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Ein Marketing-Experte hat uns erklärt, warum alle Marken so auf Cro stehen

„Der muss nicht rappen, er könnte auch Sportler sein und es würde trotzdem auf jeden Fall funktionieren.“

Wie in jedem Jahr mit gerader Endzahl findet auch 2016 ein Fußballturnier statt. Weil Deutschland zurzeit nun mal amtierender Weltmeister ist, schauen auch zur Europameisterschaft im nächsten Jahr alle auf die Mannschaft unserer Nachbarn. Umso spannender die Frage, wie denn die Trikots der Spieler aussehen? OK, die Antwort darauf ist eigentlich scheißegal, aber Adidas ließ es sich nicht nehmen, Cro als Präsentator der neuen Shirts zu verpflichten. Jetzt repräsentiert also ein schlaksiger Typ mit einer Pandabären-Maske, auf der ein umgedrehtes Kreuz gemalt ist, so etwas Heiliges wie die deutsche Nationalmannschaft—das war das Zeichen, dass der Panda-Rapper wirklich für alles Werbung machen kann, egal ob Netzanbieter, Fastfoodkette, Modehaus, Krankenversicherung oder eben Sportartikelhersteller. Mit diesem Werbedeal hat sich Cro endgültig zu einer modernen Werbeikone aufgeschwungen und ist der Realisierung des Textes seines Radiohits „Einmal um die Welt“ noch ein großes Stück näher gekommen.

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Zugegeben, das rebellische Kreuz, mit dem er 2011 stolz die Bildschirme eroberte, ist mittlerweile gänzlich im strahlenden Weiß verschwunden, aber trotzdem: Cro und seine ewige Liebe für Mula durch Werbung sind Grund genug, mal bei einem Marketing-Experten nachzufragen, warum der Rapper so gut für so viele verschiedene Konzerne funktioniert. Also haben wir mit Maximilian Wagner, Doktorand am Marketing-Institut der LMU München, darüber gesprochen, wie viel Cro seiner Maske zu verdanken hat, ob das so mit Sido auch möglich gewesen wäre, was für ein Image Cro eigentlich transportiert und ob er mittlerweile selbst völlig losgelöst von seiner Musik funktioniert.

Noisey: Fungiert Cros Panda-Maske als Wiedererkennungsmerkmal?
M. Wagner: Definitiv. Es hat alles mit der Maske angefangen, schon damals gab es einen Hype um dieses Mysterium. Zudem steckt dahinter ja ein relativ attraktiver junger Mann, da ist er einfach der geborene Werbeträger. Und obwohl Cro erst seit vier, fünf Jahren Musik macht, hat er schon sein eigenes MTV Unplugged, was bedeutet, dass der Zuspruch auch von der Musikbranche besteht und da andere Branchen mit aufspringen.

Ist diese Maske nicht der Traum eines jeden Marketing-Strategen, weil kein Symbol mehr etabliert werden muss?
Nein, die Brand bleibt ja das Logo. Die Maske hat also Vor- und Nachteile. Der Pandabär ist ein süßes Tier, gegen das niemand was hat. Auf der anderen Seite ist es sehr generisch. Man wird einen Pandabär viel schwieriger schützen können, deswegen habe ich bei Cro am Anfang immer an WWF denken müssen. Diese Assoziationen hat man ja immer, wenn man was Neues sieht und da ist die Frage, wie man den Leuten erklärt, dass es ausgerechnet eine Pandamaske sein musste.

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Die Frage ist ja auch, ob er irgendwann regelmäßig demaskiert auftritt. Sido tritt ja nicht mehr mit Maske auf, wird das bei Cro auch so sein? Damit wäre das Mysterium weg, aber ich glaube, dass es immer noch funktionieren würde. Die Maske ist nicht der alleinige Trigger für den Erfolg. Es ist ein guter erster Anhaltspunkt, um neugierig zu machen und sich Cro besser zu merken. Aber mittlerweile ist er schon über die bloße Reduzierung auf die Maske hinaus. Er wäre auch demaskiert interessant.

Wäre das Gleiche nicht damals auch mit Sido und seiner Maske denkbar gewesen?
Bei Sido wäre das nicht so möglich gewesen. Die Panda-Maske war aber eher ein Gag, vielleicht eine Hommage an Sido. Diesmal eben kein Totenkopf, sondern ein Panda als zweites Ego, mit dem man sich auch leichter identifizieren kann. Das war neu, hatte was Nettes und Fröhliches, somit passte der Panda auch besser zu Cros Musik. Er bedient sowohl normalen HipHop als auch etwas poppigere Musik, wodurch er vor allem bei jüngeren Damen gehypt, als auch bei älteren Jungen beliebt ist. Bei Sido war es hingegen auch mit der Musik ganz klar auf das Gangsta-Ghetto-Image abgezielt. Dazu hat die Totenkopf-Maske komplett gepasst.

