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Full Moon Partys in Thailand sind von YOLO-Idioten übernommen worden

Yolo-Idioten haben sie gekapert und mit der ursprünglichen Form der Events hat das nichts mehr zu tun.

Es ist ein altes Klischee, etwas schlecht zu machen, was einmal gut war. Aber als die Morgensonne über den fluoreszierenden Überresten und den Tausenden leeren Plastikbechern der letzten Nacht aufgeht, kann ich einfach nicht anders.

Ich stehe am überfüllten Haad-Rin-Strand auf Thailands idyllischer Insel Koh Phangan, Heimat der ersten und mittlerweile berüchtigten Full Moon Party. Stunden zuvor räkelten sich hier 20.000 Körper, berauscht durch billigen Alkohol und Magic-Mushroom-Milchshakes, gemeinsam zu den Klängen pulsierender House-Musik. Jetzt liegen bereits ein paar vereinzelt am Strand, während der harte Kern zügig ausnüchtert und noch weiter tanzt. Ihre halbbewussten, nackten Körper brutzeln langsam unter der Thai-Sonne. Sie sind umgeben von Bierflaschen, Glasscherben und Plastikeimern.

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Das ist alles ein wenig deprimierend, originell ist daran schon längst nichts mehr. Der Abstieg der Full Moon Party von einem sagenumwobenen Love-in zu einem U30-Rave auf See vollzieht sich bereits seit Jahren. Einst galten die Partys als geheimnisvolle Events, auf denen etwa 30 Psytrancer wenigstens auf irgendeine Weise nach einer spirituellen Erfahrung suchten. Heute sind die Full Moon Partys nur ein weiterer Laufstall für hedonistische BWL-Studenten, deren Vorstellung einer spirituellen Erfahrung einem Hennatattoo entspricht.

Annabelle, 21, aus Leighton Buzzard, erzählte mir: „Wir werden uns hart besaufen“, und dass alle Sicherheitsbedenken von ihr und ihrer Gruppe höchstwahrscheinlich „nach ein paar Drinks sowieso keine Rolle mehr spielen.“ Sie hatte mehrere Pflaster und Verbände an den Armen und Beinen—das Ergebnis eines Sturzes von der Bühne Anfang der Woche.

Ich habe in der Nacht viel Zeit mit der Royal Thai Police verbracht. Zum ersten Mal in der Geschichte des Events haben uniformierte Beamte das Treiben am Strand von einem provisorischen Sicherheitszentrum aus beobachtet. Ziel der Aktion war es, mehr Polizeipräsenz zu zeigen. Sie folgten einer Empfehlung der britischen Botschaft, deren Vertreter mir erzählten, sie hätten „ein aktives Interesse“ an der Party und der Sicherheit der Nachschwärmer.

Nach einem mäßigen Beginn strömten immer mehr Menschen in das Polizeizelt. Einige wollten nur ein Bild mit der Polizei schießen—die Beamten hatten sichtlich Freude daran—, aber die meisten hatten entweder ihre Freunde verloren, waren bestohlen worden oder wollten nach dem Weg zum nächsten Sanitäterzelt fragen.

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In einem Fall taumelte ein Mann auf das Zelt zu. Er war blutüberströmt, nachdem er sich anscheinend mit einem Stift gestochen hatte. Die Beamten schauten etwas amüsiert zu, als er davon stolperte. Die Sanitäter waren da noch nicht angekommen und der Typ musste mit sich selbst klar kommen.

Als nächstes kam ein Paar, das auf einer Bühne getanzt hatte, als einige Typen vorbeikamen und dem Mädchen das Handy abzogen und sie zu Boden schubsten. Die Polizei nickte und schrieb die Details auf. Aber es schien allen Beteiligten klar zu sein, dass eh nichts unternommen werden könnte.

Später brachten ein paar Beamte in Zivil einen Typen vorbei, der ein großes Bierfass um sich schleuderte. Der zuständige Polizist erzählte mir, dass der Mann—der offensichtlich burmesisch und nicht thailändisch war—verhaftet worden war, nachdem in einer der Bars nachweislich Drinks mit Pilzen ausgeschenkt wurden. Mir wurde nie erklärt, warum eine andere Bar weiter unten am Strand solche Getränke ohne Weiteres ausschenken darf.

