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25 Jahre Punk—Fat Mikes persönliche Top-Ten der Fat Wreck-Alben

Fat Mike von NOFX wählt seine zehn Lieblingsveröffentlichungen aus dem mehr als 300 Platten umfassenden Labelkatalog.

OK, Fat Wreck Chords ist jetzt nicht unbedingt eine Band, aber wäre es eine, dann wäre es eine der einflussreichsten Punk Rock-Gruppen aller Zeiten. Seit seiner Gründung 1990 hat es dieser Grundpfeiler des Punk auf mehr als sagenhafte 300 Veröffentlichungen gebracht. Um den 25. Geburtstag des Labels gebührend zu feiern, werden einige der Labelgrößen wie Lagwagon, Strung Out, Swingin’ Utters zusammen auf US-Tour gehen—mit NOFX als Headliner natürlich. Für diejenigen unter euch, die jetzt mit tränennassen Augen voller Sehnsucht über den großen Teich blicken, haben wir es immerhin geschafft, Fat Wreck-Gründer und NOFX-Frontmann Fat Mike dazu zu bringen, seine persönlichen zehn Lieblingsveröffentlichungen seines Labels aufzulisten.

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Mike machte übrigens mehrmals klar, dass in der Liste kein Album auftauchen würde, an dem er musikalisch selbst beteiligt war (vielleicht ist er ein kleiner Macho, aber bestimmt kein Egomane). Bevor dich das aber um den Schlaf bringt, sei so viel gesagt: Wolves in Wolves’ Clothing von NOFX und Ruin Jonny’s Bar Mitzvah von Me First And The Gimme Gimmes wären wohl ziemlich weit oben in der Liste gelandet. Oh, und Mike hat auch mehrmals während unseres Interviews erwähnt, dass er mit uns über sein Handy aus einem Käfig heraus telefonieren würde.

Wir dachten, dass dir diese Information nicht vorenthalten bleiben sollte. Du weißt schon—Kontext und so.

Für weitere Einblicke in Fat Mikes Fetisch-Vorlieben, schaust du dir am besten unsere Dokumentation über die Arbeit an seinem Musical an, in dem ihm auch der Hintern versohlt wird.

10. Hi-Standard—Growing Up (1996)

Noisey: Auf Platz zehn Growing Up.
Fat Mike: Weißt du, warum ich das hier ausgewählt habe? Warum?
Weil es sich 700.000 mal verkauft hat.

Echt?
Ja. Nun, weltweit wurden 100.000 verkauft und 600.000 in Japan.

Ich hatte keine Ahnung, dass die da drüben so groß sind.
Wusstest du, dass die heutzutage eine Show pro Jahr in einem riesigen Baseball-Stadion in Japan spielen? Da passen 35.000 Leute rein und man muss bei einer Verlosung teilnehmen, um ein Ticket zu bekommen, weil die Karten so schnell weggehen. Die spielen eine Show im Jahr und es sind immer 35.000 Leute da.

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Bis heute?
Oh ja! Die haben eine EP mit vier Songs über ihr eigenes Label in Japan veröffentlicht und davon 800.000 Stück verkauft. Und weißt du noch was? Die haben sich aufgelöst. Es hat seit 14 Jahren oder so keine neue Veröffentlichung mehr gegeben.

Haben die auch mal außerhalb von Japan gespielt?
Ja, sie waren mit NOFX auf Tour. Schlaue Band! Die spielen jede Nacht 20-Minuten Sets. Einfach genial! Wenn du als Vorband länger als 20 Minuten spielst, bist du total verblödet. Dann kommen die Leute auch zu deiner nächsten Show, weil sie dich mögen und nicht dafür hassen, weil du zu lang gespielt hast.

9. American Steel—Destroy Their Future (2007)

Ich liebe diese Platte. Die ist so unglaublich gut. Das ist eine dieser Bands, von der eine Menge anderer Bands ihren Sound haben—wie Against Me!. Die haben diesen komischen, was-auch-immer-Sound in die Welt gesetzt. Die hätten es „Steal“ schreiben sollen, oder? Aber dann haben sie sich für zwei E's entschieden. Was zur Hölle soll das überhaupt heißen? Was für Trottel!

Was findest du so gut daran?
Die Platte ist einfach super. Ich liebe die Songs. Ich habe sie mir unglaublich oft angehört. Davon sind dutzende Kopien verkauft worden.

