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Die Red Bull Music Academy ist eine utopische Seifenblase

Wir haben mit dem Mitbegründer der Academy, Many Ameri, darüber gesprochen, wie sie zu einer Institution werden konnte—trotz (oder wegen) der Marke im Hintergrund.

Torsten Schmidt & Many Ameri

Seit mittlerweile 16 Jahren betreibt Red Bull die Red Bull Music Academy, die, wenn du ein Musikfan bist, all deine schlechten Wodka-Red Bull-Erlebnisse mit einem Schlag wieder gut macht. Einmal im Jahr finden sich die beiden Gründer der Academy Many Ameri und Torsten Schmidt mit einem Studioteam und 60 knackigen, talentierten Teilnehmern in einer Stadt zusammen, um über Musik zu lernen, sie zu produzieren und zu kollaborieren. Dass die Academy damit ein geradezu einzigartiges Konzept verfolgt und sich eine utopische Seifenblase wie ein Paradies für junge Musiker aufgebaut hat, sind einige der Gründe, warum sie inzwischen zu einer Institution in der Musikwelt geworden ist, ein wahnsinnig gutes Ansehen genießt und Musiker wie Hudson Mohawke, Evian Christ, Flying Lotus oder Nina Kraviz von ihr absolvierten.

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Dieses Jahr findet die Academy zum ersten Mal in Asien statt, in Tokio, und wird von Veranstaltungen, Vorträgen und einigen der besten Musikern der Welt begleitet. Wir haben uns mit Many Ameri, einem der beiden Gründer, zusammengesetzt, um darüber zu sprechen, wie man es als Musiker in die Institution schafft, und um euch das Konzept der RBMA etwas näher zu bringen.

Noisey: Viele kennen die Academy, wissen aber gar nicht, was sie genau macht. Kannst du das nochmal kompakt zusammenfassen?
Many Ameri: Im Kern ist die Academy ein Workshop für Musiker aus allen Herren Länder und verschiedensten musikalischen Hintergründen, die hier aufeinandertreffen, miteinander Musik machen und von Leute lernen, die in den letzten Jahrzehnten Musik geprägt haben. Von Pionieren aller möglichen Musikrichtungen bis hin zu Leuten, die Technologien geschaffen haben, setzen sich hier diverse Leute in unserer sogenannten Lecture Hall auf die Couch und sprechen darüber, wie sie sich musikalisch ausdrücken und was sie im Musikbereich gemacht haben. Neben diesen Lectures gibt es Bedroom Studios, in denen verschiedene Leute miteinander kollaborieren können. Wir haben schon immer acht Studios auf 30 Teilnehmer, das heißt, man ist gezwungen, in komischen Kombinationen in so einem Zimmer zu landen. Daraus entsteht dann ein Austausch, der dann hoffentlich dazu führt, das musikalische Vokabular auszubreiten.

Dia Academy gibt es jetzt seit 16 Jahren und ist über die Jahre eine angesehene Institution in der Musikwelt geworden. Wann hast du gemerkt, dass das so passiert?
Uns ging es von Anfang an darum, das Ganze mit einer gewissen Ernsthaftigkeit zu betreiben. Darum haben wir auch nicht nach irgendwelchen Fantasienamen gesucht, die Mitte der 90er so modisch waren, sondern versucht, etwas zu machen, das ganz klar den Inhalt nach vorne stellt, uns darauf konzentriert, dass der überzeugt, und es so transparent und sauber wie möglich zu machen. Ich glaube, diese Art von Transparenz hat dazu geführt, dass es schließlich zu einer Art Institution geworden ist. Wir unterliegen keinen musikalischen Trends, Bewegungen oder Ähnlichem, sodass wir uns ständig überlegen müssten, was gerade angesagt wäre. Auf eine Art und Weise sind alle Inhalte, so aktuell sie sind, auch zeitlos. Ich glaube, das sind alles Bestandteile davon, eine Institution zu sein: eben nicht etwas besonders Hippes zu machen, sondern mit der Ruhe heranzugehen, eine Geschichte erzählen zu wollen, Leute zusammenbringen und die Dinge ernsthaft betreiben. Deswegen sind wir das geworden, was wir jetzt sind.

