Warum bloß... Borussia Mönchengladbach?

Mönchengladbach ist irgendwie ein Mysterium. Jeder kennt die Stadt, aber kaum jemand war mal da. Wenn eine Quizshow aus den 90er Jahren 100 Leute nach einem Wahrzeichen der Stadt gefragt hätte, hätten sich wahrscheinlich alle 100 für Borussia entschieden. Denn dieser Mythos gehört zur Stadt wie der Dom zu dieser anderen Stadt, die in Mönchengladbach keiner aussprechen will und deren Fans wir vor ein paar Wochen interviewten.

Borussia Mönchengladbach ist mehr als ein Verein, hinter dem eine Stadt steht. Die jungen Fohlen lieferten sich in den 70er-Jahren über ein Jahrzehnt mit dem großen FC Bayern eine Fehde, die es so nie mehr im deutschen Fußball gab. Seitdem ist Mönchengladbach überall bekannt.

Die Fans von Borussia verliebten sich meistens in der Zeit von Netzer, Heynckes und Co in ihren Verein. Viele blieben Anhänger trotz vieler Jahre im Niemandsland der ersten und nachher sogar zweiten Bundesliga. An die junge Generation wurde die Borussia weitergegeben. Der Borussia-Park ist fast immer voll, im altehrwürdigen Stadion an der Anfield Road in Liverpool läuft in der Halbzeit Gladbachs „Elf vom Niederrhein" und nach Rom oder Istanbul werden mal eben Zehntausende Fans mobilisiert.

Die Gladbacher trumpfen seit ein paar Jahren wieder auf und stehen dieses Jahr kurz davor in die Champions-League einzuziehen. Lucien Favre und Max Eberl haben mit nachhaltiger und cleverer Arbeit aus einem kränkelnden und klammen Traditionsverein wieder eine offensiv ausgerichtete attraktive Adresse im deutsche Fußball gemacht. Die Sympathiewerte für den Club gehen seit Jahren nach oben, doch haben sie auch neue Fans mobilisiert? Wir waren beim Gladbacher Auswärtsspiel in Berlin und haben nach ihnen gesucht.

Nicht nur ich als gebürtiger Mönchengladbacher höre heraus, dass ihr nicht vom Niederrhein kommt. Woher kommt ihr?
Fabian: Wir kommen aus Gera in Thüringen.

Da gibt es auch Mönchengladbach-Fans?
Patrick: Ja klar. Wir beide sind Cousins und wir sind über unsere Familie Borussen geworden. Die sind schon seit den 70er-Jahren Gladbach-Fans.

Wie kann eine Familie in der DDR denn auf Mönchengladbach stehen, es gab doch den erfolgreichen FC Magdeburg und eine Mauer?
Fabian: Die haben den besten Fußball in den 70er Jahren gespielt. Wie unsere Eltern das gemacht haben, weiß ich auch nicht. Aber sie haben die Spiele verfolgen können. Wir haben dann die Liebe weitergereicht bekommen.

Seid ihr oft bei Heimspielen?
Patrick: Nein, vielleicht zweimal im Jahr. Das sind über 500 Kilometer—das ist einfach zu weit. Aber wir fahren dann lieber zu Auswärtsspielen mal nach Berlin, Wolfsburg oder Nürnberg.

Nach Leipzig sind es nur 100 Kilometer—wäre doch gut für euch wenn RB Leipzig bald aufsteigt.
Beide: Nein.

Wieso denn? Für euch wäre es komfortabler.
Patrick: Natürlich wäre es richtig angenehm mal in einer Stunde Fahrt bei einem Spiel zu sein, aber ich hoffe, dass sie nie aufsteigen. Die kaufen sich da einfach wie wild etwas zusammen und sind kein Traditionsverein.

In Mönchengladbach wird das Geld nicht herausgeworfen und clever eingesetzt. Wer ist der Verantwortliche für den sportlichen Höhenflug?
Fabian: Favre und Max Eberl.
Patrick: Und das ruhige Umfeld. Die können in Ruhe arbeiten und keiner quatscht dazwischen.

Der letzte Erfolg ist lange her. 1995 habt ihr den DFB-Pokal gewonnen. Wann holt ihr euch endlich den nächsten Pokal?
Fabian: Das ist schwer. Wir wissen, wo wir noch vor vier Jahren waren. Wir haben all die schlechten Zeiten mitgemacht. Leider war ich erst fünf Jahre alt beim letzten Pokalsieg.
Patrick: Es ist schwer überhaupt zu den Top-Mannschaften in der Bundesliga zu gehören. Dortmund, Schalke, Wolfsburg und so haben alle mehr Geld als wir. Aber wenn wir was holen, dann in den nächsten Jahren mal hier in Berlin den DFB-Pokal.

