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Drogen

Dein Gras könnte den kalifornischen Lachs ausrotten

Ich will dich nicht vom Kiffen abhalten oder so, aber in Nordkalifornien, wo der Handel mit Gras boomt, trocknet der Marihuana-Anbau die Bäche und Ströme aus, in denen Lachse und Forellen schwimmen.
Foto via Wiki Commons

Du rauchst gerne Marihuana und hast ein Verlangen nach tadellosem, in der Wildnis gefangenem Lachs? Dann ist es dir in naher Zukunft vielleicht nicht mehr möglich, beide Dinge zu genießen. In Nordkalifornien, wo seit der Legalisierung von medizinischem Marihuana im Jahre 1996 der Anbau boomt, trocknet genau dieser die kleinen Flüsse und Ströme aus, in denen die Silberlachse und Stahlkopfforellen des Staates schwimmen. Auch werden die Gewässer mit Feststoffen verschmutzt, die durch Erosion und den Abfluss von chemischen Düngemitteln verursacht werden.

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„Letzten Sommer haben uns die Leute immer wieder angerufen, um uns schlechte Nachrichten aka ‚Hey, mein kleiner Fluss ist ausgetrocknet' mitzuteilen", sagte Scott Bauer, ein leitender Umweltwissenschaftler im kalifornischen Amt für Fische und Tierwelt. „Und sie sagten ‚Wir glauben, der Grund ist der Anbau von Marihuana."

Wenn du dir nur kurz die Zahlen anschaust, dann macht diese Annahme Sinn in einem Staat, der seit letztem Jahr von der Trockenheit wie gelähmt ist. In Nordkaliforniens sogenanntem „Emerald Triangle" zwischen den Counties Humboldt, Mendocino und Trinity, wo die Leute seit Jahrzehnten illegal Gras anbauen, hat sich die Kultivierung von Marihuana in den letzten fünf Jahren verdoppelt. Bauer schätzte, dass die Zahl der Plantagen dort ungefähr bei 10.000 liegt. Eine einzige Plantage kann hunderte Pflanzen beherbergen und Bauer sagte, dass jede Pflanze pro Tag ungefähr 23 Liter Wasser benötigt, wobei die Zahl im Spätsommer noch steigt (bis zu 57 Liter).

Wenn du bedenkst, wie lang die Anbausaison andauert, nämlich 150 Tage, dann ist das ein Arsch voll Wasser.

Aber nur um die Berichte zu bestätigen, die besagen, dass ein Anstieg der Zahl der Grasplantagen zu ausgetrockneten Flüssen geführt hat, haben Bauer und sein Team letztes Jahr eine Studie durchgeführt. In dieser Studie haben sie Anbauer des „Emerald Triangels" aufgezeichnet, die einzelnen Pflanzen pro Plantage gezählt und ließen einen Hydrologen die Wasserscheide (die unterirdische Wasserquelle eines Gebiets) untersuchen, um zu sehen, wie viel Nutzung die Wasserscheide aushalten kann. Der Hydrologe kam zu dem Ergebnis, dass das Wasser, das für alle diese Marihuanapflanzen nötig ist, drei von vier Strömen in dem Gebiet austrocknet.

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Und wo es ausgetrocknete Flüsse gibt, gibt es auch tote Fische, sagte Bauer. Das ist problematisch für den kalifornischen Silberlachs, dessen Bestand in den letzten paar Jahrzehnten drastisch geschrumpft ist. Und obwohl Bauers Abteilung daran arbeitet, die Erhaltung des Silberlachses voranzutreiben, ist er sich nicht sicher, ob die Fische dem Angriff der Grasindustrie des Staates standhalten können.

„Wir verlieren ganze Generationen von Fischen", sagte er. „Ich weiß nicht, ob eine Besserung möglich ist."