Woanders am Strand gab es für diejenigen, die mutig oder besoffen genug waren, brennende Springseile, Feuerringe zum Durchspringen und feurige Limbostangen. Die jungen Thais, die die Seile schwangen und die Ringe festhielten, wirkten genauso besoffen wie die Touristen. Ihnen war es vermutlich egal, was um sie herum alles passierte. Ein unglücklicher Draufgänger ging in Flammen auf, als sich sein Körper mit einem Springseil verhedderte. Er hat es rechtzeitig ins Wasser geschafft, bevor er sich ernsthaft verletzte.

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Der Rest der Nacht war im Grunde genommen eine Parade zunehmend betrunkener Leute, die den Strand auf- und abliefen. Jeder von ihnen hielt sich an seinem Eimer mit Whiskey und Red Bull fest. Aber so besoffen die Leute auch waren, gab es nicht das „Gemetzel“, von dem mir der Besitzer einer örtlichen irischen Bar erzählt hatte. „Hast du jemals Einer flog über das Kuckucksnest gesehen? So geht’s da ab“, hatte er gesagt.

Vielleicht hat die erhöhte Polizeipräsenz ja doch etwas gebracht. Es war, wie mir Dr. Worawut—ein älterer Arzt im örtlichen Krankenhaus—erzählte, vor zehn Jahren noch viel schlimmer, als härtere Drogen noch einfacher zu beschaffen waren. Heutzutage scheint es so, als ob die meisten Leute, die am Strand Pillen verticken, verdeckte Ermittler seien—tatsächlich habe ich sogar gesehen, wie ein Typ in ihre Falle geraten ist und später in Handschellen abgeführt wurde.

Aber nicht jede Full Moon Party ist so harmlos. Becki Beckmann, ein 44-jähriger Reisender aus Deutschland, der erstmals 1992 dabei war, wurde auf Koh Phangan angeschossen. Er erzählte mir, dass die Partys früher eine unverfälschte Erfahrung gewesen seien, heute seien sie nur eine widerlich schmutzige Angelegenheit, eine Nacht, die du in jedem Superclub überall auf der Welt haben könntest, nur halt mit Sand unter den Füßen und Eimern voller Schnaps anstelle von Trockeneis und Bier für sieben Euro.

„Ich denke, es hat sich über die Jahre hinweg langsam verändert“, erzählte er mir. „1992 war es noch ein bisschen geheim, aber ab 2000 war es ein weltbekanntes Event.“ Und mit dem Ruhm seien auch immer mehr Leute gekommen, erklärte mir Beckmann. Darunter auch diejenigen, die die wachsenden Massen ausbeuten wollten: „Diese Kriminellen haben das schnelle Geld gesucht; die Räuber, die Diebe, die Typen, die dir Aspirin andrehen, dir was in den Drink tun oder Mädchen vergewaltigen wollen—der ganze Abschaum.“

Die Liste ernster Vorfälle auf Full Moon Partys ist eine schaurige. Im März 2008 wurde ein britischer Tourist erstochen, als er einen Streit schlichten wollte. Im Januar 2009 wurde eine deutsche Touristin tot im flachen Wasser treibend aufgefunden. Im September 2009 erhängte sich ein Franzose in einer Polizeizelle. Und im Januar dieses Jahres wurde der 22-jährige Stephen Ashton aus England getötet—ein tödlicher Unfall während einer Schießerei zweier thailändischer Gangs. Natürlich gab es noch viel mehr Opfer.

Ich habe Beckmann gefragt, ob er glaubt, dass sich irgendetwas ändern würde. „Es gibt Millionen Touristen, die jedes Jahr nach Thailand kommen“, antwortete er. „Wen kümmern da die paar Leute, die vergewaltigt, erschossen, getötet, ermordet oder betäubt werden?“ Für die Insel gilt seiner Meinung nach: „Es ist nun mal eine beständige Einnahmequelle—die Leute wurden dadurch reich.“

Es scheint, dass sich selbst der derzeitige Strom an Touristen kaum Gedanken um die dunkle Seite macht. Ein Polizist hat mir erzählt, dass er dabei war, als Stephen Ashton erschossen wurde; als ich ihn fragte, ob die Party deshalb abgebrochen wurde, sagte er: „Das hat niemanden interessiert. Sie haben einfach weitergetanzt.“ Tatsächlich hat mir Alex—ein 18-jähriger Student aus Manchester—ein paar Stunden vor der Party frei heraus erzählt: „Leute kommen ums Leben, aber wir sind hier, um Spaß zu haben.“