Meisterschaft, Europa- und Champions-League habt ihr abgehakt?
Fabian: Ja, das ist so gut wie unmöglich. Dafür sind die Bayern und die internationalen Top-Vereine zu stark. Pokalfinale in Berlin wäre schön, da haben wir dann auch nicht so eine weite Anreise.

Tyrone, woher kommst du?
Tyrone: Ich komme ursprünglich aus South Dakota in den USA, aber bin 2012 für mein Master-Studium nach Leipzig gezogen. Jetzt promoviere ich.

Wie bist du denn auf Borussia Mönchengladbach gekommen?
Ich war immer ein Fußballfan, aber ich hatte nie einen Club. Dann kam Kasey Keller nach Gladbach und ich habe mich gefragt wer Gladbach eigentlich ist. Dann hat die Borussia Michael Bradley geholt und dann war es für mich klar.

Und jetzt sind beide weg und du bist immer noch da.
Ja und jetzt haben sie Fabian Johnson geholt! Aber auch ohne die Amerikaner werde ich jetzt für immer Gladbacher sein!

Wie viele Spiele schaust du in der Saison?
Ich war erst einmal im Borussia-Park. Das war unglaublich. Aber wenn ein Spiel in der Nähe ist, dann versuche ich da zu sein!

Also hoffst du auf einen Aufstieg von RB Leipzig?
Das wäre für mich schön, aber eigentlich auch nicht wegen RB.

Wie meinst du das?
In Deutschland sehen die Leute das mit Red Bull anders, als wir in den USA, wo sie ja auch im Fußball aktiv sind. Da interessiert es niemanden. Ich freue mich wenn sie aufsteigen würden und ich in meiner Stadt meinen Verein sehen kann, aber viele sind ja dagegen. Ich kann nur sagen, dass es gut für die Stadt Leipzig ist.

Kannst du dich noch an den Tag erinnern, an dem du Gladbach-Fan wurdest?

Jens: Ans Jahr kann ich mich erinnern, das war 1974. Die haben tollen Fußball gespielt. Da war klar, das wird Borussia.

So wie ich das höre, kommst du aber aus dem Norden oder?
Ja, ich komme aus Hamburg.

Wieso wurde es denn nicht der HSV?
Och, es hat sich so ergeben. Borussia war einfach stark zu der Zeit und sie haben mich fasziniert.

Danach musstest du erst mal über Jahre leiden. Genießt du den Höhenflug von Borussia momentan?
Ja, hervorragend. Einfach toll wieder da zu sein. Da lohnen sich die über 400 Kilometer die ich zu jedem Heimspiel fahre.

Wie ich heute herausgehört habe, ist der HSV bei vielen Borussen aus dem Norden eher unbeliebt. Geht dir das auch so?
Ja. Ich fahre immer zum Auswärtsspiel nach Hamburg, weil es die kürzeste Reise für mich ist, aber die müssen runter.

Warum?
Weil die die Nase da oben haben. Die müssen weg.

Der letzte Titel ist 20 Jahre her. Wann holt die Borussia den nächsten Titel?
Ich glaube erstmal gar nicht. Der dritte Platz in dieser Saison wäre schon ein Titel. Wir haben nicht so viel Geld, wie die anderen Vereine und verschulden uns deswegen aber auch nicht.

Gehört ihr auch in Zukunft zu den Top 5 der Bundesliga?
Platz drei bis sieben machen mich glücklich!

Hast du noch einen Wunsch für die Zukunft?
Wenn wir einen Titel holen können, dann den DFB-Pokal. Das ist der kürzeste Weg und sollte in den nächsten Jahren mal angegriffen werden!

Woher kommst du?
Ich komm aus Lippstadt—das kennt kein Mensch.

Doch klar, Ostwestfalen kennt man. Wieso bist du denn Mönchengladbach-Fan und nicht Anhängerin von Arminia Bielefeld?
Ich bin seit Kindheitstagen Mönchengladbach-Fan. Die haben damals so schönen Offensivfußball gespielt und diese offensive Ausrichtung liebe ich. Dafür ist doch Fußball da und deswegen wurde ich Borusse.

Das war in den 70er-Jahren. Danach gab es eher weniger Offensivfußball zu bestaunen.
Ja, das waren harte Jahre. Leider auch mal in der zweiten Liga, doch auch da sind wir für Borussia hingefahren.

