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Ein brasilianischer Künstler hat aus Vögeln auf einer Leitung Musik gemacht

Sein nächstes Projekt: Ameisen.

Ein Geistesblitz kann dir jederzeit kommen. Paul McCartney zum Beispiel ist morgens aufgewacht und hatte „Yesterday“ in seinem Kopf. Oder denkt bloß an den großartigen Moment, in dem Ace Ventura draufkommt, dass Einhorn ein Mann ist.

Für manche Leute kann ein Geistesblitz aber durch noch seltsamere Dinge ausgelöst werden. Für den brasilianischen Multimedia-Artist Jarbas Angnelli waren war es einfach ein Zeitungsfoto von Vögeln, die auf einer Telefonleitung saßen, und die ihn in ihrer Anordnung auf den Kabeln an ein Notenblatt erinnerten. In seinem Kopf setzte sich die Vorstellung fest, dass das Ganze eine Art geschriebenes Musikmusikstück ergeben könnte. Und er begann tatsächlich, das Foto in Noten umzuwandeln. Jarbas hatte recht—es klang nach absolut brauchbarer Musik. In Folge arrangierte er die Komposition für Oboe, Xylophon, Klarinette und Fagott.

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Jarbas ist ganz offensichtlich ein bescheidener Denker—als Urheber des Stückes sieht er viel eher die Vögel als sich selbst, und er würdigte sie, indem er dem Projekt den Titel „Bird on a Wire“ gab. Ich habe mich mit ihm zu einem Gespräch über sein Vogel-Projekt und die geplanten Folgeprojekte, in denen Ameisen und Autos die Hautrolle spielen, gesprochen.

Noisey: Jarbas, du Genie. Wie sah das „Bird on a Wire“-Projekt ursprünglich aus?
Jarbas: Es ist aus einem kompletten Zufall heraus entstanden. Und aus großer Neugierde. Ich saß gerade beim Frühstück und sah in der Zeitung ein Foto von Vögeln, die auf einer Telefonleitung saßen. Ich habe das Foto ausgeschnitten, ging zu meinen Klavier um zu sehen, ob ich die Vögel spielen konnte, da das Bild ziemlich genau aussah wie ein Notenblatt. Und tatsächlich ergab es einen interressanten, kleinen Song. Ich arrangierte das Stück für ein Orchester, und kreierte ein kleines Video dazu, um meine Idee zu veranschaulichen.

Wie kam das an?
Ziemlich gut. Das Video war ein riesiger Erfolg, und in Folge ergaben sich einige wirklich großartige Möglichkeiten. Ich durfte bei der TED-Konferenz in Kalifornien Vorträge über das Projekt halten und gewann das Guggenheim Youtube Play Festival mit dem Video. Das ist schon alles ziemlich unglaublich für ein Video, das kein Geld gekostet hat und ohne irgendwelche Erwartungen entstanden ist.

Warum glaubst du sind die ;enschen so begeistert von diesem Video?
Vor allem wegen dem Ausgangspunkt des Projektes. Natürlich ist die Musik auch ganz nett, das Arrangement ist emotional, das Video ist kurz und wirkungsvoll. Aber ohne die etwas kindische Idee, mit einem Zeitungsbild zum Klavier zu gehen um zu versuchen, Vögel auf einer Leitung als Musik zu spielen, hätte sich vermutlich keiner dafür interessiert.

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Hast diese Grundidee dann auch weitergesponnen?
Kurz nachdem ich das Video gemacht hatte, bekam ich einen Anruf von meinem Vater, der meinte ich sollte das Ganze doch auch mit anderen Dingen probieren. Aber ich hatte keine Idee, was ich als nächstes machen könnte. Mir wurden von überall auf der Welt „Bird on a wire“-Fotos geschickt. Ich wurde sogar von einem Verlag gefragt, ob ich ein Buch über Vögel auf Leitungen in Brasilien machen wollte, und zu jedem Foto ein Stück Musik machen. Aber das Projekt kam nie unter Dach und Fach. Ein Problem war die Tatsache, dass Leitungen mit genau fünf Kabel ziemlich selten sind, und sich die Fotos daher auch nur schwer auf klassische Notenlinien übertragen lassen. Ich habe zu einigen Fotos, die ich zuschickt bekam, tatsächlich Musik komponiert, aber es war, als würde ich meine eigene Idee kopieren. Es war nicht herausfordernd genug. Ich war nicht motiviert genug, um sie aufzunehmen und Videos zu machen, obwohl drei oder vier gute Songs dabei waren.

Wie hast du dich selbst aus dieser kreativen Misere befreit?
Ich entwickelte eine Methode um bewegte Bilder von verschiedensten Mustern zu Musik zu machen. Sowohl natürliche als auch durch Menschenhand geschaffene Muster. Ich erarbeitete ein Projekt, das aus zwölf verschiedenen Mustern besteht, die ich einfange, entsprechend ausarbeite und im Anschluss Videos dazu kreiere. All das wird in einer Ausstellung zu sehen sein, und der Entstehungprozess wird in einer Dokumentation festgehalten. Einen ersten Versuch habe ich mit Autos auf Fahrbahnen gestartet, und das Ergebnis war sehr gut.

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Autos? Welche Muster denn noch?

Ameisen, Autos, Sterne, Wassertropfen, Menschen, Fische— ich werde da alles einfangen. Und eine Kamera wird einfangen, wie ich das alles einfange. In der Doku wird daher sehr anschaulich verfolgbar sein, wie der Arbeitsprozess aussah, und dass keinerlei Tricks eingesetzt wurden.

Warte mal, hast du gerade gesagt, dass du aus Ameisen Musik machen wirst?
Ich arbeite bereits mit Ameisen. Ich habe sie beim Marschieren am Boden und auf Bäumen festgehalten. Vermutlich wird das Projekt etwa im Juli veröffentlichen.

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