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Der Noisey Guide to Donaukanal

Wir haben uns die verschiedenen Bereiche des Donaukanals angesehen.

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Nach einer kurzen Unterbrechung (die wir sehr genossen haben) ist die Hitze wieder da. Neben der Temperatur merkst du das daran, dass alle unsere Artikel mit einer kurzen Schimpferei über die Sonne anfangen. Aber—das müssen wir uns eingestehen—nicht alles ist schlecht am Sommer. Wenn du es richtig anstellst, ist draußen zu sein nämlich ziemlich leiwand. Am Wasser zum Beispiel. Dort ist es meist ein bisschen kühler als zwischen den innerstädtischen Betonklötzen. Also, setz dich doch an den Donaukanal. Der besteht aus Wasser, ein bisschen aus Grind und wenn du schnell bist bekommst du noch einen Platz.

Aber es macht schon einen Unterschied, ob du dort zum Essen, auf einem Date oder zum Saufen bist. Wenn du nicht genau weißt, welcher Fleck denn für dich geeignet ist, dann schau in unseren Guide. Wir haben für dich die verschiedenen Bereiche des Donaukanals genau analysiert.

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Die kleine geheime Ecke

Fernab der Zivilisation versteckt sich am Ende der urbanen Mitte, auf einem kleinen Platz, die Hafenkneipe. Ohne explizite Anweisung hätte ich diese kleine Kenner-Idylle übersehen, da sie, vom Schwedenplatz aus, nicht zu erkennen ist. Es ist das kleine Stammbeisl des Donaukanals—leicht zu übersehen, aber genau der richtige Ort, wenn du gemütlich ein Bier trinken willst und dich die ganze Welt einfach in Ruhe lassen soll.

Die gemütlichen Sitzbänke für Pärchenaktivitäten

Zwischen der Franzensbrücke und der Schwedenbrücke ist der Privatspielplatz der MA10, ein Fuß- und Basketballkäfig und vor allem viele Sitzbänke. Die sind weit genug auseinander, um Zärtlichkeiten mit deinem Date auszutauschen, ohne von den anderen knutschenden Pärchen gestört zu werden. Wenn der Donaukanal eine Hausparty wäre, ist dieser Teil des Kanals das „abgesperrte Zimmer, in das bitte niemand hineingeht“. Hier bist du ungestört und wenn du einen Partner dabei hast, dann ist das umso besser. Außerdem ist es nur ein kurzer Weg zurück zur Party. Den Kerl mit der Kamera musst du halt hinnehmen, Privatsphäre gibt es ohnehin nicht mehr.

Die Skulpturenallee

Am Donaukanal ist die Kunst sehr einseitig verteilt. Es gibt keinen Meter Wand, der nicht mit—größtenteils gutem—Graffiti vollgesprayt ist. Wenn die vielen Farben bei dir zu Reizüberflutung führen, kannst du hier Skulpturen aus den klassischen Medien Holz und Stein betrachten, und dir schon überlegen, welche abstrusen Kunsttheorien du dir aus dem Arsch ziehen wirst, um deine Freunde zu verwirren. In der kleinen Allee steht ein steinerner Fernseher, in dem ein kleiner Buddha wohnt. Daneben ein nicht ganz identifizierbares Ding, von dem ich mir sicher bin, dass es sich selbst einen blasen will. Alles Perverse, die Künstler.

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Der Nicht-Strand

Wenn du die Fähigkeit besitzt, auf meisterliche Weise die Realität auszublenden, kannst du dich hier dem sommerlichen Gefühl hingeben, an einem exklusiven Strand Drinks zu schlürfen und die Abendsonne zu genießen. Wenn nicht, dann musst du dich mit der unangenehmen Realität auseinandersetzen: Du sitzt in einer viel zu großen Sandkiste, in deinen Schuhen ist Sand, die seichte Coverversion von einem alten, seichten Popsong ist schmerzhaft nichtssagend und irgendwie bekommst du den Gedanken nicht aus dem Kopf, dass du zehn Meter weiter dein eigenes Bier trinken könntest. Und auch deine Schuhe am Abend nicht ausleeren müsstest.

Der Gastrobereich am linken Ufer

Zwischen dem Adria Wien-Glashaus und dem Otto Wagner Schutzhaus erstreckt sich der Gastrobereich am linken Ufer. Er ist mir unsympathisch, und ich vermute, das beruht auf Gegenseitigkeit. Es ist mir bewusst, dass Leute gerne fortgehen, Lokale demnach eine Notwendigkeit sind und mir nicht alles gefallen muss. Aber der Charme will mich nicht packen und den falschen Strand hab ich auch schon nicht besonders gemocht. Der Lichtblick zwischen den Lokalen ist der kleine Gemeinschaftsgarten, der wie ein gallisches Dörfchen zwischen den Lokalen sitzt. Geh hin und hab Spaß. Ich sitze inzwischen im Garten und beschäftige mich mit dem ganzen Zeug, das ich meinem inneren Hippie lange vorenthalten habe.