Das Problem beschränkt sich nicht nur auf das Fehlen von Wasser: Laut Bauer verstopft Erosion—das Ergebnis der Waldrodung für neue Marihuanaplantagen—Wasserläufe mit Dreck, und der Abfluss der chemischen Düngemittel, mit denen die Pflanzen behandelt werden, verursacht Algenblüten in den umliegenden Gewässern. Der Dreck und die Ablagerungen der Flüsse lassen die Fische ersticken; die Algenblüten verbrauchen zu viel des im Wasser enthaltenen Sauerstoffs, was die Fische tötet.

Die nur wenigen Vorschriften, die Kaliforniens aufstrebende Grasindustrie befolgen muss, sind laut Bauer problematisch. Da die Anbauer in einer grauen Zone agieren—ihr Handeln ist durch das kalifornische Gesetz erlaubt, aber durch US-Gesetz verboten—, ist es nicht immer klar, welche Genehmigungen vonnöten sind, um Straßen zu bauen, Wälder abzuholzen und Wasser abzuzapfen. Wenn dieser Genehmigungsprozess klarer strukturiert und strenger eingehalten wäre, dann würde die kalifornische Regierung besser über die Vorhaben der Anbauer informiert sein und könnte gegen sie Geldbußen wegen Umweltmissbrauch verhängen.

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„Die Leute kennen die Regeln nicht", sagte Bauer. „Und sie denken, sie werden eh nicht erwischt."

Kristin Nevedal, Gründerin und Vorsitzende der Emerald Growers Association (eine Interessenvertretung für die Anbauer von medizinischem Marihuana in der Gegend), sagt ebenfalls, dass das Fehlen von klar festgelegten Regeln bezüglich der Plantagen einen Einfluss auf die Umwelt hat.

„Über die Genehmigungen wird zu wenig aufgeklärt", sagte Nevedal. „Und das bekommen wir jetzt zu spüren."

Aber sie ist nicht der Meinung, dass die Grasanbauer der Gegend direkt für ausgetrocknete Flüsse und schrumpfende Fischbestände verantwortlich sind.

„Ist der Anbau von Cannabis der einzige Grund? Nein, ist er nicht", sagte sie.

Zum einen, so Nevedal, haben sich die Wetterlagen in Nordkalifornien innerhalb der letzten Jahrzehnte komplett verändert. So ist es viel schwerer, eine Vorhersage über das vorhandene Wasser für jeden Landwirt zu jeder Jahreszeit zu treffen.

„Früher gab es hier beständige Regenfälle", sagte sie. „Jetzt kommen sie mit diesen Wetterextremen. Man kann überhaupt nichts voraussagen."

Zum anderen hat laut Nevedal die Holzindustrie, die jahrzehntelang fast wie die Cannabisindustrie ohne Vorschriften agierte, ebenfalls eine große Rolle beim Erosionsproblem gespielt, das jetzt den Wasserwegen der Gegend zusetzt.

„Das hat großen Schaden verursacht", sagte sie.

Genau wie Bauer glaubt auch Nevedal daran, dass viel mehr Vorschriften nötig sind, um Hanfanbauern dabei zu helfen, eine umweltfreundliche Pflanze zu züchten. Sie sagt, dass derzeit die andauernden Vorbehalte gegenüber Gras verhindern, dass man es ernsthaft als ein landwirtschaftliches Produkt ansieht. Wenn es endlich als ein solches behandelt wird, werden die Regeln und Vorschriften besser ausgearbeitet und die Anbauer werden weniger Schwierigkeiten haben, die besten Techniken anzuwenden und weniger Spuren in der Umwelt zu hinterlassen.

„Wir brauchen für Marihuana ein landwirtschaftlich veranlagtes Modell", sagte sie. „Wir müssen es als das ansehen, was es ist."

Wenn also das nächste Mal ein Joint die Runde kreist, dann schaut mal, ob es im kommenden Gesetzesentwurf zur Landwirtschaft einen „Gras"-Abschnitt gibt.