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Interviews

Dank BL'AST! klingt Hardcore jetzt wieder so gut wie früher (...und Dank Dave Grohl sogar noch ein wenig besser)

Die Geschichte von BL'AST! lehrt uns - öfter mal die Bude aufräumen. Wir haben exklusiv das Video zur Entstehung ihres neuen Albums.

Es vergeht kaum ein Tag, an dem wir nicht morgens aufwachen und uns den Hardcore der 80er zurückwünschen. Im Ernst, das Erste, was wir machen würden, wenn uns Doc Brown ans Steuer seines Delorian ließe, wäre, ihn auf das Jahr 1983 zu programmieren und mit qualmenden Reifen auf ein Black-Flag-Konzert zu düsen. Es war eine blühende Zeit der Independent-Labels und DIY-Fanzines, in der nicht nur ein unerhörtes Musikgenre, sondern eine ganze Subkultur entstand, der man sich anschließen konnte, um sein Leben mit Sinn, Spaß und Stagediving zu füllen. Und auch wenn es heute noch eine Menge lauter, wütender Bands gibt, so scheint diese rohe und irgendwie unschuldige Brutalität der Anfangsjahre doch unwiederbringlich verloren gegangen zu sein.

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Vielleicht hing Mike Neider ähnlich nostalgischen Gedanken nach, als er sich kürzlich daran machte, den Proberaum seiner alten Band BL’AST! auszuräumen. Vor langer Zeit galten BL’AST! als eine der kompromisslosesten und innovativsten Bands der damals noch jungen Szene. Ihre Liveshows mit heutigen Legenden wie Slayer, den Circle Jerks oder The Exploited hinterließen eine Schneise der Verwüstung entlang der amerikanischen Westküste. Drei zwischen 1985 und 1989 veröffentlichte Alben ragten wie schroffe Granitfelsen aus dem stürmischen Ozean des Hardcore und wirkten prägend für eine ganze Generation. Aber all das lag fast 25 Jahre zurück, eine verblassende Erinnerung an eine glorreiche Vergangenheit.

Bis Neider in einer unscheinbaren Kiste eine Entdeckung machte, die diese Erinnerungen plötzlich wieder sehr lebendig werden ließ. Unter einem Stapel leerer Bierdosen kamen ein paar mysteriöse Tonbänder zum Vorschein, die zunächst einmal fachmännisch im Backofen getrocknet werden mussten, um überhaupt noch abspielbar zu sein. Wie sich herausstellte, handelte es sich um bislang unveröffentlichte Aufnahmen einer frühen BL’AST!-Session, an der unter anderem der heutige Alice-In-Chains-Sänger William Duval mitwirkte. Dabei waren einige großartige Songs entstanden, aber irgendwie hatte man die Bänder damals eben in eine Kiste gepackt und dann vergessen. Es waren wilde Zeiten, die nicht im Tonstudio verplempert werden wollten.

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Schnell erreichte die Kunde von dem spektakulären Fund auch Dave Grohl, seines Zeichens ein fanatischer BL’AST!-Fan seit Jugendzeiten. Er bot umgehend an, die Bänder bei ihm abzumischen und, genau, „bei ihm“ hieß in diesem Fall auf dem legendären Neve-Mischpult aus den ehemaligen Sound City Studios, über dessen Geschichte der Meister selbst erst kürzlich einen sehenswerten Dokumentarfilm gedreht hat. Einige nicht ganz unbedeutende Platten, etwa Nirvanas Nevermind, haben diesem Pult soundtechnisch eine Menge zu verdanken. Grohl jagte die BL’AST!-Tapes durch seine analoge Höllenmaschine und das Ergebnis ist BLOOD!, ein von allen Kompromittierungen der letzen Jahrzehnte unberührtes Meisterwerk, das heute zeitgemäßer klingt als je zuvor.

Als wären das noch nicht genug gute Nachrichten, haben BL’AST kürzlich bekannt gegeben, dass Nick Oliveri ab sofort ein festes Mitglied ist und die Band auf der anstehenden Reunion-Tour verstärken wird. Das ist derselbe Nick Oliveri, der früher bei den Queens of the Stone Age wie eine unkontrolliert abgefeuerte Kurzstreckenrakete über die Bühne schoss und sich auch ganz gerne mal mit einem SWAT-Team anlegte. Er ist darüber hinaus auch ein absolutes Ungeheuer am Bass. Zusammen mit Grohls Mischpult und BL’AST!s unverfälschter Energie der goldenen Ära klingt das nach einer unwahrscheinlich glücklichen, vielleicht sogar einmaligen Konstellation, also ungefähr so etwas wie eine totale Sonnenfinsternis im Hardcore-Universum.

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Bis es so weit ist, haben wir Dave und Clifford von BL’AST schon mal ein paar Fragen gestellt. Sie erwiesen sich nicht nur als überraschend auskunftsfreudig, sondern haben uns auch gleich noch ein hübsches Teaser-Video mitgeschickt, das wir euch an dieser Stelle exklusiv präsentieren dürfen.

Noisey: Hi! Danke für BLOOD! Wir haben ja nur 25 Jahre gewartet. Was habt ihr eigentlich die ganze Zeit über gemacht?
Dave: Naja, in den 90ern waren wir nicht besonders aktiv. Ich hatte auf jeden Fall viel Zeit für meine Familie. Später war ich in verschiedenen Bands, unter anderem bei L.A.B., Fu Manchu und Gusto. Nebenbei betreibe ich noch einen kleinen Merch-Versand, um all unsere Freunde mit BL’AST-Shirts auszustatten.
Clifford: Ich habe bei Spaceboy und Gargantula gespielt. Zur Zeit habe ich noch ein kleines Projekt namens Dusted Angel. Aber eigentlich habe ich den Großteil der letzten 25 Jahre damit verbracht, zu surfen, abzuhängen und das Leben zu genießen.