Der familienfreundliche Gemütlichkeitsbereich

Wenn du die gehobene Küche vom Otto Wagner Schutzhaus hinter dir lässt, beginnt der entspannte Teil des linken Ufers. Hier gibt es nichts Aufregendes zu erzählen. Das ist der Stil von diesem Bereich. Junge und alte Berufstätige verbringen die Mittagspause hier. Studenten und Pensionisten womöglich den ganzen Tag. Eine Frau pflückt Himbeeren am Flussufer und der gemütlichste aller Angler-Dudes ist im Halbschlaf versunken, während seine Rute im Wasser hängt. Wenn du später noch etwas vor hast, solltest du dir genau überlegen, ob du hier abhängen willst. Es ist verdammt schwer aufzustehen, wenn du hier einmal sitzt.

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Der Gastrobereich am rechten Ufer

Ich habe keine Ahnung wieso, aber hier ist es gemütlich. Die öffentlichen Sitzgelegenheiten kann sich dein alter Werklehrer an den Fingern abzählen, aber es gibt Bier, was zu Essen und die Lokale rufen bei mir nicht sofort den „Kämpfen oder Flüchten“-Reflex aus—ein nicht unwichtiger Punkt, wenn man sich entschließt, etwas Soziales zu unternehmen. Die zweite große Attraktion ist das Badeschiff. Es macht ja komplett Sinn, in einem Swimmingpool in einem Fluss zu baden, aber ich werde das trotzdem nie ganz verstehen. Hier sind zwar weniger Leute, als im anderen Gastro-Bereich, falls du es trotzdem nicht aushältst, kannst du dich immer noch auf der kleinen Wiese bei der Urania verstecken. Dort hast du freien Blick auf die Angler bei der Strandbar. Wenn du einem Kerl dabei zusiehst ins Wasser zu schauen, meditierst du dich mit doppelter Geschwindigkeit zur Erleuchtung.

Der Schiffsfriedhof

War das Clubschiff jemals cool? Ich habe es nie geschafft, eine Party dort mitzuerleben. Die Eingänge sind mit Metallabsperrungen verschlossen und die letzten Events sind drei Jahre her. Zumindest bietet es eine schöne Kulisse für die Leute, die hier picknicken, Bier trinken und vermutlich Geistergeschichten vom creepy Schiffskadaver erzählen.

Die Betonwüste

Beton, hundert Meter weit Beton und zwei Parkbänke. Dafür gibt’s exzellente Stiegen hinab zum Wasser. Ich kenne den Begriff für dieses Phänomen nicht, aber in allen Städten, in denen es Stiegen zum Wasser gibt, sitzen die Leute und trinken Wein. Die zahlreichen Flaschen unterstützen meine halbgare Hypothese. Zumindest gibt es die Graffiti Hall of Fame, in der du bewundern kannst, was Sprayer hinkriegen, wenn sie ohne der Angst vor der Polizei arbeiten können.

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Fort Flex

Auch wenn ich schon lange nicht mehr dort war, bin ich bin froh, dass sie das Flex nicht zugedreht haben. Ich kann nicht der Einzige sein, der findet, dass das Flex wie ein Fort aus einer post-apokalyptischen Zukunft aussieht, in der Lokalbesitzer den Kampf gegen Leute—die, die ihren eigenen Alk saufen—angesagt haben. Früher war halt alles besser: Die Leute sind in die Donau gefallen, weil es kein Geländer gab und ich habe für zwanzig Euro erstklassiges Oregano gekauft.

Der waldige Bereich

Bäume links, Bäume rechts. Hier fühlst du dich wie in der Natur, auch wenn Skulpturen von riesigen zerquetschten Getränkedosen neben dem Weg stehen. Die U-Bahn fährt auch direkt neben dir vorbei. Aber abgesehen davon ist es hier zumindest so natürlich, wie du dir es von einer (kleinen) Großstadt erwarten kannst. Selbst die Summerstage fügt sich wie ein großes Baumhaus in das Gesamtbild ein.

Der Thundercube

Am gesamten Donaukanal begegnen dir Radfahrer, Skater, Jogger, Powerwalker und Alkleichen. Das ist Grund genug, um ein schlechtes Gewissen zu bekommen. Nachdem du dir den Teer aus der Lunge und den Alk aus dem Blut gesportelt hast, kannst du dich mit gutem Gewissen wieder dem Nichtstun zuwenden.

Sebastian hängt gern am Donaukanal und auf Twitter ab: @noiseppo

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