Und jetzt bist du bestimmt umso glücklicher, dass die Fohlen vorne herumwirbeln und wieder offensiven Fußball zeigen?
Ja, jetzt macht wieder richtig viel Spaß und wir werden Vizemeister.

Bist du dir da sicher?
Nein, aber ich hoffe es.

Fährst du denn zu jedem Spiel?
Nein nein. Ich war noch nie in Berlin, also bin ich hierher gekommen. Aber ich habe auch keine Dauerkarte. Es ist alles just for fun. Wie es die Zeit erlaubt—und der Geldbeutel.

Findest du es schlimm, dass die Tickets immer teurer werden?
Ich finde es teilweise ein bisschen unverschämt. Es ist echt dreist, was für Unterschiede zum Beispiel bei Schwerbehinderten gemacht werden. In Köln ist eine Karte für Schwerbehinderte über 20 Euro günstiger, hier gerade mal 5 Euro. Also liebe Grüße nach Berlin.

Wer von euch beiden hat den anderen mit der Liebe zur Borussia infiziert?
Wolfgang: Wir kommen aus der Umgebung von Mönchengladbach und da ist es klar, dass man Borusse ist. Ich bin seit dem ich ein kleines Kind bin Gladbach-Fan.
Ulrike: Wir sind verheiratet und er hat mich dann irgendwann mitgenommen in die Gladbach-Liebe, wenn man das so sagen kann.

Familienausflüge macht ihr dann in den Borussia-Park oder zum Auswärtsspiel in eine fremde Stadt?
Wolfgang: Wir haben natürlich eine Dauerkarte und sind Vereinsmitglieder. Auswärtsfahrten machen wir zwar nicht alle mit, aber wir versuchen das immer mit einer netten Städtereise zu verbinden.

Was für Städte kommen da in Frage?
Wolfgang: Städte, die eben neben dem Fußball auch etwas zu bieten haben und schön sind. Wir waren in Hamburg, Bremen, München…
Ulrike: In Augsburg war es auch sehr schön.
Wolfgang: In Rom waren wir auch. Ich hab sogar ein Foto mit Rainer Bonhof gemacht, als er in der Stadt an uns vorbeigelaufen ist.

Freut ihr euch im kommenden Jahr dann auf Barcelona, Madrid oder London?
Wolfgang: Ja eine Auslandstour mit Borussia wird gemacht – wenn da was ansteht.

Welche Stadt reizt euch am meisten?
Ulrike: Das ist eigentlich egal, die sind alle schön. Außer in die Ostblockstaaten, da wollen wir nicht unbedingt zum Fußball hin. Aber Barcelona wäre schon wegen ter Stegen toll.
Wolfgang: Barcelona oder Madrid – Hauptsache Italien (lacht.)

Freut ihr euch auf die Städte Ingolstadt und Darmstadt, die vielleicht aufsteigen?
Ulrike: Das wäre auf jeden Fall eine Reise wert.
Wolfgang: Leider wird das nichts. Die haben so kleine Stadien, da bekommen wir gar keine Karten. Auch in dieser Saison haben wir schon keine Tickets gegen Paderborn bekommen. Die gingen nicht mal für Mitglieder in den Verkauf. Da wäre mir Kaiserslautern lieber, die haben ein großes Stadion und die Pfalz ist immer eine Reise wert.

Warum seid ihr Borussia-Fans?
Bernd: Wir kommen aus der Nähe von Mönchengladbach. Da wird einem durch die Familie die Borussia schon in die Wiege gelegt.
Tamara: Mein Vater war immer auf dem Bökelberg. Irgendwann nahm er mich dann mal mit.

Habt ihr euch über Borussia kennengelernt?
Bernd: Ja, wir haben uns beim Fußballgucken bei einem gemeinsamen Freund kennen gelernt.

Beim Torjubel gab es dann eine ganz innige Umarmung und ihr habt euch nie wieder losgelassen?
Bernd: Neee, ganz so romantisch war es dann nicht. Aber auf den Fahrten zu den Spielen hat sich das irgendwann zwischen uns so ergeben.

Seid ihr Allesfahrer?
Bernd: Wir haben Dauerkarten in der Nordkurve. Auswärts fahren wir aber nicht überall hin.
Tamara: Das wird auch sonst zu teuer. Aber das Spiel in Berlin habe ich ihm zum Geburtstag geschenkt. Nächstes Jahr müssen wir dann mal schauen.

Habt ihr euch denn auch schon einen Lieblingsgegner nächstes Jahr für die Champions-League ausgesucht?
Bernd: Liverpool wäre toll wegen der alten Verbundenheit.

