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Interviews

Julian & der Fux würden Ursula Stenzel gerne unter den Tisch saufen

Wir waren mit Julian und Lupo baden. Zu diesem Anlass haben wir mit ihnen über ihr neues Album ‚Vanille‘ und ihre Liebe zu Udo Jürgens geredet.

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Ich hatte schon so eine Ahnung, aber jetzt weiß ich es mit Sicherheit: Julian & der Fux haben Stil. Als ich sie ins Amalienbad zum Interview eingeladen habe, wusste ich nicht, dass sie tatsächlich Bademäntel mit aufgesticktem Albumlogo besitzen. Sie waren schon etwas früher im Hallenbad, haben im Restaurant Debreziner und Spritzer bestellt und den anderen Gästen zugehört, wie sie über das Bundesheer und die Flüchtlingskrise diskutieren. Alles natürlich mit Stammtischniveau und im Saunaoutfit. Recht viel mehr Wien geht fast nicht. Der Raucherraum im Restaurant erwies sich rückblickend als ungünstige Aufnahmelokalität. Der ständige Raucherhusten unserer Tischnachbarn machte die Transkription zur Herausforderung. Das hielt Julian, Lupo und mich nicht davon ab über ihr neues Album, den damiteinhergehenden Stilwechsel, Kitsch und Wien zu reden.

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Noisey: Bisher habt ihr eher Musik für den Club gemacht, euer neues Album "Vanille" geht ja fast völlig davon weg. Wolltet ihr bewusst euer Club-Image abschaffen?
Lupo: Wir wollten nicht vom Club weg, sondern unser Spektrum erweitern. Für uns hat es keinen Sinn gemacht ein ganzes Album nur in dem Club-Kontext zu schreiben. Wir wollten einfach viel mehr Storys durch die Songs erzählen und Sachen machen, die man auf Singles, die für den Club zugeschnitten waren, nicht tun konnte.

Meinst du die Texte?
Lupo: Ja, aber auch wie man die Songs erzählen lässt. Es muss nicht immer ein Break drinnen sein.
Julian: … oder alles die selbe Geschwindigkeit haben. Wenn man ständig nur einen Stil verfolgt, dann wird es auch irgendwann langweilig und man will ausbrechen.
Lupo: Zusammenfassend kann man sagen, dass wir nicht vom Club weg wollten. Wir wollten uns einfach nicht in der Stilistik einschränken lassen.

Glaubt ihr nicht, dass ihr damit einige eurer Fans abschreckt?
Julian: Kann sicher auch passieren. Aber vielleicht taugt's ihnen ja trotzdem. Dieses Risiko gehen wir ein. Das sind wir auch eingegangen bevor wir überhaupt angefangen haben mit Julian und der Fux. Wir haben auch andere Sachen davor gemacht, da hätten wir auch schon Leute abschrecken können.

Ihr habt auch das erste Mal mit HipHop experimentiert. Wollt ihr noch weiter in diese Richtung gehen?
Lupo: Wir wollen mit allen möglichen Genres spielen. Es macht halt viel Spaß mit HipHop zu spielen. In unserem Musikgeschmack sind wir beide sehr breit gefächert.
Julian: Bei dem Staffellauf, den wir mit euch gemacht haben, haben wir recht unterschiedliche Musik präsentiert. Wir waren teilweise selber verwundert, was dem anderen eigentlich gefällt. Das ist meiner Meinung nach auch ein Spiegel von dem, wie das Album eigentlich klingt.

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Also hatte dieser Staffellauf einen Einfluss auf euer Album?
Julian: Ja schon, würd ich sagen.

Redet ihr sonst nicht über Musik miteinander?
Julian: Eher wenig.

Ihr klingt ja auch viel mehr nach einer richtigen Band. Ist das dem Zebo Adam, eurem Co-Produzenten geschuldet? (Zebo produziert zum Beispiel Bilderbuch).
Julian: Nein, das kam von uns.
Lupo: Das Album entstand auch eher aus Jamsessions, das haben wir vorher weniger gemacht. Ich hab ein bisschen Bass gespielt und Julian Keyboard.
Julian: Dabei haben wir dann auch die Melodien und Textphrasen gefunden. Wir wollen die neuen Sachen ja auch live mit Bass und Schlagzeug aufführen, das war auch schon beim Machen der Plan.
Lupo: Wir hatten ja vorher ein klassisches Elektronik-Liveset, wo man eher mit Ableton und Midi-Controllern arbeitet.

Gibt es Leute, mit denen ihr unbedingt mal zusammenarbeiten wollt und jetzt vielleicht noch nicht die Chance dazu hattet?
Lupo: Naja, die sind alle schon tot. Udo Jürgens zum Beispiel, der ist ja auch immer im Bademantel aufgetreten. Also wir sind da schon sehr offen. Wir arbeiten halt oft mit Leuten zusammen, die wir schon kennen.

Habt ihr derzeit eigentlich noch Zeit um Fortzugehen? Ihr macht ja noch Salopp, habt ein Label und bringt als Band das Album raus.
Julian: Nein dafür haben wir gerade keine Energie. Normalerweise gehen wir aber schon gerne fort.

Wo trifft man euch da so?
Julian: In den üblichen Bobo-Bezirken, Passage und Platzhirsch und so.

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Wo würdet ihr euch nie blicken lassen?
Lupo: Man sollte schon alles einmal ausprobieren oder? Ich wüsste jetzt nichts. Auf den Akademikerball würde ich wahrscheinlich nicht gehen.

Findet ihr die Wiener Clubszene ist verbesserungswürdig?
Lupo: Ich finde es gibt ein Überangebot in Wien. Ich würde mir mehr kleinere Clubs wünschen. Es muss auch nicht immer nur so Mega-Booking geben. Mehr kleinere Clubs so wie es die Brut-Bar war oder so. Sonst ist es nicht so schlecht in Wien. Man kann eh irgendwie alles machen, was man will. Das ist halt auch eine politische Sache. Wenn die Stadt selber mehr Möglichkeiten schaffen würde öffentliche Plätze nützen zu können zum Beispiel oder die Sperrstunden verlängert, lockt man ja auch mehr Partytourismus an. Dadurch entsteht dann auch eine offenere Clubkultur.
Julian: Das will die Ursula (Stenzel, Anm.) nicht. Obwohl, die gibt's ja nicht mehr. Zu viel gestresst.
Lupo: Die würde ich echt gerne mal unter den Tisch saufen.

„Alte Spuren“ ist die ruhigste Nummer auf dem Album. Kommt das am ehesten an ein Liebeslied von euch heran?
Julian: Du meinst noch kitschiger? Das geht schon noch, aber ich finde es muss ja dann doch noch geschmackvoll bleiben. Der Kitsch entsteht ja automatisch wenn man so ein Thema aufgreift. Vielleicht kommt schon noch was ganz kitschiges. So ohne Augenzwinkern.
Lupo: Ist halt immer die Frage wie man Kitsch definiert.
Julian: Für mich ist zum Beispiel Die Antwoord Kitsch. Die Harmonien in den Refrains erinnern an so 90er-Synthie-Pop Sachen. Die Schmerzgrenze bei uns liegt wahrscheinlich eh bei „Alte Spuren“.
Lupo: Solange Kitsch in einem authentischen Kontext passiert ist es OK. Wenn es aber so eine aufgesetzte Phrase ist wie „Ein Stern, der deinen Namen trägt“, dann ist das nicht mehr OK. Wir haben ja alle diese kitschigen Gefühle wie Herzschmerz und Leidenschaft. Es muss ja nicht alles immer nur cool sein.

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