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You Need to Hear This

Claire wollen nicht nur auf Play drücken

Wir haben mit Claire über zweite Namen, ihre Verbindung zu bayrischem Bier und ihre Live-Auftritte gesprochen.

Foto: Aljoscha Redenius. Die Band Claire schießt gerade durch die Decke—und zwar in so einer Geschwindigeit, dass die fünf Münchner früher im Radio gespielt wurden, als sie überhaupt jemals zusammen auf einer Bühne standen. Wer sich jetzt denkt „Ach, das Schlagzeug, die Synthies und die Stimme hat man doch schnell beisammen", der weiß noch nicht, wie Claire arbeiten. Josie-Claire, Matthias, Nepomuk, Florian und Fridolin kommen aus einem Producer-Umfeld und haben schon vor diesem Bandprojekt Perfektionierung im Studio erlernt. Dass es technisch auf der Bühne im Normalfall etwas spärlicher aussieht, ist ihnen relativ egal, und so wird alles daran gesetzt, auch auf der Bühne die Songs live performen zu können. Wir haben uns mit den fünf Bayern getroffen, um mit ihnen über zweite Namen, ihre Verbindungen zu bayrischem Bier, Bühnenerfahrungen und den plötzlichen Schuss durch die Decke zu sprechen.

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YNTHT: Hallo ihr.
Alle: Hallo.

Euer Management ist ja nicht schlecht organisiert. Hier läuft alles auf die Minute genau ab.
Josie: Uns wird mit Geldstrafe und Liegestützen gedroht.
Florian: Das haben wir eingeführt, als wir am Samstag losfahren wollten, erst acht Uhr, dann 10 Uhr und dann haben wir beschlossen: So nicht, eine Mannschaftskasse muss her. Und dann eben nach D-Jugendmethode, einen Euro und eine Liegestütze pro Minute.

Wegen dieser Disziplin ging es vielleicht auch so schnell bei euch. Aber erstmal zum Offensichtlichsten: Warum heißt ihr denn Claire und nicht Fridolin oder Nepomuk?
Fridolin: Das frage ich mich auch. (lacht)
Florian: Na, weil Josie eben die Stimme ist.
Josie: Wir wollten das auch ein bisschen trennen, also mich als Privatperson von der Band.
Florian: Wir haben die ganze Sache auch nicht mit der Absicht gestartet, dass wir auf Tour gehen und eine Band werden. Der Name kommt direkt aus dem Studio, aus der Zeit als es noch keine Band gab.
Josie: Ich werde auch nicht Claire genannt. Alle nennen mich Josie, weswegen ich auch zu Claire ein wenig Distanz habe. Vor allem dadurch, dass wir uns jetzt zu einer Band entwickelt haben, ist Claire zu einem Begriff geworden.

Magst du denn deinen zweiten Namen?
Ich mag meinen zweiten Namen.

Habt ihr zweite Namen, die ihr nicht mögt?
Matthias: Ich habe nur einen Namen.
Fridolin: Ich heiße Paul, was gut ist, wenn ich im Ausland bin. Fridolin checkt keiner.
Florian: Ich heiße Augustin. Das ist so der Ur-bayrischste Name überhaupt. Aber den musste mein Vater irgendwie durchpressen, da seit Generationen alle in meiner Familie August, Augustin oder Augustinus heißen.

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Hast du vielleicht was mit dem Augustiner Bier zu tun?
Ja, sehr viel habe ich mit dem zu tun. Täglich quasi. (lacht)

Bei euch ging es richtig schnell. Ihr seid direkt von der Gründung auf die Bühne geworfen worden.
Matthias: Die Schritte gingen schon sehr schnell. Also dieses ganze „Wir spielen erstmal drei, vier Jahre"-Ding gab es bei uns nicht. Wir liefen ja auch schon im Radio, bevor wir überhaupt live gespielt haben. (Alle lachen)
Josie: Bei uns lief das in die andere Richtung.
Matthias: Wir haben letztes Jahr erst im Oktober in Slowenien unseren allerersten Gig gespielt.
Josie: Wir haben damals auch im Radio so ein Akustiksong gespielt. Das haben wir nur gemacht, weil wir sonst nichts hatten.