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Lecture Hall

Habt ihr das trotz oder wegen der Marke hinter euch geschafft?
Das sind zwei Antworten, die ich dir geben muss. Auf der einen Seite war die Idee der Transparenz dem geschuldet, dass wir klar bezeichnen wollten, dass es eine Red Bull Initiative ist und kein Sponsorship Deal. In dem Fall war es ja umgekehrt, sie kamen auf uns zu und haben gesagt: Wir wollen irgendwas im Musikbereich machen. Es hätte natürlich verschiedene Modelle gegeben. Man hätte die Marke in irgendeiner Form verstecken können, aber wir haben genau das Gegenteil gemacht. Jetzt kann ich nach 16 oder 17 Jahren natürlich gut sagen, dass das aufgehen kann, aber es liegt an dieser Ernsthaftigkeit, mit der sowohl Red Bull als auch wir herangegangen sind.

Der andere Teil ist, wenn du mit einem Projekt, das von einer Marke initiiert ist, in eine Welt kommst, die viele Berührungsängste und Schutzmechanismen eben dafür hat, ist es gerade wichtig, klarzumachen, wer und was das eigentlich ist. Ich glaube sehr stark, dass die Idee, die Inhalte in den Vordergrund zu stellen, zu einem größeren Respekt geführt hat. Man sieht, dass das Programm sehr, sehr gut ist und wir keine Kompromisse machen, was die Qualität angeht. Wenn du das auf dem Level über einen längeren Zeitraum machst, respektieren es die Leute, weil sie wissen, dass Marken normalerweise nicht so operieren. Insofern finde ich das auch eine Stärke des Projekts. Hier hast du viel mehr Möglichkeiten, weil die Leute wissen, dass diese Marke das auf die Beine gestellt hat und das sehr gut macht. Also dreht es sich wieder zu einem Vorteil. Wir haben auch eigentlich keine Künstler, die nicht mit uns zusammenarbeiten wollen, weil wir eine Marke dahinter stehen haben.

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War das mal so?
Nein. Also es ist durchaus so, dass, als wir das Konzept mit verschiedenen Künstlern durchgesprochen haben, sie Fragen gestellt haben, wie „Was passiert damit?“, „Gehört meine Musik dann denen?“, „Wird das Werbung?“, und so weiter und so fort. Aber wir haben über die Jahre einfach immer gezeigt, dass es uns um etwas anderes geht und dementsprechend gibt es dieses Thema bei uns eigentlich nicht.

Ihr arbeitet ja doch mit „Underground“-Künstlern und nicht so kommerziellen Leuten zusammen, da finde ich es eigentlich überraschend, dass dieses Thema nie auf dem Tisch lag…
Es gab diese Oldschool-Leute, die nichts von dem, was sie machen, preisgeben wollten. Eher so: „I came up the hard way“ und „Warum soll ich das anderen leichter machen?“, aber diese Idioten und diese Denke sind sehr schnell verschwunden. Die Leute, die hier letztlich landen, kommen, weil sie ein Interesse daran haben, sich mit jungen Leuten auseinanderzusetzen. Du merkst, dass sie nicht hier sind, um einen Gig zu spielen, sondern um Teil der Academy zu werden. Und dadurch entsteht auch was total Interessantes für die Lecturer.

Ich habe auch das Gefühl, dass alle Leute in der Academy, sowohl Teilnehmer als auch Lecturer, nicht so nostalgisch sind und ihre Arbeitsweise nicht als die einzig wahre ansehen. Ist das ein Kriterium für euch?
Ja, das ist auf jeden Fall ein Kriterium. Wir möchten schon Leute haben, die eine sehr starke musikalische Identität und Vision haben. Aber ein noch wichtigeres Kriterium ist, dass sie sehr interessiert daran sind, was Leute um sie herum machen. Du kannst der beste Musiker der Welt sein, aber wenn du zwei Wochen hier bist und nur in deinen Rechner schaust und mit dem Rest nichts zu tun haben willst, dann ist dieser Platz einfach verschenkt. Das ist eigentlich das, was interessant ist, wenn du hier in den Studios bist. Es gibt mit Sicherheit effizientere Arten, Musik zu produzieren, aber es gibt wahrscheinlich keinen sichereren Ort, an denen du so weit aus dem Bereich herausschwimmen kannst, in dem du dich wohl fühlst als Musiker. Deswegen sind auch die Musikstücke, die dabei herauskommen, die Compilation, die wir mehr oder minder als Jahrbuch herausgeben, eher eine Möglichkeit, festzuhalten, was eigentlich aus den Kombinationen, die im Studio waren, entstanden ist. Es geht nicht darum, die bestmögliche Musik zu präsentieren. Interessant ist doch eigentlich, dass Just Blaze im Studio ist und anstatt Jay Z zu produzieren, einen Acid House Track macht.

