es nicht. Es wäre ein prosaisches Gedicht. Es ist stärker daktylisch und unregelmäßiger, was bedeutet, dass es näher an gesprochener Sprache ist, entsprechend sind die einzelnen Zeilen viel länger.

Ich roll' in dem Benz, schillerndes Chrom, Felgen, die scheinen wie am Himmel der Mond
Jetskis, Villen in Rom, Nutte, du sprichst mit dem King, der die Scheine
Stapelt, Rapper zerfickt und dann ihre Weiber nagelt
Den in Sachen Punchlines keiner schlägt als sei er Abel
Sieh mich mit 100$ Bills die Blunts dreh'n, mit Schotter aus der
Bank geh'n, bosshaft im Testarossa durch das Land feg'n

Weil das Reihungen sind und so viele Aufzählungen, auch gleich im Part 1—„Ich roll' in dem Benz, schillerndes Chrom, Felgen, die scheinen wie am Himmel der Mond / Jetskis, Villen in Rom, Nutte“—es sind immer mehrteilige Aufzählungen. Das scheint mir darauf hinzudeuten, dass es eine inszenierte erzählte Welt ist. Es ist wie in einer Erzählung, in der man eine Atmosphäre beschreiben will: Man reiht möglichst viele Details aneinander, um diese erzählte Welt zu konstruieren. Dafür ist das ein Hinweis.

Anzeige

Jetzt hol'n selbst Atheisten Rosenkränze raus
Denn die Bossaura löst bei ihnen Todesängste aus

Die Wortspiele sind auch immer wieder ganz interessant. Bei Kollegah sind sie ja nicht von Vers zu Vers hineingeschraubt, aber innerhalb der einzelnen Zeilen funktioniert das auch gut. Es scheint mir nicht so viel Spezialwissen nötig zu sein. Es ist verständlicher, wenn Sie so wollen, populärer.

Yeah, back in dem Game, Platinumringe, 'ne Menge Cocaine
Status des Kings, glänzende Chain, K zu dem I zu dem N zu dem G
Goldenes Bentley-Emblem, unangezweifelter Bossstatus
Dein Team hat mehr Nieten als Rockerclubs, ich beende dein Leben per Shotgunschuss
Rambo-Mimik, neonfarbene Lamborghinis
Du willst Beef, ich komme an und zerlege mit der Dschungelmachete dein Kampfsportteam, Bitch

Und Kollegahs Punchlines?

Auch hier gibt es durchaus interessante Reime in der Binnenstruktur. Keine Endreime, sondern innerhalb einzelner Verse: Sowas wie „Godfather wie Zeus“ und „Fahre bossartig im Royce“, das ist innerhalb einer Zeile. Was mir auch gut gefallen hat, ist „Yeah, back in dem Game, Platinumringe, 'ne Menge Cocaine“. Binnenreime dieser Art sind allerdings nicht so häufig, sie kommen aber vor. Die ganzen Männlichkeitsgesten sind auch da. Das Auto ist wichtig, die Felgen, die Platinringe, auch die Sexismen hat er nötig, die sind hier ganz deutlich.

Deutschrap ist nur ein Haufen cockblasender Toys
Ich bin der Godfather wie Zeus, fahre bossartig im Royce
Und schieß mit Pumpguns umher, denn Whack-Rapper in Deutschland gibt's wie
Sand an 'nem Meer in Guantanamera

Anzeige

Mehr Groupies und Hater als Julius Cäsar
Hoes sagen: Ich wünschte mein Freund wäre so cool wie Kollegah, denn er ist

„Mehr Groupies und Hater als Julius Cäsar“: Das ist auch eigentlich eine ganz witzige Idee, „Hater“ auf „Cäsar“ schief zu reimen. Dass man in diesem erzählten Milieu auch Lorbeerkränze und Julius Cäsar, die Antike assoziiert, das dürfte ja ungewöhnlich sein.