Hättet ihr es lieber gehabt, wenn es etwas langsamer gegangen wäre?
Florian: Nee, das ist schon gut so.
Matthias: Ja, das war okay, aber es war plötzlich richtig viel Arbeit. Es rollte an und wir dachten nur: „Woah, was geht denn jetzt ab?" Dann mussten wir uns kurz sortieren, aber dann lief das auch.
Florian: Wir machen uns aber auch sehr viel Arbeit damit. Die Sounds sind ja alle im Studio entstanden und was die Technik betrifft, bedeutet es krass viel Aufwand, das auf die Bühne zu kriegen, damit es so band-ig wie möglich wird. Damit du eine 100-Spuren-Produktion auf die Bühne bekommst und es auch live ist, ohne dass du nur auf Play drückst und Josie drüber singt. Das war und ist ein harter Weg, weil wir eben keine Band-Musiker sind und jeder eben seinen eigenen Part macht.
Matthias: Es war ein Producer-Projekt, das sich in eine Band transformiert hat und der Weg war eigentlich ganz spannend. Deswegen hätte es andersherum auch nicht funktioniert, also erst live spielen und dann ins Studio gehen. Bei uns wird es immer in diese Richtung funktionieren.

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Das bedeutet ja aber auch, dass ihr quasi bei euren ersten Live-Proben schon komplett in der Öffentlichkeit standet.
Florian: Ja, das ist echt krass, weil wir haben diese ganze Juz-Nummer übersprungen. Das ist auch wirklich hart, weil diese Zeit eigentlich zum Lernen da ist. Aber wir haben auch alle schon irgendwelche Bandgeschichten hinter uns. Nicht alle, aber man ist dann eben doch schon sehr mit mit diesem Juz-Ding behaftet, weil man eben nicht mehr im Puchheimer Juz spielen will.
Fridolin: Ja, nie wieder ins Puchheimer Juz. Never again.
Florian: Als wir gemerkt haben, dass die Leute feiern, was wir machen, war sofort der Anspruch da, es immer so gut wie möglich zu machen, auch live. Wir brauchen inzwischen 32 Kanäle live, damit alles funktioniert. Und in irgendeinem Juz könntest du einfach einpacken, weil das nicht funktionieren wird. Bei uns ist es eben nicht so, dass du Gitarre, Bass und Schlagzeug hast und das passt dann schon. Es wäre also auch gar nicht anders gegangen.

Dann konntet ihr auch gut eure Entwicklung beobachten. Habt ihr schon eine bemerkt?
Ja, voll.
Josie: Live haben wir auf jeden Fall eine krasse Entwicklung erlebt. Wir machen mit jedem Mal große Schritte. Es ist einfach so viel Technik auf der Bühne und jeder findet langsam immer mehr in seine Rolle.

Auch musikalisch? Ihr habt gerade euer Album fertig gemacht, könnt ihr da vielleicht eine andere Richtung beobachten, die ihr eingeschlagen habt?
Florian: Auf dem Album ist einfach mehr Platz. Alles, was uns Spaß macht, können wir da drauf hauen.
Matthias: Klar, mit mehr Songs kommt auch mehr dazu und die unterschiedlichen Richtungen, aus denen wir kommen, haben hier mehr Möglichkeiten einzufließen. Das Album ist also schon etwas breiter gefächert. Es sind jetzt auch ein paar Tracks mit drauf, die viel mehr nach vorne gehen, aber auch ein paar ruhigere Nummern. Von der Grund-Soundästhetik ist es aber ähnlich wie auf der EP. Es ist schon sehr elektronisch und synthie-lastig und Josies Stimme ist immer noch im Vordergrund.
Florian: Als wir noch die ganzen Instrumentalnummern rumliegen hatten und Josie noch nicht darauf gesungen hatte, dachten wir uns kurzzeitig: „Scheiße, das kann echt schiefgehen." Das waren so viele verschiedene Musikrichtungen. Wie sollte das nur zusammenpassen? Aber wenn Josie dann darauf singt, dann wird es stimmig. Beim Mastering hat jetzt doch alles zusammengepasst.
Matthias: Wir haben auch gerade eben erst das Album aus dem Mastering abgeholt. Die krasseste Entwicklung war, glaube ich, die persönliche Konstellation. Wir haben uns so gut kennengelernt, die guten und die schlechten Seiten. Es hat auch richtig geknallt. Wir waren ja quasi vier Monate lang im Studio eingesperrt, wir haben zum Schluss im Schichtwechsel geschlafen. Da geht man sich eben manchmal richtig auf den Sack.
Nepomuk: Irgendwann will man auch nur noch schlafen.
Florian: Ich glaube aber auch, dass das Live-Spielen die Musik auf dem Album beeinflusst hat, weil du merkst, was funktioniert und was nicht. Anfangs hatten wir sehr viele ruhige Songs und hatten wenige treibende. Wenn wir Energie gegen Emotionen abwiegen würden, hatten wir am Anfang mehr smoothere, fliegende Tracks. Und live macht es eben schon Bock, wenn du bouncen kannst. Du kriegst eine andere Sicht dafür und veränderst das Empfinden. Du siehst sofort, nicken die jetzt mit oder nicht?

