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Interviews

„Wir sehen eben auch aus wie schwule Bären“—The 2 Bears im Interview

Afrikanische Einflüsse, Retro-Besinnungen und ein nackter Seth Rogen – Im Interview mit den 2 Bears.

Alle Fotos: © Gergana Petrova

„Du wirst zwei Bären treffen. Die machen so Retro-Musik. So 80er Disco.“

Umgehend spielten sich in meinem Kopf verklärte Szenen eines bezaubernden Berliner Märchens ab—und ich wurde nicht enttäuscht. An einem sonnigen Herbsttag traf ich Joe Goddard und Raf Rundell, besser bekannt als das Londoner Electro-Duo The 2 Bears. Mit Ingwerlimonade und Ramen Soup in den Tatzen unterhielten wir uns über Ofenkartoffeln, afrikanische Einflüsse, Retro-Besinnungen und den nackten Seth Rogen.

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Ihr neues Album The Night Is Young erscheint am 10. Oktober. Das Video zur ersten Singleauskopplung „Angel (Touch Me)“ könnt ihr euch bereits hier ansehen:

Noisey: Warum nennt ihr euch selbst die „zwei Bären“?
Joe: Der Name wurde uns eigentlich von einem Freund gegeben, von Stephen Bass, Gründer von mushi mushi records. Er fand, dass dies der perfekte Name für uns wäre. Ursprünglich wären wir ja The 3 Bears gewesen, aber der dritte Bär Joe Mount (Metronomy) war vor etwa sechs Jahren, als wir beschlossen uns zu formieren, zu beschäftigt damit, ein Popstar zu sein. Aber der Name passt auch insofern gut, weil ich bereits seit ich seit meinen Teenagerjahren immer mit einem großen, gutmütigen Bären verglichen wurde.

Wusstet ihr, dass es in der Schwulenszene eine „Bear-Loving-Community“ gibt?
Ja, das ist uns bekannt. Wir sehen eben auch aus wie schwule Bären.

Seth Rogen ist einer der Ikonen der Szene und wird mit Vorliebe nackt gemalt. Wäre das auch was für euch?
Raf: Ist Seth Rogen nicht schon sowas wie ein Pin-Up? Ich würde es lieben, wenn man uns auch malen würde! Kann man da was für dieses Feature arrangieren, statt der Fotos? Vielleicht nicht unbedingt nackt… obwohl, wenn das die Voraussetzung ist, dann werde ich mich nicht dagegen wehren!

„The 2 Bears are finally coming out of the closet.“

Eure Musik klingt schon sehr Retro. Benutzt ihr denn auch alte Aufnahmetechniken?
Joe: Ich benutze moderne Software, moderne Synthesizer. Wir nehmen aber auch Bezug auf die ganze Technik der House-Musik der 90er, es klingt eben auch danach. Ich denke, dass du die Musik, mit der du aufgewachsen bist, verinnerlichst—ich kann mich also dem Einfluss der 80er und 90er nicht entziehen. Wir versuchen aber, diesen Einfluss mit modernen Techniken zu kombinieren. Ich mag es nicht, wenn die Musik von damals einfach nur kopiert wird.

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Denkt ihr, dass der aktuelle Retro-Trend einen Rückschritt in der Innovation moderner elektronischer Musik bedeutet?
Menschen sind in vielerlei Hinsicht besessen mit der Vergangenheit. Simon Reynolds hat da ein Buch darüber geschrieben—„Retromania“—über die aktuelle Faszination mit der Vergangenheit. Ich denke aber, dass es schon auch viele Innovationen gibt, viele Electro-Musiker produzieren sehr neue, frische Sounds.
Raf: Man muss auch bedenken, dass die erste House-Musik bereits auf die 80er zurückgeht. Das sind mittlerweile auch schon 30 Jahre, House ist daher schon ein etabliertes Genre wie etwa Rock’n’Roll oder Jazz. Ich glaube, dass es sehr schwer ist, etwas wirklich komplett Neues zu schaffen. Wie Joe aber schon gesagt hat, es ist nie gut, wenn Menschen beinahe manisch vergangenen Zeiten nachhängen. Wir versuchen, uns selbst über Musik, die wir lieben, auszudrücken.

Wohin wollt ihr mit The 2 Bears? Hat das Projekt ein Ziel?
Joe: Wir haben uns keine konkreten Ziele gesetzt. Momentan genießen wir unsere Liveauftritte als das, was sie sind—davor waren wir bloß DJs. Wir wollen uns aber in jeder Hinsicht weiterentwickeln, haben aber kein konkretes Ziel.
Raf: Einfach noch ein bisschen weitermachen, es noch ein bisschen vermeiden, uns einen richtigen Job suchen zu müssen. Es macht Spaß im Studio zu sein, es macht Spaß in Clubs aufzulegen, und das, obwohl wir es nun doch schon eine ganze Weile machen. Jetzt in die Panorama-Bar im Berliner Berghain für ein dreistündiges Set eingeladen zu werden, das ist ja schon so der Gold-Standard in der House-Szene, das freut uns sehr.

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Joe, du bist ein Teil von Hot Chip. Beeinflusst das auch die Musik, die ihr beiden jetzt macht?
Das beeinflusst, natürlich! Beide Projekte haben unterschiedliche Ansätze, obwohl einiges von den Bears nach Hot Chip klingt. 2 Bears steht aber definitiv unter dem Aspekt der House-Musik, es ist wesentlich clubtauglicher.

