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"Ich kann das einfach nicht"—Haben wir wirklich die allerletzte Bane-Show erlebt?

Bane haben jetzt vor 2.200 Menschen ihr finales Abschiedskonzert gespielt. Wir haben Fans, Freunde, Familie und Musiker gefragt, ob es das jetzt wirklich gewesen ist.

Vor beinahe einhundert Jahren wurde der wunderschöne Konzertsaal des Worcester Palladium erbaut. Vor zwanzig Jahren starteten nur wenige Kilometer davon entfernt Bane eine Bandkarriere, die die Entwicklung des modernen Hardcore für immer verändern sollte. Vor wenigen Tagen, am 18. Juni, kamen schließlich 2.200 Menschen zusammen, um der Band in ihrer Heimatstadt die letzte Ehre zu erweisen. Nach Jahren voller Spekulationen und Ankündigungen war der herannahende Bane-Split in der Hardcore-Szene romantisch ungemein aufgebauscht worden, hatte in manchen Teilen sogar den Charakter eines Running-Gags bekommen. Letzte Nacht dann aber, nachdem die Band ein zweistündiges Set abgeliefert hatte, verstand auch der letzte Bane-Fan, warum der Abschied für die Jungs so schwer gewesen war.

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Sänger Aaron Bedard sprang, schrie und schwitzte mit der gleichen Intensität wie eh und je. Er sprach darüber, im Hier und Jetzt zu leben, über Depressionen, Ignoranz, Rassismus, Bullying und was es heißt, zwei Jahrzehnte in einer Band zu spielen. "Wir können nicht mehr zurückgehen", sagte er. "Aber wir können versuchen, nicht zu vergessen." Um uns gebührend von Bane zu verabschieden, haben wir Freunde, Familie und Fans der Band ihre eigenen Nachrufe auf die Hardcore-Legenden sprechen lassen.

Andy, Connecticut

Links: John, 30, ist vier Stunden aus Vermont hierher gefahren / Rechts: Andy, 23, kommt aus Connecticut

Wie lange bist du schon Fan von Bane?
Seit sechs Jahren, als ich zum ersten Mal Give Blood gehört habe. Die haben damals eine Show in Allston gespielt, zu der mich ein Freund mitgenommen hat. Es gab keine Bühne und dementsprechend auch keine Stagediver, aber die Energie der Leute, die alle mitsangen und sich durch den Raum bewegten, haben dir das Gefühl gegeben, das Geschehen richtig mitzuerleben

Warum sind Bane für die Hardcore-Szene so wichtig?
Viele Hardcore-Bands sind gekommen und gegangen, aber Bane waren in den letzten 20 Jahren eine Konstante und haben die größten Shows und Festivals gespielt. Die hatten immer eine treue Anhängerschaft, weil ihre Songs Außenseiter wie mich ansprechen.

Wie das?
Auf Give Blood geht es um Passivität, darüber unglücklich mit der damaligen politischen Entwicklung zu sein. Obwohl das Album jetzt 20 Jahre alt ist, hat es nichts von seiner Aktualität verloren. Das zeigt nur, wie wichtig das war, was sie damals zu sagen hatten.

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Glaubst du, dass es wirklich der letzte Auftritt sein wird?
Ja. Auch wenn das, was sie sagen, immer noch relevant ist, denke ich, dass es an der Zeit ist, Platz für einen Nachfolger zu machen—wer auch immer das sein wird.

Chris Richter von Right Brigade

Richter, 34, hört Bane seit 1997

Wann hast du Bane für dich entdeckt?
Als ich in der 9. Klasse war, hatte dieser Typ dieses Bane-Shirt mit einer Pistole drauf an. Ich habe lange keinen mehr damit rumlaufen sehen. Es war damals super kontrovers und ich weiß noch, wie er eines Tages wegen des Shirts aus der Schule geschmissen wurde. Ich habe ihn sofort gefragt: "Was ist das für eine Band!?" [lacht] Er spielte mir ihre Musik dann im Auto auf dem Weg zur Schule vor und ich war sofort total umgehauen. Ich glaube, ich habe die Band in den späten 90ern und frühen 2000ern bestimmt 20-30 Mal in New England gesehen.

Wie würdest du ihre Intensität heute im Vergleich zu den 90ern beurteilen?
Es ist schon komisch, eine Band wie Bane 20 Jahre zu begleiten und die Art, wie sie die verschiedenen Jahrzehnte des Hardcore transzendieren. Es ist abgefahren, dass die Kids immer noch so durchdrehen, als würde es die Band erst seit zwei Jahren geben. Es scheint nie aufzuhören. Die Kids gehen ab wie in den 90ern. Das spricht für sie als Band. Sie sind weiter auf Tour gegangen und haben weiter Musik veröffentlicht. Das ist wirklich bewundernswert in einer Szene, in der so etwas ziemlich hart ist, wenn du älter wirst.

