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Fukushima: Wahrheit und Illusion

Die Ausstellung „Distant Observations“ in Berlin zeigt künstlerische Reflektionen der Auswirkungen von Fukushima. Wir haben uns mit den Künstlern über ihr persönliches Erleben der Katastrophe unterhalten und zeigen ausgewählte Bilder.
Bild: Alireza Ghandchi, Restriction RB0708 (Ausschnitt) | Bild mit freundlicher Genehmigung​

„Am 11. September 2001 sah ich ein Flugzeug über meinen Kopf fliegen, dass ins World Trade Center crashte. Kurz darauf kam ein weiteres Flugzeug. Nachdem ich das erlebt hatte, zog ich nach Tokyo."

Taro Chiezo war nicht nur bei der plötzlichen Katastrophe von 9/11 vor Ort, sondern spürte auch das Erdbeben am 11. März 2011 in seinen Beinen. Gerade als er aus einem Copyshop kam, begann der Parkplatz vor dem Laden vor seinen Augen zu beben: „Seit diesen Erfahrungen weiß ich, dass eine Katastrophe immer über uns schwebt und stets ein Loch in unseren Alltag reißen kann. Aber… dieses Loch wird sich auch bald wieder schließen."

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Taro Chiezo ist einer der Künstler, der mit seinen Werken in der Ausstellung „Distant Observations - Fukushima in Berlin" vertreten ist. Das Projekt im Kunstraum Kreuzberg Bethanien möchte die Potentiale von Kunst als Reflexions- und Reaktionsmedium erforschen. Kurator Stéphane Bauer und die Macher der Ausstellung gehen der Frage nach, wie eine Auseinandersetzung mit der heute noch andauernden sprachlos machenden Nuklearkatastrophe möglich sein kann.

Wir haben uns mit einigen der vertretenen Künstlern unterhalten, um sie nach ihrem persönlichen Verhältnis zum Fukushima-Unglück zu fragen, welches heute vor drei Jahren seinen traumatischen Lauf nahm, und präsentieren hier auch einige ihrer Arbeiten.

Alireza Ghandchi erlebte die Katastrophe, wohl so wie die meisten von uns, mit gehörigem geographischen Abstand. Dennoch entwickelte das Ereignis durch den Kontakt mit japanischen Freundinnen und Freunden schnell auch auf ihn eine sehr emotionale Wirkung. Zusätzlich erschien es ihm unmöglich, den Diskussionen mit Bekannten und der medialen Omnipräsenz zu entkommen, die ihm ständig suggerierte, dass so eine Katastrophe immer und überall stattfinden könne. Alireza Ghandchi ging daraufhin unmittelbar dazu über „Fukushima" in seiner Kunst zu verarbeiten.

Ergebnis ist die Fotoreihe „Restriction". Die inszenierten und in Berlin aufgenommenen Bilder haben auf den Betrachter die Wirkung einer Dokumentation der Geschehnisse in Japan beizuwohnen. Alireza Ghandchi will mit der visuellen Kraft der Fotografie Phantasie und Imagination anregen und gleichzeitig für die Möglichkeit einer plötzlichen Zerstörung unseres Alltags sensibilisieren, der durch eine einzige riesige Katastrophe aus den Fugen gehoben werden kann.

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Allein der historische, kulturelle und ideologische Kontext, in dem die Japaner überhaupt so viele Atomkraftwerke auf instabilem, erdbebengeschütteltem Boden bauten, ist ein Thema für sich. Die Technikgläubigkeit nach dem Krieg ist hier nur eine Antwort in einer System von Begründungen, das mindestens so komplex wie die japanische Gesellschaft selbst ist. Es waren diese Fragen, denen sich Taro Chiezo in seinen ausgestellten Arbeit gewidmet hat.

„Japaner mussten an die Kernenergie glauben, um ihre Angst vor Atombomben zu vergessen. Filme und Cartoons wurden dazu benutzt, den Menschen weiszumachen, dass die Technik vertrauenswürdig und sicher ist." Einer der Entstehungsgründe für das Werk Japanimation, und seine intensiven Anleihen bei der Science Fiction. Von 1950 bis 1970 wollten die Japaner Fantasien sehen, die auf einer Technologie der Zukunft basieren.

Die Ausstellung "Distant Observations—Fukushima in Berlin" findet noch bis zum 27. April im Kunstraum Kreuzberg statt und ist täglich von 12 bis 19 Uhr geöffnet.

Schaut euch die Vice-Dokumentation zur Rückkehr in die verstrahlte Zone von Fukushima drei Jahre nach dem Ungkück an.

Und so sah es bei der Ausstellungseröffnung aus.