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Die beliebtesten deutschen Vornamen der letzten 54 Jahre in einem GIF

Warum Kevin mal Avantgarde war und Maximillian vor allem im Süden Deutschlands beliebt ist.
Hier sind die beliebtesten Mädchennamen der letzen fünf Jahre nach Bundesländern. Sophie ist überall! Quellen: 2009, 2014 Knud Bielefeld, 2010-2013 GfdS

2014 wurde die flächendeckende Sophie'sche Herrschaft von etwas mehr Vielfalt abgelöst. Bild: Motherboard/VICE, Quellen: 2009, 2014 Knud Bielefeld , 2010-2013  GfdS

Statistiken über die großen Fragen des Lebens erfordern normalerweise einen riesigen Apparat zur Datenerfassung und -verarbeitung. Die Geschichte der beliebtesten Vornamen, die Eltern ihren Kindern geben, wird in Deutschland jedoch maßgeblich von einem einsamen Hobby-Statistiker mitgeschrieben, der selbst auf den schönen Namen Knud Bielefeld hört.

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Unentgeltlich und akribisch weist Herr Bielefeld seit Jahrzehnten die beliebtesten Vornamen in Deutschland aus. Als Datengrundlage nahm der Hobby-Namensforscher über 181.000 Geburtsmeldungen aus ganz Deutschland. Das sind ca. 27% aller im Jahr 2014 geborenen Babys. Da in Deutschland keine offizielle Statistik über die Vergabe der Vornamen geführt wird, legt der Wirtschaftsinformatiker aus Ahrensburg jedes Jahr rund 455 Quellen wie Babygalerien von Geburtskliniken für seine Listen zugrunde.

Dank Herrn Bielefeld, der sich selbst den liebenswerten Titel „Vornamenshobbyist" verliehen hat, lässt sich so ein formschönes Geschmacksportrait nachzeichnen. Bis 1960 reichen seine Top-10-Listen zurück, die er seit sechs Jahren auch nach einzelnen Bundesländern aufschlüsselt. Auch die Gesellschaft für deutsche Sprache bringt seit 1977 jedes Jahr eine Liste mit den beliebtesten Vornamen heraus. Die Sprachwissenschaftler, die gerade die „Lügenpresse" zum Unwort des Jahres gekürt haben, legen dabei die Daten von Standesämtern zugrunde.

Mit Hilfe der beiden Datensätze haben wir für euch die Bundesländer-Babynamen der jüngsten Jahre in zwei Gifs visualisiert und außerdem eine Top-10-Liste der Vornamen seit 1960 aufgeführt. Wie ihr sehen könnt, verändern sich die Moden von Vornamen sehr langsam. In diesem Sinne: Auf mehr wohlbenannten Nachwuchs in den kommenden Jahren!

Hier sind die beliebtesten Mädchennamen der letzen fünf Jahre nach Bundesländern. Sophie ist überall! Quellen: 2009, 2014  Knud Bielefeld, 2010-2013 GfdS

Berlin, Alexanderplatz: In Berlin bleibt Alexander ungeschlagen auf Platz eins. Quellen: 2009, 2014 Knud Bielefeld, 2010-2013 GfdS

Herr Bielefeld, der auch Eltern bei der Namensvergabe berät, stellt längerfristig zwei generelle Trends fest: Kürzere Namen mit weniger Konsonantenclustern (Mia statt Franziska) und androgynere Namen für Jungs, die weicher klingen. Dass sich die Mode der beliebtesten Vornamen in Deutschland nur sehr schleppend ändert, weiß Bielefeld schon lange. 2014 standen kurz und knackig Emma und Ben (dieser zum vierten Mal in Folge!) an der Spitze.

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Mindestens genauso spannend sind aber die Ausreißer und Exoten. Es erschließt sich uns beispielsweise nicht ganz, warum Eltern ihr frisches, niedliches Baby nach einem warzigen Alkoholiker nennen, der Nazidevotionalien sammelt und seine beste Zeit längst hinter sich hat (Lemmy gab es 2014 dreimal in Deutschland).

Die Standesämter in Deutschland regulieren die zulässigen Namen derweil immer lockerer und orientieren sich hauptsächlich an zwei Richtlinien: Der Name darf dem Kindeswohl nicht schaden und er muss dem Wesen nach ein Vorname sein. Apple, Pfefferminze und London fielen bei den deutschen Standesämtern durch—Chanel, Sheriff, Imperial-Purity und Despot gingen allerdings klar.

Die Siebziger: geprägt von Stefanies, Sabines und Claudias. Quelle: Knud Bielefeld, beliebte-vornamen.de

Bis auf den Ausreißer Maximilian lässt sich hier der Trend zu kürzeren Namen deutlich über die Jahrzehnte ablesen. Quelle: Knud Bielefeld, beliebte-vornamen.de

Immer häufiger werden Namen als Kontraktionen aus zwei bestehenden zusammengesetzt, wie zum Beispiel bei Kathalea. Cataleya, die Hauptfigur und Profikillerin aus dem Film Colombiana, wurde in abgewandelter Form zunächst in den USA verwendet. 2013 sickerte der Name dann nach Deutschland durch.

Ein interessanter Neueinsteiger 2014 ist Katniss nach der Protagonistin aus der Hunger Games-Trilogie (fünfmal vergeben). Das ist nicht das erste Mal, schon zum Hype um die Vampirschmonzetten von Stephanie Meyer tauchten die Namen Ed und Bella in Herrn Bielefelds Listen urplötzlich auf. Immer mal wieder orientieren sich Eltern auch an medialen Ereignissen: Bei den Jungs gab es —wohl noch leicht restalkoholisiert im Freudentaumel der WM—aktuell die Aufsteiger Neymar und Mats, aber auch unzählige Samis, Lionels und Cristianos.

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Die vielleicht größte Überraschung in diesem Jahr ist Pepe, der in in Mecklenburg-Vorpommern in den Top10 auftaucht. Auch Kevin wird trotz allem Stigma, das diesem Namen anhaftet, immer noch vergeben. Die Beliebtheit dieses Namens schoss übrigens 1991 durch die Decke, als Kevin allein zu Haus zwei dämlichen Einbrechern Fallen stellte. In den Niederlanden war dieser Name noch beliebter und rangierte jahrelang auf Platz 1—aber gut, in diesem Land erfreuen sich ja auch Gabber und die Frikandel ungebrochener Beliebtheit.

Im Auftrag großer namenskundlicher Transparenz hat Herr Bielefeld natürlich auch das spezielle Namensphänomen Kevin in einem Graph aufgeschlüsselt:

Als jemand, der gleich mit mehreren ziemlich wahllosen Vornamen gesegnet wurde, möchte ich euch zum Schluss noch einen Tipp geben: Wusstet ihr eigentlich, dass Eltern in Deutschland ein Vornamenserfindungsrecht zugestanden wird? Nicht nur das Wort ist toll, auch diese rechtlich verankerte, unverhohlene Aufforderung zur Kreativität ist durchaus erfrischend.

Beeindruckt Theresa mit euren klangvollen Namen auf Twitter.