Ich bin die Zukunft, Mann
Und eröffne das Kreuzfeuer wie der Ku Klux Klan, denn ich bin King (King King King)

Der Ku Klux Klan ist ja das Reaktionärste, Rassistischste und Sexistischste, was in den USA so rumläuft, und diese Überkreuzung, etwas wie der Ku Klux Klan zu machen, fand ich eigentlich ein schönes Paradoxon: etwas zu machen wie die Oberrassisten, deren Objekt man aber selber wäre, wenn man in den USA lebte. Das ist in etwa so, wie sich die Behindertenbewegung zeitweise selber als Krüppel-Bewegung bezeichnet hat, ein Schimpfwort positiv umwertet, eine Überkreuzung. Das ist der Mechanismus hier.

Das Fazit?

Haftbefehl ist dichter, er hat eine Lyrizität, die Kollegah nicht in gleicher Weise hat, weil er stärker erzählt. Auch hier gibt es Wortspiele, aber eben nicht so wie bei Haftbefehl—bei dem ist das manchmal fast wie eine Fremdsprache, wie eine eigenen Sprache, die aus ganz vielen Versatzstücken gebaut ist. Kollegah bleibt näher an der Umgangssprache, er ist leichter verständlich.

Bushido—„Junge“

Ist Bushido bekannt?

Anzeige

Bushido kenne ich vom Namen her, aber ich kann nicht behaupten, dass ich Texte oder diesen hier gekannt hätte—ich höre andere Musik.

Ich scheiß auf alle deine Gangsterklischees, Junge
Das ist CCN-Mentalität, Junge
Ich feuer' Schüsse aus dem Benz AMG, Junge
Hier fragt dich keiner, wie's dir geht, Junge, yeah

Was fällt bei Bushido auf?

Bei ihm fiel mir auf, gerade im Vergleich zu den anderen beiden Texten, dass „Junge“ fast eine Art Selbstreflexion des Rap ist, zumindest gelegentlich. Wenn er sagt „Ich scheiß auf alle deine Gangsterklischees, Junge“: das ist ja das, was den üblichen Rap ausmacht—Gangsterklischees.

AMG-Kanake mit dem kriminellen Background
Sonny pumpt die Kickdrum und der Track bounced
Wir jagen dich in deinem BMW Alpina

Als jemand, der diese Sprache nicht kennt, habe ich „CCN-Mentalität“ und „Benz AMG“ doch nachgeschaut, weil ich dachte, AMG wäre eine Geheim-Abkürzung, aber so heißt ja einfach das Auto (lacht). CCN ist ja wieder die Selbstreferenz, das eigene frühe Album. Was jetzt aber wieder das Besondere beim Benz AMG sein soll, weiß ich nicht. Ich kenne mich mit Autos nicht weiter aus (außer dass sie stinken und laut sind, leider auch bequem). Das ist dann direkt banal gegen die großen Gesten, wenn es eben doch nur um das Auto geht.

Wenn es um uns geht, lügt der BND mal wieder
Neukölln-Kanaken, Kecko, halt die Backen
Ich komm' aus'm Ghetto, ihr seid alle nur Attrappen
Meine Leute schmuggeln H in das Land
Sonny bunkert Mios in dem Safe an der Wand, yeah

Anzeige

Yeah, ich bin unantastbar, du Suppenkasper
Wenn ich auf die Party komme, kriegt ihr Tucken Asthma
Du kommst zur Geldübergabe ohne lila Scheine
Dein Ernst, Junge? Zieh' mal Leine

Wie finden sie die Reime?

Auch hier gibt es die netten Reime, die „Backen“, die sich auf die „Attrappen“ reimen oder „unantastbar, du Suppenkaspar“. Das Aufkommen ist vergleichbar mit Kollegah, eher über den ganzen Text gestreut und nicht ganz so hoch erhitzt wie bei Haftbefehl. Eigentlich ist der Text auch unmittelbar verständlicher. Ich musste mich nicht groß darum bemühen zu verstehen, was er damit gemeint haben kann—bis auf die Kürzel.

