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transferwahnsinn

​Warum zum Teufel ist das Transferfenster immer noch offen?

Wann geht Kevin De Bruyne zu Man City? Oder bleibt er doch noch? Die Saison hat angefangen, diese Frage sollte schon längst geklärt sein.
Foto: Imago/Hübner

Tony Pulis ist sauer. Der Trainer von West Bromwich Albion ist nicht etwa über die 2:3-Niederlage seiner Mannschaft gegen Meister Chelsea wütend, sondern ihn nervt das noch offene Transferfenster und die Offerten anderer Vereine für seine Spieler. „Es ist absolut lächerlich, dass wir über etwas anderes als Fußball reden", beschwerte sich der Coach in einem Interview nach dem Spiel. Sein Talent Saido Berahino, der in der vergangenen Spielzeit in 45 Einsätzen 20 Mal traf, nahm er „zum Schutz" aus dem Kader, weil an dem englischen U21-Nationalspieler mittlerweile über 15 Interessenten dran sind. Pulis will eine Reform: „Wenn das Transferfenster vor dem Ligastart schließt, dann konzentriert sich jeder auf Fußball!"

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WATCH: Tony Pulis is raging that the transfer window is still open and he isn't too keen to discuss Berahinohttps://t.co/hYwKBo5P01
— Sky Sports (@SkySports) 23. August 2015

Eigentlich ist ein göffnetes Transferfenster bis Ende August für die Teams ein Segen. In fast allen europäischen Ligen können die Vereine noch nach ein paar gespielten Spieltagen auf einen schlechten Saisonauftakt oder kurzfristige Verletzungen reagieren. Bayer Leverkusen sucht etwa noch nach Ersatz für den wohl 6 Monate ausfallenden Neuzugang Charles Aranguiz und auch Spieler, die bei ihren Vereinen gar nicht zum Zug kommen, schauen sich nach neuen Arbeitgebern um. Dass Leverkusen laut Medienbereichten den erst am Anfang der Transferperiode zum BVB gewechselten Gonzalo Castro, der sich bei der Borussia noch nicht durchsetzen konnte, eventuell zurückholen will, zeigt wie absurd und wettbewerbsverzerrend das so lang geöffnete Transferfenster ist.

Die andauernde Sommer-Transferperiode in der Bundesliga läuft noch bis zum 31.08.2015 um 12:00 Uhr. Bis dahin können die wilden Wechselspielchen ganze Saisonvorbereitungen von Vereinen zunichtemachen, weil steinreiche Manager in ihrer Not nach einer Auftaktniederlage die Geldbörsen öffnen oder Spieler sich kurzfristig doch für ein anderes Abendteuer entscheiden. Die millionenschweren Fantasie-Transfersummen führen den Fußball schon ins Absurde, aber die täglichen Wechselspielchen während der Saison, machen alles noch viel schlimmer. Kevin De Bruyne, im letzten Jahr noch Vorlagen-Monster und Wolfsburger Mittelfeld-Garant, spielte an den ersten beiden Spieltagen richtig unterirdisch für seinen Noch-Verein aus Wolfsburg. Das hängt vor allem damit zusammen, dass ihm der von den Medien schon seit Wochen als fix vermeldete Wechsel zu Manchester City den Kopf verdreht. An eine professionelle Konzentration für die Wolfsburger Saison ist nicht zu denken. Ihm kann es ja auch schließlich egal sein, wie er jetzt für den VfL spielt, wenn er nächste Woche schon in der Premier League aufläuft. Gegenüber Verein und Fans ein Armutszeugnis.

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Die kritischen Stimmen für eine Veränderung der Transferperioden-Laufzeit sind nicht neu. BVB-Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke störte sich schon 2013 in einem Kicker-Interview an den unruhigen Wochen im August. „Wenn die Ligen starten, müsste es (Transferfenster, Anm. d. Red.) geschlossen werden." Watzke kritisiert vor allem die letzten August-Tage mit dem in den Medien gehypten „Transfer Deadline Day". „Müssen sich denn 20, 30 Prozent des Transfervolumens in den letzten zwei, drei Tagen abspielen?", fragt sich Watzke. Vor allem die großen Vereine ballern noch mal ordentlich Kohle raus. Auch, weil sie vor der Vorbereitung auf die neue Saison vielleicht den ein oder anderen wenig durchdachten Transfer getätigt haben und jetzt das Kleingeld haben, nachzujustieren. Watzke stellt das System in Frage: „Wofür dann eine Saisonvorbereitung? Um nach dem vierten Spieltag Transfers zu tätigen?"

In Deutschland sind die Wechselperioden für Amateur- und Vertragsspieler seit den 1990er Jahren einheitlich geregelt. Auch die UEFA hat europaweite Laufzeiten eingeführt, die nur ein wenig variieren: In Deutschland und Spanien endet die Wechselperiode am 31. August, in England und Italien am 1. September. Gebunden ist alles an eine Bestimmung des Weltverbandes FIFA, die eine Sommer-Wechselperiode von maximal zwölf Wochen vorsieht. Umgehen kann das kein Land: In Frankreich hoffte man im Jahr 2008 auf eine Ausnahmeregelung und öffnete schon am 25. Mai das Transferfenster—die FIFA verweigerte und die Wechselbörse schloss in Frankreich schon am 17. August.

Das kann mitunter fatale Folgen für die Vereine haben. In Schweden kämpft man seit Jahren für eine zum Großteil der europäischen Ligen angepasste Transferperiode. Ansonsten können Spieler noch den Verein in Richtung Ausland verlassen, aber Ersatz kann man nicht mehr kaufen. Selbst der VfL Wolfsburg muss seit Wochen immer das Szenario eines De Bruyne-Abgangs planen und neben der schon laufenden Saison mit anderen Spielern sprechen. Diese Spieler sollten sich zwar auf die Spielzeit mit ihren Vereinen konzentrieren, aber sprechen mit den Wolfsburgern—ein Teufelskreis.

Das systematische Ausbluten der schwedischen Liga

Die Zahl der Transferbewegungen in der Schlussphase der Wechselperiode hat „skurrile Züge" angenommen, wusste Aki Watzke schon vor zwei Jahren. Eine Transferperiode bis zum 1. August wäre weitaus sinnvoller: Dann hätte Kevin De Bruyne vielleicht schon ein Traningslager mit Manchester City absolviert und könnte sich wenigstens auf eine Saison mit den Engländern ohne Wechsel-Hickhack konzertrieren. Das wäre gut für ihn, den VfL, City und vor allem für die Fans, die das neue De Bruyne-Trikot vom VfL umsonst gekauft haben.

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