Dieser Top-Bartender verrät dir seine Cocktailgeheimnisse

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Dieser Top-Bartender verrät dir seine Cocktailgeheimnisse

178 Rezepte von einem Profi und es gibt sie alle gratis im Netz.

Chris Lowder gehört zu den Influencern. Nein, er ist nicht einer von diesen Social-Media-Influencern, der sein Outfit des Tages für seine Millionen Follower postet, sondernein echter Top-Bartender.Er hat in den besten Bars der Welt gearbeitet und jetzt verrät er seine tiefsten Bargeheimnisse—kostenlos und für jeden zugänglich.

Letzten Monat hat Lowder, der gerade als Barchef im Four Seasons in Seoul arbeitet, das hier bei Facebook gepostet:

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In dem Post war ein Link zu 178 Rezepten, die man seiner Meinung nach auch 2016 kennen sollte.Schnell gab es Hunderte Likes, Kommentare und der Post wurde über 100 Mal geteilt. Lowders Facebook-Feed wurde mit Danksagungen, Lobeshymnen und Fragen überhäuft.

„Eines vorweg: Ich bin nicht der Meinung, dass das die einzigen Drinks sind, die man kennen sollte. Ich glaube auch nicht, dass das die leckersten Cocktails sind, die jemals erfunden wurden", beschreibt er seine Rezeptsammlung. „Kurzum: Das hier ist ein Starter-Kit mit Rezepten, die du in deiner Bar nutzen und meistern kannst und mit denen du wachsen kannst."

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„Ich will einfach nur etwas Nettes machen, um den Leuten zu helfen, die gerade am Anfang ihrer Karriere in dieser unglaublichen Branche stehen."

Ein gut geschriebener, bescheidener Guide mit jeweils sechs Drinks für die wichtigsten Spirituosen, dazu noch ein paar persönliche Kommentare und Geschichten. Wir haben uns mit ihm über seine Rezeptsammlung unterhalten—die bereits ins Koreanische übersetzt wurde—, über seine Erfahrungen hinter der Bar und darüber, ob er in Zukunft noch mehr veröffentlichen will.

MUNCHIES: Was hat dich dazu inspiriert, diese Sammlung öffentlich zugänglich zu machen? Chris Lowder: Nachdem ich zehn Jahre lang als Koch und Barkeeper gearbeitet habe, weiß ich kostenlose Bildung ungemein zu schätzen. Denn gerade in Bars und Restaurants kommt so ein bisschen Auftrieb allen zugute. Wenn die Angestellten mehr wissen, geht es auch den Gästen in einem Restaurant besser. Diese positive Gefühl bei allen führt dazu, dass mehr Leute gern ihr Geld in Restaurants oder Bars ausgeben. Je mehr Wissen Köche und Barkeeper untereinander teilen, daran glaube ich wirklich, desto mehr profitiert jeder davon.

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Im letzten Jahr hatte ich die Möglichkeit, in 12 Städten auf sieben verschiedenen Kontinenten Barpersonal auszubildenund als Barkeeper zu gastieren. Diese tolle Erfahrung hat mir wirklich die Augen geöffnet: Ich habe erkannt, wie wunderbar vielfältig die Cocktailwelt überall geworden ist. Und ich habe einige der Herausforderungen der Bartender weltweit mitbekommen können. Was ich beim Blick hinter die Kulissen als größtes Problem festgestellt habe, war die Frage, wie man es schafft, das Barpersonal auch weiterzubilden.

Als blutiger Anfänger, der lernen möchte, wie man im Dienstleistungsgewerbe arbeitet, hat man ein Problem: Die Informationen, zu denen man Zugang hat, sind entweder extrem weitgefasstes, enzyklopädisches Wissen oder es sind superspezifische Bücher über Nischenthemen, die total sinnlos für einen Anfänger sind. Es gibt keinen praktischen Schritt-für-Schritt-Guide, der einen vom Anfängerstadium bis zu dem Punkt, an dem man professionell arbeiten kann,begleitet. Klar, es gibt großartige Bücher … die kleinen ungeschriebenen Gesetze der Branche findet man dort aber nicht.Vielleicht gibt es in deiner Bar/deinem Restaurant auch ein eigenes Handbuch für den Service oder die Rezepte, aber das ist überraschenderweise selten so. Das Paradoxe bei so einer Handwerkskunst ist, dass man, je mehr man in der Bar oder der Küche kann, auch mehr Verantwortung übernimmt. Und je mehr Verantwortung du hast, desto weniger Zeit hast du, um deine Weisheit an die Anfänger weiterzugeben.