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Ihr habt ja vorher erwähnt, dass ihr aus vielen verschiedenen musikalischen Ecken kommt. Wie sehen diese Ecken denn aus?
Matthias: Mein Gott, das ist von HipHop und Elektro, das ist so unser Part, über…
Fridolin: Progressiver Death Metal. (Alle lachen) Nee wirlich, ich habe früher sehr viel Metal und Hardcore Punk gehört und als ich in diese Claire-Sache reingerutscht bin, hat sich mein ganzes musikalisches Weltbild um 180° gedreht. Ich habe jetzt ein ganz anderes Ohr für elektronische Musik, was ich früher eher verteufelt habe, als ich nur Metal gehört habe. Und jetzt besteht 90% meiner Playlist aus elektronischer Musik.

Ich finde, das jetzt auch nicht so weit entfernt voneinander.
Florian: Klar, es ist einfach eine andere Instrumentierung, aber es geht immer noch um tiefen Wrums, den wir ja auch haben. Aber Metal ist definitiv kein Einfluss von uns.
Fridolin: Nee, kein Einfluss in die Musik, aber eine Wurzel.
Florian: Ich habe ja eher einen Indie-Ursprung, Josie kommt so aus der Singer-Songwriter-Ecke. Und das war auch die Grundidee. Wir machen einfach was, was wir auch mit der Gitarre spielen könnten, aber im Endeffekt legen wir eine Produktion darunter.
Josie: Aber ich finde, dass sich das Bild, das wir am Anfang hatten—dieses Singer-Songwriter-Ding mit einer anderen Instrumentierung—, sich durch das Livespielen auch ganz anders entwickelt hat, für mich jedenfalls. Ich nehme inzwischen die Gitarre sehr selten in die Hand, weil ich mich mittlerweile an das Bett von den Jungs so gewöhnt habe. Und ich genieße es so sehr, mich auch darin fallen zu lassen. Dadurch habe ich auch etwas Abstand dazu gewonnen. Ich glaube, jeder von uns taucht gerade in dieses Claire-Ding richtig ein, egal aus welcher Richtung wir kommen.
Florian: Das war aber auch der Punkt, an dem wir uns beim Album in die Haare bekommen haben. Ich glaube, das Lustige ist auch, dass wir alle einen sehr persönlichen Geschmack haben, der eben zurücktreten musste für das, was sich entwickelt hat. Die Ausgangssituation war einfach: Wir ersetzen die Gitarre durch ein elektronisches Bett und machen daraus Songs. So hat sich das entwickelt. Und manchmal kommt dann eben der alte Elektrohead bei Nepi durch und er sagt: „Nein, nicht die Gitarre, sondern der Bass" und jemand anderes sagt: „Nein, nicht der Bass, sondern die Gitarre", aber letztendlich gibt es keine verschiedenen Lager, sondern wir sind jetzt alle in derselben Ecke.

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