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Die Bewerberzahlen sind dieses Jahr explodiert. Sind eure Auswahlmechanismen so komplex und geheim wie Google Algorithmen oder kannst du verraten, wann ein Bewerber gute Chancen hat?
Nein, das ist überhaupt nicht geheim. Es ist nur schwer, es in Worte zu fassen. Es gibt keine Formel oder ein Rezept. Wichtig bei der Bewerbung ist einfach, sehr offen und ehrlich zu sein. Wir haben Teilnehmer, die in der Blogosphäre schon sehr erfolgreich oder gar Stars sind, aber auch welche, die niemand kennt, die aber genauso tolle Musik machen. Erfolg spielt für uns keine Rolle. Auf einer sehr menschlichen Ebene muss einem möglich sein, sich auszutauschen. Und du musst in der Lage sein, das in diesem Fragbogen auszudrücken. Wichtig ist auch, sich selbst gut einschätzen zu können. Viele der Fragen drehen sich darum: Beurteile dich in der Sache. Wo stehst du im musikalischen Universum? Male uns ein Bild. Das ist zum Teil so Borderline, sich selbst damit auseinanderzusetzen und es aufs Papier zu bringen. Man muss das ja immer noch mit einem Stift und einem Stück Papier machen und per Post zu uns schicken. Wir machen es ja wirklich schwer für Leute. Nicht die Fragen, aber der Prozess.

Ein zufällig ausgewählter Song eines Teilnehmers der diesjährigen Academy (den wir lieben).

In der letzten Runde sind normalerweise 150 bis 200 Leute von den 6000 Bewerbern und von dort ab könnte eigentlich jeder dabei sein. Dann geht es darum, wie wir die rundesten Gruppen zusammenbekommen, was verschiedene Hintergründe angeht, verschiedene Instrumente, die sie spielen. Wir gucken, wie so eine Gruppe zusammengesetzt sein muss, dass ein Jam, der hier um drei Uhr morgens passiert, auch in einem Song endet. Das ist eigentlich der komplizierte Teil und dort fallen Leute heraus, die eigentlich sehr gut sind. Die werden es auch nie erfahren, dass sie bei den letzten Leuten dabei waren. Wir haben 30 Leute, die sich durch diese Bewerbungen arbeiten. Jede Bewerbung wird von zwei unterschiedlichen Leuten bearbeitet, das ist unheimlich viel Arbeit. Bei der letzten Runde stehen dann wirklich zehn Leute drei bis vier Wochen in einem Raum und schreien sich an, warum der dabei sein soll oder der andere. Das ist wirklich intensiv.

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Bewerben sich denn auch größere Namen?
Ja. Und das ist dann auch kein Problem, sie zu nehmen oder sie nicht zu nehmen. Wir hatten schon Künstler in den Teilnehmern, die zwei Grammys hatten. Das ist auch der Witz an der Sache. Da sitzt eben Just Blaze auf dem Boden und verkabelt etwas, während Kerri Chandler irgendwelche Kartons herumträgt und Richie Hawtin um die Ecke kommt und dir hilft, eine Glühbirne anzubringen. Auf der Ebene ist es wichtig, dass wer du bist, keine Rolle spielt, wenn du aus der Erfahrung etwas herausnehmen möchtest. Wir haben hier eine Art utopische Seifenblase geschaffen, in der es sicher ist, sich auszutauschen. Aber die Eintrittsbedingung ist, dass du dein Ego mal vergessen musst, damit du was aus der Erfahrung mitnehmen kannst.

Eigentlich treffen ja, wenn Musiker zusammenkommen, ziemlich viele Egos aufeinander. Aber hier scheinen das alle an der Tür zu lassen.
Das hoffen wir. Der eine Teil ist, du suchst dir Leute raus, von denen du glaubst, dass sie das können, und der andere Teil ist, eben das vorzuleben. Wenn Leute wie Carl Craig ganz normal arbeiten und ihren Kram aufräumen, dann bringt das sofort ein Level rein. Auf diese Art kann man sehen, wie menschlich das alles läuft und wie egal es ist, wie erfolgreich Leute sind. Auch auf der Couch sitzt immer jemand, der in einen Raum von 30 Teilnehmern blickt, von denen zehn denken, dass er Gott ist, zehn ungefähr wissen, dass er was mit Musik zu tun hat, und die anderen zehn noch nie von ihm gehört haben. Die einzige Chance, wie du in einer Gruppe von so unterschiedlichen Leuten eine Verbindung aufbauen kannst, ist, wenn du diesen ganzen Industry-Scheiß beiseite lässt und sagst: Das bin ich, das läuft in meinem Leben schief und so gehe ich damit in meiner Musik um. Wenn du das auf eine menschliche Ebene bringen kannst, funktionieren die Gespräche plötzlich. Das siehst du in der Lecture, in der Art, wie hier gearbeitet wird, und in den Studios.

