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You Need to Hear This

Rapper in Castingshows

Warum tun sich verdiente Rapper den Privatfernsehen-Todesmarsch namens Castingshow an? Verdammt gute Frage. Wir geben die Antworten.

Über Castingshows ist eigentlich schon alles geschrieben worden. Aus dem Traum, ein Star zu werden, werden die Teilnehmer unsanft durch die Casting-Hölle „Vorsingen-Recall-Coaching-Mottoshow-DAS GROSSE FINALE“ gerissen. Am Ende dieses Privat-TV-Todesmarsches wartet ein Knebelvertrag, der die „Superstars“ erst über den Echo-Teppich, dann zu Autogrammstunden in die Elektrofachgeschäfte dieses Landes und schließlich in den Dschungel Australiens scheucht. So läuft das, letzten Endes geht es immer um die Quote, der Mensch dahinter interessiert nicht.

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Es sei denn, er ist Teil der Jury—deren Mitglieder sind besonders entscheidend für die Zuschauerzahlen, denn an deren Lippen hängen nicht nur die Teilnehmer, sondern auch das ganze TV-Publikum. Die Juroren selbst nutzen dieses Scheinwerferlicht, um sich als hart, witzig, verständnisvoll, mitfühlend oder alles in einem zu geben. Im Klartext heißt das: Die Sender wollen, dass die Jury das Publikum unterhält, und die Juroren wollen sich dabei selbst promoten.

Auffällig ist, dass in der letzten Zeit immer mehr Rapper in Castingshows sitzen, was Sinn macht, denn Rapper können viel Stuss erzählen, wenn sie nur wollen. Außerdem ist Rap momentan so groß wie nie. Wir haben fünf Rapper herausgesucht, die in Casting-Jurys saßen oder noch sitzen und evaluiert, was sie dort eigentlich machen.

Kay One bei Deutschland sucht den Superstar

Warum sitzt er da?

Kennt jemand Beatrice Egli? Nein? Nicht schlimm, dieses Mädel hat nur die letzte Staffel DSDS gewonnen. Gut, hat keiner mitbekommen, weil sowieso niemand mehr DSDS schaut. Das letztjährige Finale verfolgten mickrige 4,63 Millionen Zuschauer, beim ersten Finale 2003 waren es noch 12,8 Millionen. Um aus dem Quotentief herauszukommen, hat RTL unter anderem Kay One in die Jury gesetzt. Der ist quasi die jüngere Rap-Version von Dieter Bohlen, hat immer einen flotten Spruch auf Lager und kann als erfolgreichster Playboyrapper wieder ein bisschen Sex in die Geschichte bringen.

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Was erhofft er sich?

Kay One ist nach Cro der Rapper mit den meisten Fans bei Facebook. Das klingt unglaublich, aber anscheinend gibt es mindestens 1,4 Millionen Teenager und Jugendliche, die ebenfalls auf Style und das Geld abfahren. Die Rechnung bei Kay One ist sehr simpel: Wenn ich es geschafft habe, alle diese Fans nur durch das Internet zu gewinnen, wie viele können es erst werden, wenn ich in einem Prollo-Format wie DSDS auftauche?

Was bringt es ihm wirklich?

Wahrscheinlich ein paar RTL-Exklusiv-Reportagen über sein Verhältnis zu Bushido und das ein oder andere Gerücht zu Liaisons mit GNTM-Kandidatinnen, das er verschmitzt in die Kamera einer Taff-Reporterin weglächeln wird. Außerdem wird er uns beim Perfekten Promidinner endlich seine Ray-Ban-Sonnenbrillensammlung vorstellen können. Ich freu mich drauf.

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Sido bei Die große Chance

Warum sitzt er da?

Weil es Sido ist. Egal, ob man ihn mag oder nicht, aber Sido hat immer seine Meinung gesagt und er kann unterhalten. Vor allem die Österreicher scheinen eine nahezu wollüstige Anziehungskraft für Sidos Berliner Frivolitäten zu haben. Als er vor genau einem Jahr den ORF-Reporter Dominic Heinzl zuerst als „Hurensohn“ beschimpfte und ihn dann mit einer Rechten „niederstreckte“, beendete der ORF mit sofortiger Wirkung die Zusammenarbeit. Doch anscheinend sind die Ösis so geil auf den großmäuligen Piefke, dass sie ihn dieses Jahr schon wieder in die Jury des Österreichischen Pendants zum „Das Supertalent“ setzten, mit der Begründung, dass man gerne eine Versöhnungs-Geschichte mit Sido erzählen wollte. Romantisch.

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Was erhofft er sich?