Aber ist die Musik denn noch so entscheidend? Funktioniert Cro als eigener Charakter nicht auch losgelöst davon?
Mittlerweile schon. In der Zielgruppe zwischen 11 und 30, 35 würde er auch gut alleine funktionieren. Er müsste nicht zwangsläufig noch Musik machen. Er hat sich bereits derart ein Image etabliert, dass er für eine Identifikation in dieser Bevölkerungsgruppe sorgt oder eben nur der junge dynamische Kerl ist, den man für Werbezwecke nutzen kann. Der muss nicht rappen, er könnte auch Sportler sein und es würde trotzdem auf jeden Fall funktionieren. Meine Eltern kennen ihn beispielsweise nicht als Rapper, aber selbst da funktioniert er als Werbefigur.

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Wofür steht Cro eigentlich? Damals wurde er ja mit seinen entspannten, hedonistischen Tracks wie „Easy“ bekannt, aber wollen die Firmen immer noch genau dieses Lebensgefühl abgreifen, um ihre Zielgruppe zu erreichen?
Ein gewisses Maß an Unbeschwertheit wird da immer mitschwingen, weil man immer an „Easy“ denkt. Auf der anderen Seite sind die Texte—wie bei allen Rapper nach ein paar Jahren—nachdenklicher geworden. Deswegen ist da schon ein Hang zum Erwachsenwerden da. Aber das Jungsein spiegelt noch immer den Hauptteil seines Images wieder. Die Musik ist locker-flockig, er als Typ auch, deswegen besteht zwischen seinen Inhalten und seinem Auftreten eine Kongruenz. Davon lebt er ja. Wenn das nicht so wäre, würdest du Widersprüche beim Konsumenten erzeugen. Daher muss das noch immer mitschwingen.

Du hast gesagt, dass Cro vor allem für eine jüngere Zielgruppe interessant ist. Warum aber wählt Adidas dann gerade ihn für die Präsentation des neuen Fußball-Nationelf-Trikots? Fußball ist ja jetzt nicht unbedingt ein junges Thema.
Ich weiß nicht, was Adidas in der eigenen Strategie vor hat, aber oft werden Werbeikonen etabliert, um die Marke längerfristig zu beeinflussen. Vielleicht soll mit dem Aspekt Cro die Marke Adidas ein bisschen verjüngt werden. Oder es ist ein Mehrstufenprogramm—zuerst wird Cro reingeholt, um die jüngeren, weiblichen Teilnehmer anzusprechen und dann baut man darauf eine andere Kampagne auf, man holt zum Beispiel eine junge Nationalspielerin. Damit soll dann bei der Zielgruppe die Connection zu Adidas hergestellt werden. Das wäre ein mögliches Szenario.

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Ich glaube auch nicht, dass Cro bei meiner Zielgruppe—also Männer um die 30 rum—auf Widerspruch stößt. Ich habe nichts gegen Cro, ich mag die Musik. Er ist eben nicht so polarisierend wie Sido. Es gibt Leute, die total auf Sido stehen und es gibt die, die ihn überhaupt nicht mögen. Aber Cro hat ein positiveres Image und eine breite Akzeptanz bei der großen Masse, außer bei den Untergrund-Rappern. Er spricht normales Deutsch, hat keinen argen Battle-Slang, seine Musik ist eben diese Mischung aus Pop und Rap, das alles ist sehr geeignet als Werbeträger, der nicht zu stark polarisiert.

Stimmt, man hätte ja auch Andreas Bourani oder Helene Fischer nehmen können, aber das wäre nicht mehr „cool“ gewesen.
Helene Fischer hat sicher auch viele Fans, aber würden sich die Samstags-Bundesliga-Zuschauer von Helene Fischer ein Bundesliga-Trikot gestalten lassen? Würde ich eher verneinen. Aber wenn da die Musik von Cro im Hintergrund dudelt und man sich wenigstens einigermaßen mit ihm identifiziert, passt das.

Hängt Cros Werbeerfolg auch damit zusammen, dass Deutschrap gerade so groß ist?
Es ist wieder fast wie in den Neunzigern. Mittlerweile ist Rap aber mehr akzeptiert und wenn ich Adidas wäre, würde ich mir auch jemanden aus der Richtung holen. Natürlich ist das eine gute Gelegenheit, damals wäre das mit den Fanta 4 nicht möglich gewesen—so wie die rumgesprungen sind. Cro funktioniert ja auch wesentlich digitaler, durch soziale Medien.

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