Was meinst du, warum die Platte nicht erfolgreicher war?
Ich habe keinen Plan. Es ist schwer, Platten von einer Band zu verkaufen, die schon zehn Jahre im Geschäft ist. Die Menschen stehen mehr darauf, eine neue Band zu entdecken. Nimm zum Beispiel Only Crime: Da hast du Mitglieder von den Descendents, Good Riddance und Rise Against, aber niemand will die Platten haben. Die wollen [die Platten von] diesen anderen Bands kaufen, die ich gerade genannt habe. Es ist wie bei den Damn Yankees: Die Menschen wollen keine Band aus Rockstars oder Punkrockstars, sondern eine frische, neue Band. Die Gimmes haben nicht wegen ihrer Starpower funktioniert, sondern einfach weil Spike so unglaublich gut ist.

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8. Strung Out—Twisted by Design (1998)

Das war Jim Cherrys letztes Album mit Strung Out, bevor er gestorben ist, und ich finde, dass es die beste Strung Out-Platte überhaupt ist. Bei ein paar Songs geht es um S&M und Latex. Ich habe Jim in seinen ersten S&M-Club in Hamburg gebracht und es hat ihm richtig gefallen. Er hat dann sogar eine Domina geheiratet und alle seine Träume wurden wahr. Dann haben sie sich getrennt und er rief mich nachts mit einer Knarre am Kopf an und sagte: „Mike, danke für alles, was du für mich getan hast, aber ich bin jetzt durch. Ich werde mich heute Nacht umbringen.“

Ich meinte nur so: „Nicht! Tu das nicht!“ Und dann bin sofort zu ihm geflogen, habe ihn in den Entzug gebracht und ihn trocken bekommen. Ich sagte ihm: „Junge, wenn ich dir wirklich etwas bedeute und du wirklich zu schätzen weißt, was ich alles für dich getan habe, dann bring dich jetzt nicht um.“ Er hat dann den Entzug gemacht, war für viereinhalb Monate clean und ist dann an einem Herzinfarkt gestorben. Es war kein direkter Drogentot, aber es hatte schon damit zu tun, dass er davor viele Drogen genommen hatte.

Wow.
Ja, was sagt man dazu?

Ich wusste davon gar nichts.
Ja, Jim war ein toller Typ. Weißt du, wie Strung Out bei Fat Wreck gelandet sind? Ich war hin- und hergerissen und Jim rief mich an und meinte nur so: „Dude, kannst du uns endlich mal sagen, ob du uns unter Vertrag nimmst oder nicht? Wir haben keinen Bock mehr auf die Scheiße.“ Dann fügte er noch hinzu: „Mein Vater hat eine Teppichfirma. Ich werde rüberkommen und dir helfen, in deiner Wohnung Teppich zu verlegen, wenn du uns unter Vertrag nimmst.“ Und ich sagte nur: „Deal!“ (lacht).

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Ernsthaft?
Ohne Scheiß! Ich habe Strung Out unter Vertrag genommen, weil Jim in meiner Wohnung einen Teppich verlegt hat. Du kannst Jason [den Sänger Jason Cruz] fragen. Der hat nämlich mitgeholfen.

7. Lagwagon—Trashed (1994)

Ich habe ihre ersten drei Alben produziert und ich und Joey [Cape] haben zusammen etwa eine Woche an Trashed gearbeitet. Derrick [der verstorbene Drummer Derrick Plourde] hatte dafür eine Menge Songs geschrieben, aber nur die Musik. Also haben wir eine Menge Lyrics zu seiner Musik geschrieben. Ich finde, dass Trashed das erste Album ist, das den Lagwagon-Sound wirklich getroffen hat, und ich liebe es einfach.

Als ich das hier mit Joey Cape gemacht habe, hat er Let’s Talk About Feelings auf den ersten Platz gesetzt.
Ja, die Platte ist schon besser, aber ich mag Trashed einfach lieber. Außerdem war Derrick noch da drauf und er war so ein cooler Typ. Kennst du unseren Song, „Doornails“? Die erste Zeile lautet „these two shots are for Derrick“ und es klingt, als würden wir damit meinen, „lasst uns diese beiden Kurzen auf Derrick trinken.“ Er hat sich aber auch zwei Mal in den Kopf geschossen, als er sich auf dem Bett seiner Eltern umgebracht hat. [Der Text geht dann weiter,] „these two shots are for Derrick / for rifle not the handgun“, er hat nämlich den Song „Rifle“ geschrieben und sich selber mit einer Pistole [handgun] erschossen.