Die machen den Auswärtsblock wenigstens voll. Wie seht ihr die Entwicklung, dass Vereine wie Wolfsburg und Hoffenheim nur mit ein paar Hundert Fans zu Auswärtsspielen kommen?
Bernd: Das sind halt keine Traditionsvereine, aber ich stehe dem Ganzen offen gegenüber. Das ist ja alles sowieso nur noch Geldmacherei. Und wenn da dann zum Beispiel Red Bull kommt und mit Geld einen Verein im Osten formt, dann ist das nicht schlecht. Das Stadion ist voll und der Fußball ist gut. Ich finde es nicht korrekt, wie die meisten Fans dem gegenüber stehen.

Max Kruse ist so gut wie weg und Granit Xhaka hat auch diverse Angebote. Droht euch der Ausverkauf?
Tamara: Xhaka darf auf keinen Fall gehen!
Bernd: Und auf keinen Fall zum Verein aus dem Süden. Das Wort nehme ich nicht in den Mund. Da habe ich lieber RB Leipzig in der Bundesliga, statt den Verein aus dem Süden.

Habt ihr im Rheinland nicht schon genug Vereine, die ihr nicht mögt?
Bernd: Klar. Aachen, Leverkusen, Düsseldorf mögen wir nicht. Aber die größte Abneigung haben wir gegenüber Köln.
Tamara: Du hast das böse Wort gesagt – 50 Cent!

Das böse Wort, so so. Ist die Fluchkasse leer oder voll?
Tamara: Die ist prall gefüllt. Unser Fanclub spendet das Geld dann immer für einen guten Zweck!

Peter, du bist blind, taub und Borusse. Könntest du ohne Hildegard überhaupt ins Stadion gehen?

Peter: Ich habe das sogenannte Usher-Syndrom. Das ist eine Hörsehbehinderung, die im Extremfall zu einer vollkommenen Taubblindheit führt. Ich bin nicht nur im Stadion, sondern ständig auf Hildegard angewiesen. Ich kann fast nur über Körperkontakt kommunizieren. Wir fordern gerade, dass uns dieses Recht bald zugesprochen wird.

Hildegard, du gehst mit ins Stadion und weichst ihm nicht von seiner Seite?
Hildegard: Wenn Peter ins Stadion möchte, dann kann er fragen und wenn ich Zeit habe, dann hat er Glück und ich begleite ihn. Ich bin mit ihm von Mönchengladabch bis nach Berlin, kann mit ihm die Karten abholen, ihm den Platz zuweisen und alles vermitteln, was er nicht sehen oder hören kann.

In den meisten Bundesligastadien gibt es einen speziellen Blindenblock und einen Kommentator, der für diese blinde Fans das Spiel kommentiert. Kannst du davon überhaupt Gebrauch machen?
Peter: Ich habe Glück, weil ich hochleistungsfähige Hörgeräte habe.

Das ist dann wie im Radio?
Peter: Ja, aber man hat das Feeling. Man riecht den Rasen, hört das Volk. Es liegt Enttäuschung oder Freude in der Luft. Ich habe auch noch zusätzliche Kopfhörer, weil ich manchmal fast nichts verstehe. Zudem sehe ich auch kaum etwas, weil ich nur einen ganz kleinen Sehrest habe.
Hildegard: Ich war auch schon mit Fans unterwegs, die gar nichts mehr sehen und hören können. Aber die Gerüche von Bier, Rasen, Aufregung, Bratwurst und das ganze Erlebnis ist einfach so speziell und toll, dass das keine Fernsehübertragung bieten kann.

Tun die Vereine etwas dafür dein Stadionerlebnis einfacher zu ermöglichen?
Peter: Ja. Die Kommentatoren sind in den meisten Bundesligastadien zu finden und arbeiten ehrenamtlich. Hier in Berlin ist der Service super. In Mönchengladbach wird noch weiter an einer optimalen Situation gearbeitet. Wir haben jetzt den Fanclub „Drei Punkte Fohlen" gegründet und sind mit den verantwortlichen im Kontakt.

Wie wird ein Blinder überhaupt Fußballfan?
Peter: Mir wurde erst mit 21 gesagt, dass ich blind werde und dann hat es sich immer mehr verschlechtert. Borussia-Fan bin ich, weil 1960 die Borussia das Pokal-Finale gegen Karlsruhe 3-2 gewonnen hat und ich an dem Siegeszug durch die Stadt vorbei gekommen bin und so fasziniert war. Seitdem bin ich mit meinem Onkel ins Stadion gegangen und hab seit Jahren eine Dauerkarte.