Eure erste Singleauskopplung handelt von der Berührung eines Engels, in „Mary Mary“ fragt ihr, was Paradies-Musik ist. Glaubt ihr an Engel und das Paradies? Und wenn ja, wie stellt ihr euch das Paradies vor?
Raf: Mit „Angel“ verweisen wir eigentlich auf einen Film, auf „Der Himmel über Berlin“. Es ist ein großartiger Film von Wim Wenders, in dem Engel über Menschen wachen. Wir mochten den Gedanken, dass immer jemand da ist und dir die Hand auf den Rücken legt wenn du dich einsam fühlst. Die Zeile mit dem Paradies habe ich aus einem Youtube-Interview mit einem kalifornischen Künstler—es spielt gar keine Rolle, ob ich daran glaube, denn er tut es, man glaubt ihm seine Ansichten. Ich kann gar nicht sagen, ob ich ans Paradies glaube—jedenfalls habe ich es bisher wahrscheinlich noch nicht gefunden. Wenn ich es mir vorstelle, dann wäre es zumindest jetzt gerade ein schöner Swimmingpool, in dem ich mir den Hintern plattsitzen kann.
Joe: Ich glaube, dass das Paradies aus den kleinsten Dingen besteht, in etwa zuhause bei der Familie zu sein.

„Ich glaube, dass das Paradies aus den kleinsten Dingen besteht.“

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Ihr schreibt, dass euch bei eurem neuen Album besonders afrikanische Musik inspiriert hat. Wie kam es dazu?
Wir waren eine Weile in Südafrika und haben dort mit hiesigen Musikern zusammengearbeitet. Die Menschen waren so freundlich und offen zu uns, es war eine überwältigende Erfahrung. Für „Son Of the Sun“ haben wir mit einem jungen Zulu namens Sbusiso zusammengearbeitet. Wir wussten davor nicht, was er singen würde—aber seine Stimme, seine Worte haben dann so perfekt zum Beat, so perfekt zum Album gepasst und wir haben alles in einem Take aufgenommen, das war Wahnsinn.

Afrikanische Musik hat in Europa relativ wenig Bedeutung. Neben Reggae und ein bisschen Dancehall etabliert sich hier kaum etwas. Woran denkt ihr liegt das?
Die Wurzeln von sehr vielen unterschiedlichen Musikrichtungen liegen ja eigentlich in afrikanischer Musik, beispielsweise von Jazz oder Soul. Es stimmt, dass es im Westen eher eine kleine, trendige Szene ist. Ich schätze, dass im Westen eher simple Melodien bevorzugt werden, alles eher Richtung Pop. Afrikanische Musik hat hingegen diese dumpfen Bässe, Stammesrhythmen und eingängige Beats, das ist sehr unterschiedlich und wahrscheinlich einfach zu weit weg von dem, was sich Menschen hier unter eingängiger Musik erwarten.

Auf eurem Track „Money Man“ featured ihr einen weiteren afrikanischen Künstler. Könnte durch solche Fusionen die Integration von afrikanischer Musik vorangetrieben werden?
Raf: Das könnte durchaus sein, ja. Obwohl ich eigentlich auch das Gefühl habe, dass zumindest in UK die Dancehall-Bewegung durchaus groß ist, besonders weil wir eine große karibische Community haben. In London fühlt sich Dancehall und Reggae daher auch sehr natürlich an, weil es eben schon lange Teil unserer Kultur ist.

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Gibt es noch andere Kulturen, die ihr gerne entdecken würdet?
Joe: Ja, am liebsten einmal rund um die Welt. Das ist das Tolle an unserem Job, wir bekommen so viele Gelegenheit alles zu sehen. Neugierig bin ich momentan besonders auf Südamerika, Indien und Asien.
Raf: Ich weiß noch nicht allzu viel darüber, aber ich bin sehr von der polynesischen Kultur fasziniert. Besonders die Musik dort, die Gongs, die sie schlagen, diese schweren Rhythmen, diese Energie. Das klingt zunächst immer so, als wäre es unmelodisch und dann passt es auf scheinbar magische Weise doch. Aber ich bin mir sicher, dass es keine Magie ist, sondern wahrscheinlich simple Mathematik.

Gibt es Künstler, mit denen ihr gerne zusammenarbeiten würdet?
Raf: Das ist schwierig, da gibt es so viele… aber definitiv Prince, Andre3000 und Beck.

Umgekehrt gefragt: Mit wem würdet ihr niemals zusammenarbeiten wollen?
Raf: Eine noch schwierigere Frage.
Joe: Oh, definitiv Brian Harvey! Das ist der ehemalige Sänger einer britischen Boyband namens East17. Neben fragwürdiger Musik hat er es Jahre später geschafft, während dem Autofahren kotzend aus seinem Auto zu fallen und sich dabei irgendwie selbst zu überfahren.
Raf: Ja genau! Und seine Erklärung dazu war, dass er Ofenkartoffeln gegessen hat und diese derartig genossen hat, dass er drei Stück gegessen hat und ihm deswegen schlecht geworden ist. Eigentlich ziemlich badass.
Joe: Stimmt. Ich nehme alles zurück. Vielleicht ist er genau deswegen Jemand, mit dem wir unbedingt zusammenarbeiten sollten.
Raf: Vielleicht nicht unbedingt an einem Musikprojekt, aber definitiv an einem Lifestyle-Projekt.
Joe: Wir könnten mit ihm einen Rezepte-Blog veröffentlichen, in dem wir die besten Toppings für Ofenkartoffeln zusammenstellen.
Raf: Das ist eine sehr gute Idee.

The Night is Young erscheint am Freitag. Ihr könnt es bei Amazon und iTunes bestellen.

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