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Das meistgecoverte Albumcover aller Zeiten

Kein Albumcover wurde so oft gecovert wie das zu London Calling von The Clash. Was die wenigsten wissen: Das Design ist auch nur geklaut

Manchmal wird etwas so erfolgreich kopiert, dass niemand mehr das Original auf dem Schirm hat. Ihr wollt ein Beispiel? Könnt ihr haben. Das abgebildete Albumcover zu London Calling von The Clash sollte jeder halbwegs musikalisch sozialisierte Mensch schon mal irgendwo gesehen haben. Das kann vom eigentlichen Album bis hin zum Aufdruck auf einem Retro-Shirt in einem Klamottenladen reichen. Sollte dir dieses Bild tatsächlich gänzlich unbekannt sein, hast du hier die Möglichkeit eine Bildungslücke schnellstmöglichst zu schließen. Was jedoch die wenigsten wissen, ist die Tatsache, dass The Clash das Design nicht selbst entworfen haben. Das Foto stammt zwar von ihnen, aber das Gesamtkonzept wurde von niemand geringerem als dem King himself, Elvis Presley abgeguckt. Doch nicht nur die britischen Punk-Rebellen haben dieses Artwork kopiert, sondern auch zahlreiche andere Künstler. Das reicht vom damaligen Rock'n'Roll bis hin zur aktuellen Elektromucke von Egotronic. Nachfolgend findet ihr diese Alben und die jeweiligen Geschichten dazu.

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Elvis Presley - Elvis Presley

Mit diesem Album begann eine der größten Karrieren der Rock- und Popkultur. Das Debütalbum des King erschien 1956, sorgte für mächtig Wirbel und stieg als erstes Rock'n'Roll-Album überhaupt bis auf Platz Eins der amerikanischen Charts. Damit wurde die goldene Ära von hüftewackelnden Koteletten und kreischenden Petticoats eingeläutet.

The Clash – London Calling

Jedes Musikerherz ist entzückt über diese unvergleichliche Rock'n'Roll-Pose von Sänger und Bassist Paul Simonon. Selbige werden sich aber auch mit einem weinenden Auge fragen, ob der teure Fender-Bass das überlebt hat? Eigentlich sollte das Bild nie an die Öffentlichkeit gelangen, da die Fotografin Pennie Smith es überhaupt nicht cool fand, mit einem unscharfen und schlecht fokussierten Bild in Verbindung gebracht zu werden. Letztlich dürfte sie aber froh sein, dass der Band ihre Meinung herzlich egal war. Sie packten es auf ihr Legenden-Album London Calling und wurden damit so berühmt, dass die meisten nicht mal wissen, dass das Design nur geklaut ist. 2002 hat dann auch die gute Pennie Smith endgültig den Beweis bekommen, dass der Begriff „scharf" bei einem Foto nicht unbedingt mit der technischen Ausführung zu tun haben muss. Da wurde das Bild nämlich von der Zeitschrift Q mit dem Preis „Beste Rock'n'Roll-Fotografie aller Zeiten" ausgezeichnet.

Big Audio Dynamite – F-Punk

Wie lässt sich eine rotzige Punk-Attitüde in einem Albumtitel noch steigern? Ganz klar, indem man das böse „F"-Wort voranstellt. Aber Moment mal: Big Audio Dynamite sind gar keine Punkband! Die Gruppe verwurstete zwar so ziemlich alle Genres von Dance, HipHop, Reggae, Funk und auch ein bisschen Punkrock… aber eine Verbindung gibt es dennoch: Big Audio Dynamite wurde vom ehemaligen The Clash-Sänger und Gitarristen Mick Jones gegründet. Vielleicht hatte der auch einfach keinen Bock mehr auf seinen alten Kram, und der 1995 erschienene zweideutige Titel ist gar nicht Über- sondern Anti-Punk. Unter der Annahme hat es sich super angeboten, gleich DAS klassische Coverdesign der Rebellengeneration draufzupacken. Dirty white Boys forever!

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Tom Waits – Rain Dogs

In New York irren nach jedem stärkeren Regenschauer eine Menge Hunde auf den Straßen umher. Der Grund: Durch die Schauer werden ihre Markierungen weggewaschen, und sie finden sich nicht mehr zurecht. Tom Waits hat das Hundeproblem auf die Menschheit übertragen. Also nicht das mit den Markierungen, sondern die Vorstellung, dass die Welt ein Weg wäre, und wie wir damit umgehen, wenn plötzlich die vertraute Umgebung verschwindet. Was passt als Metapher für Heimatlosigkeit besser, als ein Seefahrer, der auf der Reeperbahn bei einer Prostituierten vor Anker geht? Genau dieses Bild ziert das Albumcover von Rain Dogs. Nachdem Tom Waits mal äußerte, dass Elvis nicht alle gebrochenen Herzen auf der Welt reparieren könne, kann man nur wünschen, dass dieser Matrose in seinem Heimathafen kein Mädchen hatte. Würde diese Tom Waits hören, könnte ein Schnappschuss ihres Freundes mächtig Stress verursacht haben.

Mad Sin - Distorted Dimensions

Das Album der Berliner Psychobilly-Veteranen um den unverkennbaren Frontmann Köfte wurde 1990 veröffentlicht. Vielleicht hat die Band ein Faible für den King, da sie auf Konzerten auch eine Zeitlang einen aufdringlichen Elvis-Imitator im Gepäck hatten. Auch frisurtechnisch treiben Mad Sin den Elvis-Style schon seit jeher auf die Spitz… pardon, Tolle. Insofern ist das Cover vom Cover auch nur eine völlig logische und konsequente Angelegenheit.

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k.d. Lang – Reintarnation

Kathryn Dawn Lang, wie sie in voller Länge heißt, sorgte 1990 für einigen Wirbel im konservativen Lager, als sie sich als eine der ersten Pop-Musikerinnen offen zu ihrer lesbischen Lebensweise bekannte. In der Gegenwart ist das glücklicherweise kein Tabubruch mehr, und k.d. Lang steht wieder wegen ihrer Musik in der Öffentlichkeit. So auch 2006, als sie mit Reintarnation ein Compilation-Album veröffentlichte. Warum sie dafür das Design von Elvis verwendete? Die Gute k.d. ist auch in der Country-Musik zuhause. Zudem findet sie, dass der King auf der Bühne „pure Liebe in seinen Augen hatte", und „eine vollkommene, androgyne Schönheit war". Wenn das kein Kompliment ist!

Chumbawamba - Tony Blair

Was der ehemalige britische Premierminister auf diesem Cover macht? Chumbawamba haben ihrem Landsmann auf diesem Bild eine Gitarre in die Hand gedrückt, und ihm einen eigenen Song gewidmet. Kostprobe aus dem Chorus gefällig? „Tony, you promised me you'd be good to me. You said that you'd come back for me someday. But Tony now you date all the girls that you used to hate. So I don't believe a single word you say." Das fanden einige Leute gar nicht witzig, und prompt wurden alle gelagerten Exemplare der Single konfisziert. Aber hey – Mr. Blair, Sie sollten sich geehrt fühlen, einmal im Leben als Rockstar abgebildet zu werden.

Egotronic - Egotronic

Das Vorbild von The Clash zertrümmert einen Bass, bei Egotronic ist es auf dem gleichnamigen Album aus dem Jahr 2008 ein Synthie-Keyboard. Damit ist Genosse Torsun aber in mächtig große Punk-Fußstapfen getreten. Ob das Design als fixe Idee nach einer Nase Keta entstand, oder ob da eine tiefere Verbindung zum Original besteht, bleibt wohl im Nebel der Geschichte verborgen.

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