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Das Essen in Billigfliegern bringt meinen Appetit regelmäßig zum Absturz

Wenn du mit Billigfliegern unterwegs bist, solltest du deine Geschmacksnerven am besten nicht mit im Gepäck haben, findet unsere Autorin. Und in der Tat: Wer hat so wenig Achtung vor seinem Kleingeld, dass er sich damit einen Cheeseburger bestellt, der...
Photo via Flickr user David Precious

Stell dir vor, als Henkersmahlzeit würdest du Ryanair-Paella vorgesetzt bekommen.

Schön lauwarm und stilecht in einem schwarzen, mikrowellenerprobten Plastikbehälter serviert. Dazu gibt's künstlich schmeckenden Fruchtsaft und Chupa Chups zum Nachtisch.

Genau mit so einem „Menü"—auf dem Flug nach Knock (ein provinzieller Flughafen, der zu der Zeit nur aus einem Schrein, einem Pub und einer Kantine mit Curry and Chips auf der Speisekarte bestand)—durfte ich mal unfreiwillig Bekanntschaft machen. Ich sah mich umgeben von 17 hektisch betenden Nonnen, zwei Bauern, die in ihren Tweedanzügen so aussahen, als hätte ihnen eine Heuballenpresse beim Anziehen helfen müssen, sowie einer Flugbegleiterin, die mich ganz sicher mit ihren Dritten anlächelte.

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Ich habe die Paella dankend abgelehnt.

Ich frage mich eh, wie ausgehungert man sein muss, um sich in 10.000 Metern Höhe freiwillig Meeresfrüchte aus der Mikrowelle reinzuziehen. Ich hoffe auf jeden Fall nur, dass ich niemals so weit abrutschen werde. Denn im Gegensatz zu den mehrteiligen und geschmacklich oft ansprechenden Menüs auf Langstreckenflügen mit großen Fluggesellschaften ist das Essen bei Billigfliegern zumeist ein wahrhaft „unvergesslicher" Anblick.

Das Bordmenü von Ryanair mit dem äußerst ambigen Namen „Getaway Cafe" (Getaway kann auch Flucht bedeuten: also eine selbstkritische Anspielung auf die instinktive Reaktion beim Betrachten des sechs Euro teuren Lasagnegerichts, das aussieht wie schon einmal gegessen?)—ist ein Stelldichein von, sagen wir mal, überraschenden und größtenteils wenig appetitlichen Gerichten.

Wer, würde mich interessieren, kommt beim Flug über Nordfrankreich auf die glorreiche Idee, fünf Euro für einen Thunfischsalat auszugeben? Wer entscheidet, dass eine zweistündige Internierung in einem von der Außenwelt abgeschlossenen Flugzeug der perfekte Augenblick für ein Fischgericht „nach mediterraner Art" sei? Wer hat so wenig Achtung vor seinem Kleingeld, dass er sich damit einen Cheeseburger bestellt, der schon auf der Abbildung wie ein Top-Kandidat für jedes Gruselkabinett daherkommt?

Aber auch das Essen von Billigfluggesellschaften hat sich verbessert. Oder zumindest seine PR.

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„Wir setzen auf Innovation und wollen viele Sachen anders machen", erzählt mir ein durchaus charmanter Alex Goodwin, In-Flight Development Manager bei EasyJet. „Wir planen eine engere Zusammenarbeit mit kleineren Zulieferfirmen", so Alex weiter. So hat EasyJet etwa erst vor Kurzem The Little Coffee Bag eingeführt mit dem Ziel, „auch im Flieger, und ganz ohne Barista, echten Kaffee anbieten zu können." Ganz abgesehen von vegetarischem Fladenbrot, Riesenmakronen und Chips (Wer isst schon nicht gerne Pappe?).

Natürlich wirst du vor große logistische Herausforderungen gestellt, wenn du frische, gesunde oder wenigstens doch essbare Gerichte an Bord eines Flugzeugs anbieten willst. Auch wenn sich das bei Alex natürlich nach einem Kinderspiel anhört. „Wir beziehen unsere Sandwiches vor Ort von verschiedenen Lieferanten", verrät sie mir. „Wir sind in Mailand, Genf, Paris, Lyon, Lissabon und in Großbritannien vertreten und legen bei unseren frisch zubereiteten Sandwiches großen Wert auf lokale Aromen."

Das glaube ich gerne. Denn anscheinend verwenden sie die Aromen, die dir in einer engen und stickigen Kabine irgendwo im Nirgendwo eben so zur Verfügung stehen. Aber können wir ihnen überhaupt einen großen Vorwurf machen? Schließlich transportiert EasyJet jedes Jahr über 63 Millionen Passagiere quer durch Europa. Und da wäre nun mal ein Bordmenü, das allen zusagt, schlicht und einfach unmöglich. Vor allem wenn deine Kochmöglichkeiten auf Dampfgarer und industrielle Mikrowellengeräte begrenzt sind.

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Trotzdem drängt sich mir die Frage auf, warum viele Lowcost-Carrier gerade auf ein Sandwich setzen, das aussieht wie ein saftloser Holzklotz mit abgeschnittener Zunge in der Mitte.

Scheinbar aufgrund von irgendwelchen Luftfahrtvorschriften unterscheidet sich das Essen, das Passagieren angeboten wird, erheblich von der Crew-Verpflegung. So oder so ähnlich erklärt es mir zumindest Alex. Mit anderen Worten futtern deine Flugbegleiter hinter den Vorhängen wahrscheinlich etwas ganz anderes, während wir Billigflieger fliegender Pöbel mit grotesk-kotesken Chicken Nuggets, obskuren Suppen, überteuerten Schinken-Käse-Croissants und komischen Nutella-Nachtischen Vorlieb nehmen müssen.

Aber vielleicht ist das auch besser so. Denn wenn wirklich mal Not am Mann ist, bin ich sogar äußerst froh darüber, wenn die Jungs im Cockpit, im Gegensatz zu mir, ein ordentliches Mittagessen bekommen haben. Wenn du aber denkst, dass ich bei einem Absturz mit Paella im Bauch, einer schweineteuren Brezel in der Hand und Red-Bull-Tränen im Auge gen Erdboden rase, irrst du dich gewaltig.

Dann lauf ich nämlich lieber.

Oberes Foto: David Precious | Flickr | CC BY 2.0