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DIIV scheißen auf unsere Meinung

DIIV sind arrogante, prätentiöse Scheiß-Styler-Bratzen. Wir mögen sie trotzdem.

Foto: Luis Einhauser

Der Kollegin, die den Interviewtermin vor meinem hat, erklären DIIV, dass sie Musikjournalisten nicht mögen. Erschwerend kommt noch hinzu, dass den Jungs der Ruf vorauseilt, nicht gerade das zu sein, was man als Frohnaturen bezeichnen würde. Mit diesem Wissen im Hinterkopf, versuche ich also ihr Verhalten nicht persönlich zu nehmen und darüber hinwegzusehen, dass sie—ich muss es einfach offen ansprechen—sich als arrogante, prätentiöse Scheiß-Styler-Bratzen präsentieren. Stattdessen gebe ich Zähneknirschend zu, dass ich noch immer Fan ihrer Musik bin. Nach ihren drei großartigen Singles „Sometime“, „Human“ und „Geist“, haben sie diesen Sommer auch noch ihr Wahnsinns-Debütalbum Oshin nachgelegt. Und zugegebener Maßen überzeugen sie auch auf der Bühne. Sie können es sich also leisten, menschlich scheiße zu sein.

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Wenn ich mir eure Musik anhöre, dann verstehe ich ehrlich gesagt so gut wie nichts vom Text. Das liegt einerseits am Hall und andererseits, verstehe ich einfach die Bedeutung nicht. Aber es ist mir scheißegal.
Zach: (lacht) Es ist auch ein Geheimnis. Es ist, wie wenn du Tagebuch führst, da willst du ja auch nicht, dass es jemand liest, aber heimlich willst du es dann wieder doch … Die Texte sind da und Teil des Albums, aber sie funktionieren eher wie ein Gegenstück zur Musik. Ihnen kommt aber keine besondere Stellung zu. Ich habe oft das Gefühl, dass Leute so Musik hören, dass sie sich stark auf die Texte und die Stimme des Sänger fokussieren, aber so wollte ich das nicht wirklich haben. Ich wollte eher einen demokratischen Sound, bei dem jedes Instrument gleich wichtig ist, einen eingeebneten Sound. Ich wollte keinen exaltierten Gesang, weil dadurch so ein Ungleichgewicht entsteht.

Dann bist du gar nicht enttäuscht?
Das geht vollkommen in Ordnung. Ich mag es auch, wenn die Leute irgendwas mit den Texten anfangen können, aber es schwierig zu dem Punkt zu kommen, glaube ich. Du musst dir selber ausdenken, was sie bedeuten sollen oder so ….

Also versuchst du keine Botschaft oder Geschichte rüberzubringen?
Doch, es gibt eine Botschaft und zwar Widersprüchlichkeit. Weißt du, alle Songs und alle Texte widersprechen sich gegenseitig. Das ist der Ausgangspunkt.

Das klingt anstrengend. Meinst ihr, es gibt eine bestimmte Stimmung oder Lebenslage in der man eure Musik am besten hören kann?
Devin: Hm.
Zach: Also, als ich die Songs geschrieben habe, war ich eigentlich immer in der selben aufgekratzten, nervösen Stimmung. Kurz davor wahnsinnig zu werden. Du musst dir das so vorstellen, dass ich alleine in meinem Haus sitze und wahrscheinlich an diesem Abend auch noch was vorhatte, vielleicht ausgehen wollte und dann hat mich niemand gefragt, oder ich hatte einfach keine Lust, das Haus zu verlassen und dann bin ich zu Hause geblieben und habe in meinem Zimmer vor mich hin gebrütet und mich alleine betrunken und all das. Also, wenn man eigentlich Pläne für den Abend gehabt hätte und die aber ins Wasser gefallen sind und man alleine in seinem Zimmer sitzt und ganz unruhig ist, dann sollte man die Platte vielleicht am besten hören.

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Der passende Soundtrack zum zu Hause Bleiben, wirklich?
Ja, absolut. Die Platte ist auch für die Nacht gedacht. Ich will, dass man sie am Stück durch hört, nicht nur im Auto einen Song anmacht. Ich hoffe, dass die Leute sich richtig auf die ganze Erfahrung des Albums einlassen.

Willst du denn, dass die Leute auch ganz aufgekratzt und kurz vorm Durchdrehen sind, wenn sie eure Platte hören?
Ja, vielleicht. Ich möchte auf jeden Fall, dass sie eine Art emotionalen Bogen erleben, ein Spektrum an Emotionen. Die Platte leitet den Hörer auf diesem Pfad.

Das überrascht mich ehrlich gesagt. Euer Album ist mir nie besonders emotional vorgekommen. Immer wenn ich es höre, dann komme ich eher in eine Art meditative Stimmung, also eher ruhig, etwas entrückt, vielleicht …
Cool! Die erste Hälfte ist so und in der zweiten Hälfte wird es dann nervöser und die Emotionen werden etwas hochgeschraubt. Aber ich finde es cool, ein Stück Musik zu haben, mit dem die Leute ihre eigenen Erfahrungen machen. Darum geht es ja eigentlich. Musik ist ja überhaupt nichts Objektives, sondern hängt völlig von deiner eigenen Interpretation ab. Du machst es zu deiner eigenen Sache.

Und wie funktioniert das, wenn ihr live spielt?
Andrew: Die Leute sehen sich unsere Shows alle auf unterschiedliche Weise an. Es gibt da ein ganzes Spektrum an Zuschauern. Es gibt natürlich die, die einfach nur da stehen und die ganze Zeit auf ihr Handy gucken—die kann man vergessen! Dann gibt es die, die ganz interessiert und konzentriert gucken, sich aber auch nicht bewegend und gibt es die Leute, die kommen, um irgendetwas herauszulassen und die kommen dann nach vorne und springen herum und schubsen sich gegenseitig und das finde ich toll! Weil das auch das ist, was ich tue: Wenn ich auf der Bühne stehe, dann springe ich einfach wie wild herum.

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Welche Art Zuschauer mögt ihr am liebsten?
Zach: Ich mag die Leute, die einfach mit verschränkten Armen da stehen und dich anstarren. Und du siehst ihnen an, dass sie gerade über dich richten.

Echt jetzt? Das klingt ja sehr spaßig.
Ja, ich mag das weil du dann das Gefühl bekommst, dass du ihnen etwas beweisen musst oder sowas in der Art.
Andrew: Ich mag es, wenn alle zusammen tanzen.
Devin: Mein ideales Publikum besteht aus einem Haufen wirklich wichtiger Geister.

Geister?
Aleister Crowley, James Dean, Einstein, Hitler … alle. Also eigentlich ein leerer Raum. Und direkt nach dem Konzert, spielen wir dann Gläserrücken.

Sind das deine Idole?
Äh, nein. Nur ein paar Leute, deren Reaktionen mich interessieren würden.

Was glaubst du denn, wie sie reagieren würden?
Weiß ich nicht. Wir erreichen hier gerade auch den Punkt von …äh, Fan-Fiction. Ich glaube das interessiert keinen.
Zach: Wahrscheinlich schmeißt man uns jetzt aus Deutschland raus.