Ich mach' Rap wieder hart und deine Mutter bläst
Ich bin seit über 20 Jahren in der Pubertät
Komm aus'm Viertel, wo wir vor dem Gemüseladen
Einfach irgendwelche Typen schlagen, das ist Berlin, Junge
Zieh' dich warm an, der Winter hier ist kalt

Er macht das auch, was zur Rapwelt dazugehört, aber es ist immer noch eine Schleife darüber, eine Reflexionsschleife, wo die Kraft-Gesten selbst auch wieder gespiegelt und vielleicht auch karikiert werden. Das passt ja eigentlich nicht. Solche Gesten, die die anderen beiden ganz stark haben, sind nicht ironisch, die können sich nicht selbst aufheben. Das ist eigentlich nicht in der Tonlage vorgesehen, aber Bushido macht das trotzdem. Und das ist das Reizvolle hier. Das sind vielleicht Figuren der Selbstaufhebung, so könnte man das nennen: Es ist nicht so, dass er sich irgendeinem Mainstream anpasst und sagt „Jetzt mache ich es wie alle“, sondern das wird dann auch immer thematisiert, reflektiert.

Anzeige

Komm' vorbei, wir reden mit der Klinge an dei'm Hals, es ist
Meine Stadt, mein Bezirk, mein Spielfeld
Ich komm' auf die Wiesn und mach' Stress im VIP-Zelt

Es ist ja die Rede von Neukölln im ersten Vers, deswegen nehme ich an, dass sein tatsächliches deutsches 'Ghetto' in Neukölln ist. In einem späteren Vers ist Bushido allerdings auf der Wiesn, die meines Wissens in München ist und nicht in Neukölln, und macht Stress im VIP-Zelt. Ich gehöre auf eine andere Weise zum Establishment, soll das heißen, wie ich nach Neukölln gehöre, und es ist alles ein Spiel.

Deine Freunde labern von Gewissen oder Karma
Alles missgebildete Buddhisten und Veganer
Ich bin offen, tolerant und gut integriert

Und die Beleidigungen?

Die haben mich manchmal amüsiert, etwa in Vers zwei: „Deine Freunde labern von Gewissen oder Karma/ Alles missgebildete Buddhisten und Veganer“. Da ist ja der Reim schon schön verunglückt. Und diese Beschimpfung ist natürlich der Inbegriff von politischer Inkorrektheit. Man disst die guten Menschen und sagt aber im gleichen Atemzug: „Ich bin offen, tolerant und gut integriert“, also ich bin all das, worüber ich mich gerade lustig gemacht habe… „Meine Stadt wurde von 'nem Schwulen regiert, yeah“ — ich nehme den schwulen Bürgermeister als Signal für meine Offenheit und Toleranz, verwende aber die abwertenden Begriffe. Das meine ich mit dem Mechanismus der Selbstaufhebung. So entsteht natürlich auch Komik.

Meine Stadt wurde von 'nem Schwulen regiert, yeah
Es ist real, keine Philosophie

Ja, was soll man damit jetzt anfangen? Natürlich ist das real, aber was sagt das über die Verse zuvor? Ist es dann auch real, dass alle missgebildete Buddhisten und Veganer sind? (lacht) Die echten Provokationen und Beschimpfungen sind eher in der vorletzten Zeile: „Und ich ficke deine Drecksmutter, Serdar Somuncu“, da nehme ich an, dass das ein anderer Rapper ist, oder?

Und ich ficke deine Drecksmutter, Serdar Somuncu
Du willst keinen Ärger? Dann Mund zu

Das Fazit?

Hier fand ich das Besondere die selbstreflexiven Figuren, und auch die gelegentliche Selbstaufhebung der Argumentation und Aggression. Das hat nur Bushido von den Dreien.

Vielen Dank an Professor Hanuschek!

**

Folgt Noisey bei Facebook und Twitter.