Wann hast du dich in die Borussia verliebt?

Marcus: Ich habe mich gar nicht für Fußball interessiert, aber 1980 das UEFA-Cup-Endpsiel Gladbach gegen Frankfurt geschaut und ich fand damals die Trikots so schön. Mir taten die Gladbacher nach der Niederlage so leid, weil die so sympathisch waren und dann bin ich zum nächsten Spiel der Borussia gefahren!

Seitdem bist du bei jedem Heimspiel dabei?
Nee, ich komme aus Itzehoe, also noch hinter Hamburg. Deswegen fahre ich so zu 5-6 Heimspielen in der Saison. Aber die Spiele im Norden nehme ich natürlich immer mit, also Berlin, Bremen und Hannover. Hamburg hoffentlich bald nicht mehr.

Warum soll der HSV denn trotz deiner kurzen Strecke zu einem Auswärtsspiel der Gladbacher noch absteigen?
Weil die absolut unsympatisch sind und super arrogant. Die sind einfach mal dran um ein bisschen mehr Demut zu zeigen.

Du trägst Kutte. Findest du es schade, dass die Kuttenkultur immer mehr aus deutschen Stadien verschwinden und stattdessen die Ultras regieren?
Nein, man identifiziert sich ja nicht über seine Kleidung, wie man zum Verein steht. Die Ultras sind auch in Ordnung so lange sie friedlich bleiben und mit den Fanprojekten zusammenarbeiten. Man sagt ja immer, dass sich die Kurve selbst reguliert. Wir sorgen dafür, dass die Ultras friedlich bleiben und die machen die Stimmung. Das ist eine Win-Win-Situation. Aber oftmals geht das auch schief. In Zürich haben unsere Ultras die Züricher provoziert. Als die dann kamen, haben unsere Leute sich aus dem Staub gemacht und ganz normale Fans, Familienväter und so wurden angegriffen. Das ist Kacke, Fußball soll doch Spaß machen.

VICE Sports: Seit wann bist du schon Borussia-Fan?
Ich bin eher mehr oder weniger Anhänger.

Wie meinst du das?
Sympathisant kann man es nennen. Eigentlich habe ich eine Dauerkarte bei Mainz 05.

Was machst du dann hier Berlin bei einem Auswärtsspiel von Borussia?
Ich war mal hier in Berlin und dann haben die mir angeboten, dass ich Freikarten kriege gegen irgendeinen Verein und dann habe ich mir Gladbach heute ausgesucht.

Du wohnst aber in Mainz?
Nee, ich wohne in Erfurt.

Wie wird ein Erfurter mit Gladbach-Trikot denn Dauerkarteninhaber beim FSV Mainz 05 ?
Das ist am günstigsten. Ich steige in Erfurt in den ICE ein und steige in Mainz wieder aus.

Aber so ein ICE fährt doch auch woanders hin—wie zum Beispiel nach Berlin. Wieso bist du denn nicht Hertha-Fan?
Keine Ahnung. Gute Frage eigentlich. Vorher war ich für Nürnberg, aber als der Club dann abgestiegen ist, dachte ich mir: Ich suche mir jetzt einen neuen Verein. Und da Mainz nicht so weit von Erfurt entfernt ist, war das die beste Wahl. An Berlin habe ich gar nicht gedacht. Aber sagen wir mal so, es hätte auch Berlin treffen können.

Du bist also offen den Verein auch mal zu wechseln. Ich als glühender Fan, der seinen Verein liebt, kann mir das einfach nicht vorstellen. Wie kann so etwas funktionieren?
Es ist für mich wichtig, dass der Verein gegen große Mannschaften spielt wie Bayern, Dortmund, Gladbach und so. Und das war bei Nürnberg nicht mehr der Fall. Also suche ich mir einen anderen Verein.

Hast du da bestimmte Kriterien, die deinen Verein bestimmen oder ist nur die Attraktivität der Gegner wichtig?
Es müssen dann schon ordentliche Gegner sein, gegen die man spielt. Wenn so Vereine kommen wie Sandhausen und Aalen macht das keinen Spaß. Bayern, Dortmund oder Gladbach sind da schon besser.

Was hältst du dann davon, dass der FC Ingolstadt wahrscheinlich in die Bundesliga aufsteigt?
Das muss ich mal sehen. Ich weiß es nicht. Fährt nach Ingolstadt ein ICE?

Ja, der fährt auch nach Ingolstadt.
Mhh, mal sehen, aber wenn, dann fahr ich lieber nach Augsburg.

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