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Was macht Bane aus, dass es die Band geschafft hat, über mehrere Generationen zu bestehen?
Bedard ist ein großartiger Frontmann. Bei ihm kommt das alles von Herzen. Viele Menschen haben sich in jungen Jahren wirklich von seinen Texten angesprochen gefühlt. Er hat Themen angesprochen, mit denen ich mich selbst als Teenager rumgeschlagen habe. Er hat wirklich tiefgreifende Dinge angesprochen, wo andere nur an der Oberfläche gekratzt haben. Es gibt nur sehr wenige Hardcore-Sänger, die es geschafft haben, sich über Klischees hinwegzusetzen und ernsthaft mit Dingen auseinanderzusetzen, über die in der Hardcore-Szene mehr geredet werden sollte.

Wer waren Bedards Zeitgenossen?
Wir hatten Jesse [Strendhard], den Sänger von Right Brigade. Seine Lyrics sind verdammt gut und kraftvoll. Das hat den Weg für Menschen wie Wes [Eisold] von American Nightmare und Dave [Weinberg] von The Suicide File freigemacht—Menschen, die in ihren Lyrics tiefer reichten. Ob jetzt Wes Emotionen, Dave Politik oder Aaron Religion und Gefühle mit in die Szene eingebracht haben, diese Typen repräsentieren das Goldene Zeitalter der Hardcore-Frontmänner im Nordosten.

Ist das wirklich Banes letzte Show?
Das glaube ich nicht. Irgendwann werden sie den Drang spüren, wieder auf der Bühne zu stehen und es ist wirklich hart, dagegen anzukämpfen. Viele Bands sagen, dass es ihre letzte Show ist und es ist eigentlich von vornherein klar, dass sie irgendwann zurückkommen werden. Ich verstehe das. Wenn du die Musik zu einem so großen Teil deines Lebens gemacht hast, wie das bei Bane der Fall ist, ergibt das nur Sinn, wenn du wieder zurückkommen und es wieder machen willst. Und wenn sie das nicht tun, dann habe noch mehr Respekt für sie. Es ist wirklich schwer, da standhaft zu bleiben.

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Bobby Banes Familie

Die Familie von Bane-Drummer Bobby Mahoney von links nach rechts: seine Mutter Donna, sein kleiner Bruder Matt und sein Stiefvater Tom

Es hat viele letzte Bane-Momente gegeben. Wie fühlt ihr euch heute?
Matt: Ich weiß nicht, wie ich mich fühle. Es ist ziemlich aufregend für sie, ihr Handtuch an den Nagel zu hängen. Ich bin aber auch etwas nervös.
Donna: Ich habe gemischte Gefühle. Es ist sehr emotional.

Wie war es, einen Sohn zu erziehen, der in so einer verrückten Band spielt? Hattest du Angst?
Donna: [Lacht] Es war am Anfang sehr angsteinflößend. Aber ich habe mich aber damit arrangiert und mich rausgehalten.

Ist es nicht toll, etwas so Energiegeladenes, aber gleichzeitig Wunderschönes zu sehen?
Donna: Es ist total verrückt, wie die Leute darauf reagieren. Ich gucke mir Bon Jovi an, die Leute schreien, aber niemand springt von der Bühne.

Schaust du dir gerne die Konzerte von deinem Sohn an?
Donna: Nein! [Lacht] Ich habe schon mal gesehen, wie er von der Bühne gesprungen ist und ich hatte eine Todesangst, dass er sich dabei das Genick bricht.

Wie war es, deinen Bruder in Bane großwerden zu sehen?
Matt: Ich gehe schon zu seinen Shows, bevor er bei Bane war. Er war in einer Band namens Blackbelt, die haben hier Konzerte vor 60 Leuten gespielt. Jetzt sind hier 2.200 Menschen, die alle verrückt danach sind, ihm dabei zuzuschauen, wie er auf seine Drums haut.

Warum haben Bane so lange durchgehalten?
Donna: Ich habe keine Antwort darauf.
Matt: Ich glaube, dass es der Sänger ist. Der hat es auf eine lange Zeit in der Szene abgesehen. Der wird noch am Krückstock zu diesen Shows kommen. Er steht zu 100 Prozent hinter Hardcore und seine Message ist es, was die ganzen jungen Leute an der Band hält. Und das bindet ihn wiederum an der Band, weil er weiß, dass sie da sind.

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Welche Message hat die Band verbreitet?
Matt: Ich schätze, dass sich das geändert hat. Es begann alles mit Straight-Edge, aber hat sich dann mehr in Richtung Akzeptanz und Positivität verändert. Die ganzen Kids hier schwingen ihre Fäuste, aber nicht, um sich gegenseitig wehzutun, sondern um ihre Gefühle rauszukriegen.

Wird das jetzt wirklich ihre letzte Show sein?
Matt: Nein!
Donna: [lacht]
Tom: Das können wir nur hoffen.
Matt: Also, was die Touren angeht schon. Aber ich würde darauf wetten, dass sie in ein paar Jahren wieder etwas zusammen machen werden. Aber das wird jetzt erst mal die letzte große Show gewesen sein.