Das ist unglaublich düster.
Das sind die wahrscheinlich heftigsten Lyrics, die ich je geschrieben habe. Nachdem Derrick bei Lagwagon ausgestiegen war, wurde er mit Drogen erwischt und musste in den verdammten Knast. Er meinte dazu nur: „Das Leben ist schon komisch. Ich bin im Gefängnis und ich habe niemandem etwas getan. Ich habe einfach nur ein paar Drogen genommen, weil ich Drogen mag und ich mir welche leisten kann.“ Die Cops haben dann sein Haus durchsucht und er hatte dort eine Sammlung LSD-Pappen. Er sammelte die Teile und kam deswegen ins Gefängnis. Verdammt! Er meinte noch: „Ich nehme das Zeug doch noch nicht mal. Das ist nur eine Sammlung!“ (lacht).

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6. Various Artists: Rock Against Bush Vol 1 & 2 (2004)

Die Leute haben die DVDs nicht wirklich gesehen, dabei ist sie eigentlich verdammt lustig. Will Ferrell, David Cross und Patton Oswalt haben uns alle unglaublich gutes Material geliefert. Jetzt mal ernsthaft, wie cool ist das bitte?

Magst du einen der beiden Sampler lieber?
Ich erinnere mich nicht mehr genau daran, wer jetzt auf welchem ist, aber das Coole daran ist, dass ich damit meine 18 Monate Bürgerpflicht erfüllt habe. Ich habe alle Bands angerufen, die ich über die Jahre kennengelernt hatte und sagte nur: „Gebt mir einen Song. Ich mache einen Sampler gegen Bush.“ Alle haben mitgemacht. Es war einfach toll, dass die ganzen Bands alle meinten: „Klar Mike, wir sind dabei.“ Dropkick Murphys, Green Day, Bad Religion … die Foo Fighters und No Doubt. Die beiden letzten Bands sind keine wirklichen Punkbands, aber es sind Punker in einer Band und das macht den Unterschied.

Was meinst du, was Punks von anderen Musikern unterscheidet?
Punker sind viel cooler als alle anderen, weil ich einfach den Sänger von so einer Band anrufen und fragen kann: „Hey, könnt ihr mir diesen Song als Gefallen geben?“ Schon ist die Sache erledigt. In anderen Musikrichtungen funktioniert das nicht. Wir haben mit dem Verkauf dieser Sampler bei einem Preis von fünf Dollar mehr als eine Millionen US-Dollar für die Kampagne von John Kerry gesammelt. Wir haben einfach Unmengen davon verkauft. Ich habe das Geld an John Kerry gegeben und er meinte so: „Das ist cool, ich werde es mir im Flieger anhören.“

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5. Propagandhi—How To Clean Everything (1993)

Dieses Album hat in gewisser Weise den Sound von Fat schon früh geprägt und musikalisch und textlich war es besser als alles andere in der Punkszene—oder eigentlich jeder Szene—finde ich.

Du warst der Produzent, oder?
Ja, ich habe sie produziert. Es ist ganz witzig, ich hatte die Ill Repute Demo und die Propagandhi Demo vor mir und ich dachte, dass sich Ill Repute wahrscheinlich besser verkaufen würde, weil es eine alte Punkband war. Ich mochte Propagandhi aber irgendwie. Ich habe es Lagwagon vorgespielt und Joey meinte: „Nimm Ill Repute!“ Ich habe mich dann für Propagandhi entschieden (lacht). Wir haben die Aufnahmen im West Beach gemacht und innerhalb von etwa fünf Tagen mit Hilfe eines Crate Amps und ein paar Metalgitarren war der Sound auf dieser Platte einfach Wahnsinn. Daran ist einfach alles toll: jeder Song, jede Textzeile, jede Akkord. Die spielten Akkorde, die damals niemand gespielt hat, und es war auch die Platte, die mich dazu inspiriert hat, Punk In Drublic zu schreiben. So viel steht fest.

Ich weiß, dass die Band das Artwork geliebt hat.
(lacht) Die haben mir wirklich das schlimmste Artwork überhaupt gegeben, ich habe es dann nur farbig gemacht.

Die haben mir erzählt, dass sie gar nicht selber damit ankamen. Sie hatten wohl einfach vergessen, dir was zu geben, also hast du eins gemacht.
Nein, nein. Sie haben mir das Cover gegeben, aber es war eine wesentlich schlechtere Zeichnung—und nur schwarz-weiß. Es war so eine Kugelschreiberzeichnung, also habe ich gesagt: „OK, das ist eure Idee. Ich werde sie farbig machen.“

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Klingt wie ein echter NOFX-Move. Ich hätte gedacht, dass Propagandhi viel organisierter gewesen wären.
Ja schon, aber die waren damals kleine Kinder. Sie sind nach L.A. geflogen und es war ihr erstes Mal an einem Flughafen. Die sind ziemlich ausgerastet. Wir haben sie in das Studio gebracht und ich glaube, dass Guns N’Roses am gleichen Tag im Studio waren, und die sind einfach komplett durchgedreht—bis dahin hatten sie noch nie Winnipeg verlassen. Ich erinnere mich, wie sie Wayne Gretzky am Flughafen gesehen haben. Die konnten einfach nicht mehr.