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„Nachdem ich zehn Jahre lang als Koch und Barkeeper gearbeitet habe, weiß ich kostenlose Bildung ungemein zu schätzen."

Diese Rezeptsammlung war für mich der erste Schritt, um eine größeres Handbuch für meine „Azubis" zusammenzustellen, das sie Schritt für Schritt begleitet. Als ich nur ein paar Bartender ausgebildet habe, war es einfach, durch gemeinsames Arbeiten und Erzählen jeden auf dem gleichen Level zu halten. Aber die Hotels zwingen dich, ein System aufzubauen und dein Wissen zu verbreiten. Im Four Seasons in Seoul gibt es 12 Programme, die gleichzeitig laufen. Ich bin für alle verantwortlich. So ungern ich das zugebe: Es gibt Leute, die ich einstelle und dann nur 30 Minuten in der Woche sehe. Ich dachte, das müsste doch besser gehen, also habe ich diesen Guide geschrieben.

Ich war fast fertig mit der Rezeptliste, als ich zu einem Bartender-Training nach Shanghai gefahren bin. Wir waren fertig und ich wünschte mir nur, dass ich noch einen Monat lang mit dem Team arbeiten könnte. Das waren fleißige, aufrichtige Anfänger, die einfach keinen richtigen Mentor hatten. Dann erinnerte ich mich daran, wie ich das erste Mal in Philadelphia hinter der Bar stand. Ich war auf einer Barkeeper-„Schule". Jede vierstündige Unterrichtseinheit begann damit, dass wir eimerweise Wasser einfärbten. Gelb für Zitronen- bzw. Limettensaft, Orange für Ananassaft, Grün für Sodawasser, Rot für Cranberry. Und dafür habe ich Geld bezahlt. Abartig und lächerlich. Da habe ich mich entschieden, mein Wissen für alle kostenlos zur Verfügung zu stellen. Ich möchte einfach solchen Leuten helfen, die gerade anfangen.

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Wie lang hat es gedauert, diesen Guide zu schreiben? Eigentlich ist das etwas, an dem ich schon mehrere Jahre werkele. Ich bin ein Rezept-Nerd und liebe es, mir aufzuschreiben, wie verschiedene Bars die gleichen Drinks machen. Früher war ich Übersetzer und ich habe viel Software auf meinem Computer und meinem Smartphone, um solche Informationen zu sammeln: In meiner Karteikarten-App sind über 500 unterschiedliche Cocktails. Das ist keine Prahlerei, eher eine Krankheit.

Eine Bar, von der ich denke, dass sie besonders interessante oder durchdachte Cocktails haben, kontaktiere ich, und frage sie, ob sie mir ihre Rezepte verraten. Das alles speichere ich in Google Drive, wenn ich neue Karten zusammenstelle, kann ich also immer die Rezeptquelle angeben. Ein Cocktail hat vielleicht nur vier verschiedene Zutaten, aber selbst da bleibt viel Spielraum, um Nuancen zu setzen. Es ist eine eigene Sprache. Der Guide an sich hat nicht so lange gedauert. Als mir klar war, was ich schreiben wollte und wie es aussehen sollte, hatte ich ihn in drei Tagen fertig. Ich habe nach der Arbeit daran gearbeitet. Die meisten Rezepte hatte ich im Kopf, die echte Herausforderung war es also, zu entscheiden, welche auf die Liste kommen.