Werdet ihr heute auf der Bühne stehen?
Donna: Ja, hinter Bobby. Da werde ich mich verstecken.

Habt ihr ihm sein erstes Schlagzeug gekauft?
Tom: Seine Mutter hat ihn zu meinen Auftritten gebracht—wir waren damals in einer Hochzeitsband—und er kam auf die Bühne und hat mit uns gespielt. Er war sofort verliebt. Jetzt ist das alles Geschichte. Er ist der am härtesten arbeitende Schlagzeuger, den ich je gesehen habe. Wir wussten sofort, dass er eine Leidenschaft dafür hatte; er hatte immer ein gutes Musikgefühl. Es war toll, ihn wachsen zu sehen. Selbst wenn wir uns uneinig über die Richtung waren… Er wusste, welche Musik er spielen wollte. Und er hatte Recht.

Du solltest sehr stolz auf deinen Sohn sein, er hat eine Menge Menschen berührt.
Donna: Ich werde weinen. Und dann werde ich seine Drumsticks in Bronze gießen lassen.

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Alyse und Amy, Massachusetts

Links Alyse, 32, und rechts Amy, 28, aus Marlborough, Massachusetts

Wie oft habt ihr Bane schon gesehen?
Amy: Oft! Vielleicht 20 mal.
Alyse: Worcester hat so eine gute Hardcore-Szene. In den ganzen Städten zwischen hier und Boston gibt es unglaublich viel Musik. Bane waren einer der ersten Acts, die sich außerhalb der lokalen Szene einen Namen gemacht haben—und in Europa sind sie richtig groß. Hier sind Leute auf der Show, die noch nicht auf der Welt waren, als Bane ihre ersten Konzerte gespielt haben. Ich habe sie zum ersten Mal gesehen, als ich 15 war.

Warum glaubt ihr, haben sie so lange durchgehalten?
Alyse: Sie touren unglaublich viel. Sie treffen immer den richtigen Ton und lassen sich auf ihre Fans ein. Sie arbeiten hart.
Amy: Und sie sind bescheiden.

Glaubt ihr, dass das wirklich ihre letzte Show ist?
Alyse: Nein! Ob ich glaube, dass es ihre letzte große Tour ist? Ja. Aber sie werden wieder auftauchen. Jeder weiß das, aber trotzdem wollten wir für diese Show hier sein.
Amy: Ich liebe Bane, verdammt noch mal.

Lou, Banes Merch-Typ

Von links nach rechts: Chaka von Burn, Lou und Judge Sänger Mike Ferraro

Wie lange kennst du die Jungs? Ist eure Beziehung mit der Zeit gewachsen?
Ich habe sie '99 durch andere Bands kennengelernt, für dich ich gearbeitet habe. Man traf sich auf diversen Touren und daraus ist dann ganz natürlich eine Freundschaft gewachsen.

Wie würdest du sie beschreiben?
Ich fange mal so an: Ich arbeite mit einer Menge Bands und viele von denen sind ziemliche Arschlöcher. Diese Jungs hier sind aber ein paar der besten Menschen, die ich in meinem ganzen Leben kennengelernt habe. Sie sind wundervolle Beispiele dafür, wie Menschen miteinander umgehen sollten. Sie sind rücksichtsvoll, besonders, sie kümmern sich und sie sind sehr talentiert. Und diese Dinge, die ich gerade über ihre Persönlichkeit gesagt habe, kommen auch in ihrer Band rüber. Es hat alles seinen eigenen Puls. Es ist ein einziges, schlagendes Herz.

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Warum waren sie so wichtig für Hardcore?
Als Band wollten sie immer nur das Beste und das kam auch in ihrer Musik rüber. Sie identifizieren Dinge, die Menschen fühlen, aber nicht selber artikulieren können, und ich denke, dass das ein Vehikel für Liebe, Frustration, Wut, Verzweiflung und dieses Gefühl des Verlorenseins bereitstellt. Bedards Texte waren immer sehr gut darin gewesen. Er hat alles gesagt, über das ich jemals nachgedacht habe, aber nicht in Worte fassen konnte.

Gibt es Touren, an die du dich besonders gerne zurückerinnerst?
Wir sind gerade aus Costa Rica zurückgekommen. Es war fast so, als wäre die Zeit stehengeblieben, und ich konnte einfach mit den Jungs abhängen. Für mich war das sehr besonders. Ich war noch nicht bereit, mich zu verabschieden.

Wirst du heute Abend weinen?
Ich weiß nicht, ob ich in dem Laden weinen werde, aber ich habe ein Hotelzimmer auf der anderen Straßenseite. Ich werde mich auch von niemandem verabschieden, weil ich das nicht mag. Nicht heute. Ich werde mir wahrscheinlich einfach ihre Show angucken und dann abhauen. Ich kann das einfach nicht. Es gibt zu viele Dinge, die ich sagen wollen würde.

In Anlehnung an Bedards letzte Worte auf der Bühne: Danke, Bane! Danke, dass ihr die Dinge ein bisschen besser hinterlassen habt, als ihr sie vorgefunden habt.

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