4. Frenzal Rhomb—Sans Souci (2003)

Frenzal Rhomb sind die unterbewertetste Band auf dem ganzen Label, aber in Australien haben sie drei goldene Schallplatten. Außerdem sind sie die lustigsten Typen, die ich je kennengelernt habe, und dieses Album ist einfach unglaublich genial. Ihr Sänger war bei einer NOFX-Show stagediven und hat sich dabei das Schlüsselbein gebrochen. Er hatte auch einen Herzinfarkt und danach haben sie Flyer verteilt, auf denen stand, „Besorg dir das neue Frenzal Rhomb-Album, bevor unser Sänger Jason stirbt.“ Das ist so genial. Es ist ein wirklich gutes Album—so unfassbar gut!

Sie scheinen auch den Fat-Sound dieser Ära definiert zu haben.
Die Leute sagen, dass sie die australischen NOFX sind, aber sie sind lustiger als wir. Außerdem sind sie großartige Musiker und schreiben unfassbar gute Songs. Es gibt so eine Howard Stern-Show in Australien und der Moderator war eine Woche im Urlaub, also haben der Frenzal Rhomb-Sänger und der Gitarrist für eine Woche übernommen. Sie waren so gut, dass sie den Howard Stern-Typen gefeuert haben, und die beiden zehn Jahre die größten Radiomoderatoren des Landes waren.

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3. Snuff—Demmamussabebonk (1996)

Sie hatten sich [1991] aufgelöst und als Fat anfing, dachte ich mir: ‚Verdammt, ich werde mal Snuff anrufen und sie fragen, ob sie sich nicht wieder zusammenraufen wollen.’ Ich habe Duncan [Redmonds] kennengelernt, als wir zusammen mit Guns N’ Wankers auf Tour waren und meinte zu ihm: „Duncan, warum bringt ihr Snuff nicht wieder zusammen?“ Er sagte darauf nur: „Nein, der Zug ist abgefahren.“ Ich meinte dann; „Ich gebe euch 50.000“, worauf er dann sagte: „OK, in drei Monaten hast du ein Album von uns.“ (lacht). Auch wenn ich die Guns N’Wankers Platte liebe, ist die Snuff Platte einfach besser.

2. Western Addiction—Coginicide (2005)

Du hättest es nicht gedacht, aber das hier ist die Nummer zwei: Western Addiction—Cognicide. Es ist das perfekte Hardcore-Album und es klingt exakt so, wie Hardcore klingen soll—bevor sich Metalbands an der Ostküste den Begriff geschnappt haben. Hardcore ist Minor Threat und The F.U.’s, Bad Brains, Bad Religion und Circle Jerks. Die haben den verdammten Begriff erfunden. Es hat nichts mit Metal zu tun. Ich meine das ernst, Cognicide ist eins der besten Hardcore-Alben, das ich je gehört habe, und diese Platte hier habe ich bestimmt 100 mal aufgelegt.

1. Tony Sly—12 Song Prorgam (2010)

Das hier war immer die Platte, die ich nach dem Sex oder nach einer Show angemacht habe. Jetzt können ich und [meine Verlobte] Soma [Snakeoil] das Album nicht mehr hören—es ist so schade. Darauf ist ein Song, den wir immer nach dem Sex gehört haben und jetzt bringt er uns nur zum Heulen. Wir können es uns einfach nicht mehr anhören.

Dir gefällt es also besser als das ganze No Use For A Name-Zeug, das du rausgebracht hast?
Ja, das tut es wirklich. Also nur mal nebenbei, ich liebe Hard Rock Bottom, More Betterness! und ¡Leche Con Carne!—ich habe [¡Leche] auch produziert und bei einigen der Melodien geholfen und dementsprechend bedeutet mir das auch wirklich viel. Und natürlich auch, weil es Fat Wreck Chords auf der musikalischen Landkarte etabliert hat. Aber Tony Slys 12 Song Program … Das Album ist einfach unglaublich. Er war der beste Songwriter auf Fat Wreck Chords.

Jonah Bayers Lieblingsveröffentlichung auf Fat Wreck ist ‚Less Talk, More Rock’. Solltest du anderer Meinung sein, diskutier mit ihm auf Twitter—@mynameisjonah

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