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La Liga

10:2—Real Madrid hat Rayo Vallecano eine politische Abreibung verpasst

Rayo Vallecano gilt als St. Pauli Spaniens, ein linker Club samt Regenbogenflagge auf dem Trikot. Real Madrid dagegen ist der Verein des konservativen Spanien. Zufälligerweise waren gestern Wahlen und selten hat man Madrid-Spieler so rennen sehen.

Im Santiago Bernabéu spielten sich gestern unschöne Szenen ab, zumindest wenn man was gegen Zweiklassengesellschaften im Fußball hat. Denn die Begegnung zwischen Real Madrid und Rayo Vallecano—dem „kleinen" Madrid-Derby—unterstrich auf besonders torreiche Weise genau einen solchen Status quo in der Primera División. Oder ging es am Ende auch um ein politisches Zeichen, das Real am so wichtigen Wahltag in Spanien setzen wollte?

Doch zuerst zum Spiel. Das fing für Fußballromantiker so vielversprechend an, als die Underdogs aus der Madrider Vorstadt die schnelle Real-Führung mit zwei herrlichen Kopfballtoren drehen konnten. Als die ersten Zuschauer an die schiere Möglichkeit einer Riesensensation zu glauben begannen, packte Rayo-Verteidiger Tito gegen Toni Kroos die Blutgrätsche aus und bekam dafür völlig verdient die rote Karte.

Da waren gerade mal 14 Minuten gespielt. Nach dem siebten (!) Platzverweis der Saison für Rayo begannen die Königlichen, ihrem Namen langsam, aber sicher alle Ehre zu machen. Und wurden dabei erneut von einer Undiszipliniertheit auf Seiten Rayos unterstützt. Denn dem 2:2 durch Gareth Bale folgte ein weiterer Platzverweis für Rayo sowie ein Strafstoß, den Ronaldo sicher zum 3:2 verwandelte. Was danach folgte, war eine fußballerische Offenbarung einer Real-Madrid-Mannschaft, die mit einer selten gesehenen Konsequenz von Tor zu Tor eilte und den Ball nach jedem Treffer Richtung Anstoßpunkt ballerte. Man konnte anscheinend vom Toreschießen gar nicht genug bekommen und hatte augenscheinlich unendlich viel Lust, den Gegner sowas von vorzuführen.

Was uns übrigens zu einer interessanten Lesart der 10:2-Abreibung von Rayo Vallecano bringt. Denn die haben in Spanien nicht nur den Ruf einer Fahrstuhlmannschaft, sondern vor allem auch den eines echten „Linkenclubs". Rayo ist in etwa die spanische Antwort auf den FC St. Pauli (samt Regenbogenflagge auf dem Trikot), während Real Madrid und seine Anhänger traditionell den Ruf haben, dem konservativen Lager näher zu stehen. Und da gestern in Spanien nicht nur Fußball gespielt, sondern vor allem auch gewählt wurde—und zwar ein neues Parlament und damit auch eine neue Regierung—erscheint es nicht abwegig, dass Real-Präsident Florentino Pérez seinen Spielern mit auf den Weg gegeben hat, gegen Rayo eine Extraschippe raufzulegen und so auch den Sozialisten (PSOE) und der neuen linken Podemos-Partei indirekt eins auszuwischen (was aber nicht geklappt hat). Dass Pérez alles andere als ein politisch unbeschriebenes Blatt ist, zeigt ein Blick in seine Biografie. Denn der erfolgreiche Unternehmer diente schon unter Franco als Generaldirektor im Straßenwesen und trat 1979 in die Mitte-Rechts-Partei Unión de Centro Democrático ein, bevor er später Mitglied der gemäßigt konservativen Partido Reformista Democrático (PRD) wurde.