Die Aufnahmen zu BLOOD! sind Mitte der 80er Jahre entstanden. Welche Erinnerungen habt ihr an diese Zeit?
Dave: In den 80ern liefen die Dinge ein wenig anders. Das Internet hat heute dazu geführt, dass sich jeder seine musikalische Nische suchen kann, aber damit ist auch etwas von dem Überraschungsmoment verschwunden. Die Leute gehen eher auf Nummer sicher. Wir wollten nie nur eine bestimmte Szene bedienen, sondern einfach harte und kompromisslose Songs schreiben. Damit sprachen wir die verschiedensten Leute an, das fanden wir super. Zu unseren Shows kamen Gangmitglieder, Metalheads, Punks, Rocktypen etc…es endete oft in völligem Chaos, aber wir liebten es und zogen viel Energie daraus. Es passte damals einfach alles.
Clifford: Es war eine irre Zeit…man konnte auf so viele großartige Konzerte gehen und die Leute dort waren völlig außer Kontrolle. Wir haben die krassesten Sachen erlebt, aber nirgendwo war es härter als in einem Laden namens Fender’s Ballroom in Long Beach. Wir Das war quasi ein Kriegsgebiet. Zu unseren Shows kamen verschiedene Punk-Gangs, die nicht immer gut aufeinander zu sprechen waren. Einmal spielten wir dort mit The Exploited, und direkt vor unseren Augen rammte ein etwas geisteskranker Typ einem Rastafari ein Messer in die Brust. Wir haben ziemlich oft dort gespielt und legendäre Abende verbracht…gut, es war immer auch ein wenig unheimlich, aber insgesamt einfach eine unglaubliche Zeit!

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Was haltet ihr davon, wie sich Hardcore in eurer Abwesenheit entwickelt hat?
Dave: Ach, ich denke das geht schon in Ordnung. Klar, diese Pop-Invasion war zu einem gewissen Zeitpunkt natürlich grauenhaft. Aber heute gibt es wieder ein paar gute Bands, die richtig harte Musik machen. Wahrscheinlich versteht jeder unter „Hardcore“ etwas anderes. Eine Band, die immer alles gibt und sich einen Dreck um andere schert, ist ja immer irgendwie Hardcore, äh…naja…haha.
Clifford: Nails finde ich ziemlich gut. Dillinger Escape Plan und Converge sehe ich in der Tradition dieses eher eher technischen Hardcores, den wir damals erfunden haben.

Ihr habt das Album auf Dave Grohls berühmten Neve-Pult gemischt. Man sagt ja, da würden noch die Geister der großen Musikern vergangener Tage herumspuken?
Dave: Haha, klar. Wenn ich mit dem Pult alleine war, haben manchmal die Stimmen von Kurt Cobain und Johnny Cash mit mir gesprochen. Zuerst hatte ich Schiss, aber sie haben mir eine Menge offener Fragen beantwortet.
Clifford: Durch dieses Pult sind über die Jahrzehnte so viele unglaubliche Sounds geflossen. Es macht einen einfach stolz, ein Teil davon zu sein. Nach den Aufnahmen habe ich mir den großartigen Sound-City-Film angesehen und bin fast durchgedreht. Ich dachte die ganze Zeit Sachen wie: „Wow! Stevie Nicks sitzt in dem gleiche Stuhl, in dem ich vor zwei Tagen auch noch saß!“. Es war ein einziger Trip.
Dave: Die ganze Erfahrung war großartig, als wir unseren Sound zum ersten Mal aus diesem Pult hörten, hat uns das völlig umgehauen. Wir kannten das Studio vorher nicht und waren sehr beeindruckt von dem, was Dave sich da aufgebaut hat. Er bringt so viel Leidenschaft und Talent mit, aber vor allem war es einfach sehr lustig, mit ihm zu arbeiten.

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Wie kam eigentlich Nick Oliveri zur Band? Wir lieben ihn, aber irgendwie macht er uns auch immer ein wenig Angst…
Dave: (lacht sich kaputt) Ja, wir waren schon immer ein Fan von Nick…und er auch von uns. Als wir ihn das erste Mal trafen, meinte er nur so: „Scheiße, in meinem Wohnzimmer hängt seit Ewigkeiten ein Poster von euch!“
Clifford: Irgendwann spielten Mondo Generator eine Show in einem Club in Santa Cruz, wo ich manchmal an der Bar arbeite. Ich erzählte Nick von unserer neuen Platte und der geplanten Tour, und er fragte mich, wer unser Bassist wäre. Ich sagte: „Keine Ahnung, wie wär’s mit dir?“, und er war sofort dabei.
Dave: Cliff rief mich nach der Show an und sagte, dass er die ideale Besetzung gefunden hätte. In der Tat.
Clifford: Und ja, uns macht der Typ auch manchmal Angst. Aber das ist bei uns Voraussetzung, wenn man Teil der Band werden will. Von daher passt er perfekt zu uns.

Bl'ast!s neues altes Album Blood ist bei Southern Lord erschienen. Ihr könnt es hier kaufen.

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