Wie war das Feedback, nachdem du ihn auf Facebook gepostet hast? Wirklich rührend. Innerhalb von drei Tagen wurde der Guide über 100 Mal auf verschiedenen Barseiten geteilt. Es ist immer nervenaufreibend, seine persönlichen Gedanken zu einem Thema zu publizieren, gerade auch wenn das Publikum alles Leute sind, die ihr Handwerk verstehen und eine starke eigene Meinung haben. Aber ich glaube, die meisten haben den Guide als das verstanden, was er ist. Ich versuche damit kein Geld zu machen. Ich will einfach nur etwas Nettes machen, um den Leuten zu helfen, die gerade am Anfang ihrer Karriere in dieser unglaublichen Branche stehen.

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Gab es eine Reaktion, die du am besten fandest oder die dich am meisten überrascht hat? Ein alte Freundin von mir, Alexa, hat sich die Zeit genommen, und aus dem Guide sogar eine eigene Website gemacht. LowderSpecs.com gibt es als echte Seite. Ich habe sie nicht darum gebeten, sie kam einfach zu mir mit einer fertigen Website an und meinte zu mir, dass sie fest an dieses Projekt glaubt. Menschen sind einfach die besten.

Du sagtest, dass der Guide ins Koreanische übersetzt wurde. Sind noch andere Sprachen geplant? Das war eine riesige Überraschung. Ich bin gerade dabei, eine Version mit dem metrischen System zu erstellen, sodass es einfacher für Barkeeper in Europa und Asien ist. Und ich habe gehört, dass eine Version in Mandarin gerade in Arbeit ist, da werde ich definitiv mithelfen. Eine gute Gelegenheit, um mal wieder aufzufrischen.

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„Mein erster selbst gemachter Cocktail war ein Manhattan, bei mir zu Hause. Nach ein paar Versuchen suchte ich online nach Barschulen. Das war eine der besten Entscheidungen meines Lebens."

Hast du mal daran gedacht, ein Buch zu schreiben? Ich habe definitiv noch mehr beizutragen, aber ich bin nicht sicher, ob ein Buch das beste Medium ist. Momentan arbeite ich an einem dynamischen Trainingsprogramm für Bars und Restaurants, das noch zehn Mal größer ist als dieser Guide. Sobald das startet, erfahren es eure Leser als Erstes.

Was kommt nach diesen positiven Reaktionen auf den Guide als Nächstes? Rezepte sind toll, aber Wissen allein reicht nicht, man muss auch ständig üben. Ich glaube, [der Coach] Tony Robbins hat das mal gesagt. Solche Guides sind nett, weil ich dadurch alle auf ein ähnliches Level bringen kann und wir gemeinsam weiter voranschreiten können. Jetzt, wo wir den Boden aufgerissen haben, müssen wir gemeinsam noch die Decke durchbrechen und die Erwartungen unserer Gäste übertreffen. Das kann ein Leben lang dauern.

Gibt es noch etwas, das du über den Guide oder Barkeeping allgemein loswerden willst? Natürlich habe ich den Guide geschrieben, um neuen Bartendern zu helfen. Gleichzeitig haben mich auch ein paar Freunde angesprochen, die gar nicht in der Branche arbeiten, und mir gesagt, wie nützlich sie ihn finden. Das bedeutet mir enorm viel. Mein erster selbst gemachter Cocktail war ein Manhattan, bei mir zu Hause, nachdem ich gesehen habe, wie [der TV-Moderator] Alton Brown einen Martini in [der Fernsehshow] Good Eats gemacht hat. Nach ein paar Versuchen suchte ich online nach Barschulen. So komisch sich das anhört, aber das war eine der besten Entscheidungen meines Lebens. Ich bin in eine bemerkenswerte und aufregende Branche gekommen und kann glücklich sagen, dass ich meine Arbeit wirklich liebe.

Ich weiß, dass Inspiration auf vielen Wegen kommt. Wenn ich eine komplexe Fertigkeit einfacher verständlich machen kann und dadurch ein paar Leute inspiriere, sich im Mixen von Drinks auszuprobieren, dann bedeutet mir das unglaublich viel.

Vielen Dank für das Gespräch.

Folgt Chris Lowder bei Twitter.