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Gibt es einen Teilnehmer, der dir besonders im Gedächtnis geblieben ist?
Sehr viele. Wenn man alleine durch die Teilnehmer geht, die hier in den letzten Tagen wieder aufgetaucht sind, zum Beispiel Dorian Concept. Für mich ist es total schön zu sehen, wie er 2008 in der Academy war, damals schon so talentiert wie heute, und welche verschiedenen Stationen oder Phasen er durchläuft. Das finde ich schon toll, sowas auf einer musikalischen Ebene miterleben zu können. Aber interessanter finde ich in dem Fall noch, mit welcher Inbrunst er mit unseren Teilnehmern arbeitet. Diesen Rollenwandel finde ich sehr schön. Um um Personen abseits der Bühne zu erwähnen: die beiden Leute, die sich um die Teilnehmer kümmern, sind ehemalige japanische Teilnehmer, die tolle Künstler sind. Jetzt wollen sie es den Menschen, die in ihr Heimatland gekommen sind, so gestalten, wie es damals für sie war. Solche Momente sind für mich mindestens genauso wichtig, wie Hudson Mohawke auf der Bühne zu sehen und zu gucken, was aus dem Jungen wurde, der, als wir 2007 fragten „Hier spielt M.I.A., wer spielt eigentlich davor?“ sofort „Hurra, ich“ schrie. Wir sind ja jetzt schon lange dabei, da hat man schon väterliche Gefühle in sich (lacht).

Many Ameri mit den Teilnehmern vor den Bedroom Studios in Tokio Ihr betont immer den genre- und generationsübergreifenden Ansatz in der Academy. Findest du, dass das generell zu kurz kommt in der Musikwelt?
Es wurde in der Industrie immer unwahrscheinlicher, Dingen und Projekten eine Chance zu geben, die sich erst finden müssen und Zeit brauchen. Wenn es eine Begeisterung für einander oder Interesse an einander gibt, gibt es wenige Orte, an denen es okay ist, diesen Dingen Zeit einzuräumen. Ich denke, dass im Generationenübergreifenden sehr viel passiert. Wir hatten am ersten Tag Isao Tomita, der ist 82, japanische Synthesizer-Legende und er hat einfach von seiner Arbeit erzählt und gezeigt, was er so macht. Auf eine Art ist das, was er damals machte, so nah an dem, was ein 15-Jähriger heutzutage macht, wenn er seinen Laptop aufklappt, nur dass er das mit 200-Mann-Orchestern und 300-Mann-Chören und fliegenden Pyramiden und Stevie Wonder in einem Ufo macht. Ich finde es schön, über Generationen hinweg Verbindungen zu sehen, auch was die Einstellung zu Dingen angeht, wie man mit Hindernissen umgeht. Und wenn keiner mit dir spielen will und du als Musiker so ein Outlaw bist, dann machst du das eben einfach alleine. Hier finden sie Freunde vom anderen Ende der Welt. Und es ist doch auch schön, wenn die Freunde dann 60 Jahre älter sind.

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Die Academy kommt ja aus der Clubszene, inzwischen kommen die Teilnehmer aus allen möglichen Genres. War das schon immer so?
Eigentlich schon.

Euer Ausgangspunkt ist aber immer noch elektronische Musik?
Ich glaube, der Ausgangspunkt ist Clubkultur. Wir kamen ja aus einem Clubkultur-Kontext, aber haben schon im ersten Jahr von Northern Soul über Dub, über HipHop, über Techno, über Housemusik alles Mögliche bearbeitet. Die Idee war schon immer, diese Bandbreite zu zeigen. Ich klinge jetzt wie ein Großvater, aber es war eben auch eine Zeit, in der es nicht so einfach war, selbst Musik zu machen. Plötzlich hast du Möglichkeiten, Musik auf deinem Laptop zu machen. Damit war die Nähe zu den Instrumentalisten und den Leuten, die eher Livemusik machen, viel enger. Insofern ist der Schritt, der da passiert ist, keiner, der sich an der Erweiterung um Genres oder der Elektronik orientiert hat, sondern es ist eher anders geworden, wie die Leute miteinander kommunizieren und miteinander Musik machen. Die Art, so schnell miteinander kollaborieren zu können, ist viel einfacher, wenn du auf Produzentenebene miteinander arbeitest. Es wäre sehr komplex, wenn du hier 30 Bands hättest, die ihre eigene Dynamik in der Band vergessen müssten, um mit anderen zu kollaborieren. Das ist das, was diesen Austausch hier beschleunigt, dass alle in irgendeiner Form in elektronischer Form Musik machen.