Wahrscheinlich zahlt der Österreichische Rundfunk einfach verdammt gut. Außerdem hat Sido öfters gesagt, dass er sich aus steuerlichen Gründen vorstellen kann, in die Alpenrepublik zu ziehen. Außerdem kauft man auch in Österreich CDs.

Was bringt es ihm wirklich?

Ich glaube einfach, dass es Sido viel Spaß macht, den derben Berliner unter den Österreichischen Feingeistern in der Jury zu geben. Und a bissl mehr Kohle gibt es auch noch.

Max Herre bei The Voice of Germany

Warum sitzt er da?

The Voice will sich von den anderen Castingshows absetzen, indem man nur auf das Können der Kandidaten setzt. Auf geskriptete Slapstickeinlagen wolle man verzichten. Schöne Idee eigentlich, wenn nur die Juroren nicht so viel Fremdschämpotenzial an den Tag legen würden. The Bosshoss geben die ekligen Frauenaufreißer, der Finne Samu Haber ist noch prätentiöser als Sunrise Avenue, Nena freut sich wie immer einen Wolf und Max Herre? Ja, warum sitzt er da? Vielleicht weil man bei ProSieben dem allgemeinen Irrglauben ausgesetzt wurde, dass Max Herre etwas Gehaltvolles zu sagen hätte?

Was erhofft er sich?

Schwierig zu sagen, was in Max Herre vor sich geht. Vielleicht glaubt er als alter Gutmensch noch an dieses Format, dass es nur um die Musik geht und die klassischen Regeln der Castingshows hier nicht greifen. Damit hat ProSieben/Sat1 wahrscheinlich genau für eine Staffel den würdigen Nachfolger von Xavier Naidoo gefunden.

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Was bringt es ihm wirklich?

Vielleicht kann der Max neben den aufgedrehten Mitjuroren zeigen, dass er doch keine arrogante Mimose ist, wovon er uns bei Roche und Böhmermann mit größter Anstrengung überzeugen wollte.

Nächste Seite: Das Bo und Thomas D

Das Bo bei X-Factor

Warum saß er da?

Weil die X-Factor-Jury sich dachte, dass es jemanden braucht, der das Gelaber von Sarah Connor und Till Brönner aufwiegen müsste. Und dass Das Bo auch zu Fünf Sterne Deluxe-Zeiten immer schon die Rampensau im Raum war, sollte er in dieser Jury voll ausleben können. Es gibt sicherlich schlechtere Entscheidungen, als einen großmäuligen Hamburger Rapper dahin zu setzen.

Was erhoffte er sich?

Na was wohl, Das Bo wieder in die Öffentlichkeit zu bringen, schließlich will die Solokarriere gepusht werden. Ob er das geschafft hat?

Was brachte es ihm wirklich?

In einem Interview mit der Pforzheimer Zeitung erklärte Das Bo: „Wenn man es realistisch sieht, bin ich der größte Gewinner von "X Factor 2011". Weil ich eben von null auf 100 gegangen bin und einer breiten Masse meine Persönlichkeit näher bringen konnte." Ja, so sind sie, diese Rapper: Nüchtern und bescheiden.

Thomas D bei Unser Star für Baku

Warum saß er da?

Die Frage, wer Schland nach Uns-Lena auf der Europäischen Bühne beim Eurovision Songcontest in Aserbaidschan vertreten würde, war von einer solch staatstragenden Wichtigkeit, dass ARD und ProSieben den perfekten Kandidaten für den Posten des Jury-Präsidenten beim Vorentscheid für den ESC brauchten. Was muss dieser mitbringen? Er braucht Entertainer-Qualitäten, etwas Musikverständnis und haufenweise Mutti-Humor. Natürlich fiel da die Wahl auf Thomas D.

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Was erhoffte er sich?

Vielleicht wollte Thomas D endlich mal von seiner Landkommune M.A.R.S. („Moderne Anstalt Rigoroser Spakker“) in der Eifel flüchten, wo er mit seiner Familie und anderen Musikern lebt. Vielleicht versteckt sich bei Thomas D. unter der veganischen Öko-Fassade aber auch ein echter Patriot, der den Erfolg von Lena nochmal toppen wollte.

Was brachte es ihm wirklich?

Ist doch egal, was es ihm brachte. Entscheidend ist, dass am Ende Roman Lob nur einen mickrigen achten Platz rausgeholt hat. Ich finde, Thomas D. sollte daraus Konsequenzen ziehen und nächstes Jahr mit Fanta 4 und einem Medley aus „Die Da“, „Mfg“ und „Troy“ antreten. Damit hätten wir endlich einen würdigen Gegner gegen die Freakshows, die Moldawien oder Litauen jedes Jahr beim ESC antreten lassen.

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