Glaubst du, dass sich elektronische Musiker sich manchmal zu sehr in ihrem Studio einschließen?
Das gibt es auf jeden Fall sehr stark, aber es gibt auch unheimlich viele, die alle Medien nutzen, um Kontakt mit jemandem am anderen Ende der Welt aufzunehmen. Die sind vielleicht Loner in ihrer Schule, aber auf eine Art in dieser Welt da draußen brutal vernetzt, auch wenn sie alleine in ihrem Zimmerchen sitzen. Es sind auch viele hier dabei, die aus einem richtigen Musikhintergrund kommen, aus irgendwelchen Konservatorien oder aus Bands und keine Lust mehr auf den Weg hatten. Diesen Drang, sich mit Menschen auszutauschen und zusammen Musik zu machen, gibt es sehr stark.

Also denkst du, dass der Austauschdrang über die Jahre gleich stark geblieben ist? Als ihr angefangen habt, war ja noch nicht alles über soziale Medien miteinander vernetzt.
Eben nicht, genau. Im ersten Jahr hatten von den 60 Teilnehmern drei Teilnehmer eine Email-Adresse. Wenn du dir alleine überlegst, was in all den Jahren an Plattformen kamen und gingen, wie wichtig es plötzlich war, dass wir acht Computer in der Lounge haben, damit jemand sein MySpace-Profil aktualisieren konnte. Diese Dinge ändern sich, aber der Drang sich auszutauschen, der war damals da und der ist heute auch da. Der Unterschied ist, dass du damals einfach wenig Zugang zu den Informationen hattest. Das heißt aber nicht, dass nur weil diese Informationen jetzt verfügbar sind, du sie nicht lieber von den Leuten selber erfahren möchtest, die Leute mal treffen, die wirklich da waren, als die Tonnen gebrannt haben und HipHop erfunden wurde.

Aus welcher musikalischen Ecke kommen Torsten und du denn?
Wir sind beide sehr bunt aufgestellt. Ich habe gern HipHop gehört, auch Techno, Drum’n’Bass, Housemusik, wir haben ja lange Veranstaltungen gemacht, und dort wirklich alles querbeet. Daher ist es schwer, das konkret auszumachen. Wir hatten eine Clubnacht in München, Unknown Death hießen wir. Das ist wie Geschichten aus dem Krieg. In den Nächten, die wir dort gemacht haben, waren wir immer daran interessiert, Musik zu zeigen, die du so nicht sehen konntest. Zum Beispiel gab es zehn Leute, die live Drum’n’Bass gespielt haben. Das nächste Mal waren irgendwelche Elektronikfrickler, die Techno gemacht haben. Wir hatten jede Woche komplett unterschiedliches Programm. Torsten ist von uns beiden auf jeden Fall eher der Musikinhalte-Mensch und ich bin eher derjenige, der das Ganze in irgendeiner attraktiven Form verpackt.

Der Rolling Stone hat euch ja in die Liste der „50 most important people in EDM“ aufgenommen.
(lacht) Ja, jedes Jahr sind wir geehrt darüber, in welchen Listen wir aufgenommen werden. EDM vor allem. Wir finden das auch durchaus amüsant.

Es gibt bereits elf Academy-Studios, das zwölfte wird gerade in Berlin gebaut. Was passiert dort?
Oftmals sind das Überbleibsel aus den Academys. Die Idee ist, dass du auf der einen Seite für die Academy-Leute einen Ort schaffst, an dem sie miteinander Musik machen und neue Projekte entwickeln können—wir haben ja über 1500 Absolventen. Darüber hinaus sind die Studios aber auch wichtig für die lokale Szene und ein Ort für lokale Musiker, an dem sie Musik machen können. Die Idee ist nicht, dass du nur Infrastruktur zur Verfügung stellst und sagst, hier gibt es ein gratis Studio, sondern viel mehr darum, einen Ort zu schaffen, an dem Musik entstehen kann, die da draußen sonst nicht entstehen könnte.

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