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Wahlen 2015

Das denken Kinder über die Wien-Wahl

Wir haben eine Volksschule im 2. Wiener Bezirk besucht, mit den Kindern über Häupl, Strache und Flüchtlinge geredet und herausgefunden, dass sie längst eine eigene Partei gegründet haben.
Sie haben drauf bestanden, dass ich auch aufs Foto muss. Und ihre „ Welcome Refugees“- Zeichnungen auch. Alle Fotos: VICE Media

Manche Erwachsenen neigen ja dazu, zu vergessen, dass Kinder keine Idioten sind (zumindest nicht alle, immer) und man auch als Volksschüler oder Unterstufler sehr wohl schon so etwas wie einen eigenen Kopf und die dazugehörige Meinung haben kann und darf.

Auch, wenn sich in der Alterskohorte der Unter-10-Jährigen traditionell eher wenige wirkliche Polit-Experten finden, bekommen Kinder genau so mit, was rund um sie passiert. Besonders wenn ein Thema so allgegenwärtig ist, wie der aktuelle Wien-Wahlkampf oder die Diskussion über Menschen auf der Flucht. Und mit ihnen über Politik zu diskutieren ist ziemlich großartig, weil sie uns trotz allem Mangel an Fachwissen wirklich erstaunlich viele neue Perspektiven zeigen.

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Deshalb haben wir eine Volksschule im zweiten Wiener Gemeindebezirk besucht und einige Viertklässler gefragt, was sie denn über die Wien-Wahl wissen, was sie daran gut finden und was eher mies, und wofür sie sich eigentlich einsetzen würden, wenn sie Bürgermeister von Wien wären.

NIKLAS UND Anton (beide 9)

VICE: Wisst ihr eigentlich, was Wahlen sind?
Anton: Ja. Früher gab es einen König oder einen Herrscher, und der konnte alles entscheiden, und die Leute konnten nicht wählen. Aber jetzt gibts Wahlen, da gibts Wahlurnen, und da kann jeder hingehen. Oder fast jeder.

Welche Parteien kennt ihr?
Niklas: NEOS. Und Grüne, SPÖ, ÖVP, FPÖ.

Und wisst ihr, welche Partei ungefähr was macht?
Niklas: Also die Grünen sind eigentlich ein bisschen komisch, find ich. In der Zeitung stand einmal, dass sie einen Kunstrasen hingelegt haben und dann haben da Leute gepicknickt, und dann ist die ganze Straße, der Ring, stehengeblieben. Find ich blöd. Weil das ist eigentlich eine Unverschämtheit. Findest du auch Niklas?
Anton: Nein. Das dürfen die dort. Das war doch organisiert. Die hatten eine Erlaubnis.
Niklas: Echt?
Anton: Ja.

Was wisst ihr noch über die Parteien?
Niklas: Es gab einmal eine braune Partei, die hat den zweiten Weltkrieg verursacht, dieses Nazis-Dings. Die waren böse. Ich glaub, das waren auch die, die alle Juden in Konzentrationslager geschickt haben.
Anton: Die Neos sagen die ganze Zeit dass es eine neue Kraft geben muss. Und der Michael Häupl sagt immer, dass er ein Gespür für Wien hat. Und die FPÖ sagt Oktoberrevolution.

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Was glaubt ihr, was macht ein Bürgermeister eigentlich den ganzen Tag?Niklas: Er bekommt Zettel, die er ausfüllen muss. Auf den Zetteln stehen lauter Forderungen.
Anton: Vielleicht auch eine Genehmigung für einen Brückenbau, oder sowas.

Und das macht er den ganzen Tag lang?
Niklas: Vielleicht nicht den ganzen Tag.
Anton: Er muss auch Projekte in Gang setzen und so Zeug. Vielleicht auch eine Ringsperre.
Niklas: Vielleicht auch was über die Flüchtlinge, und wo die hinkommen.

Was macht eurer Meinung nach einen guten Bürgermeister aus?
Anton: Er sollte nicht panisch werden in einer brenzligen Situation.
Niklas: Nicht so wie dieser … Adolf Hitler.

Klingt absolut vernünftig.
Niklas: Weil der ja nur Krieg wollte. Und keine Juden. Man könnte ihn eigentlich auch Du-Weißt-Schon-Wer nennen. Wie bei Harry Potter.

Wenn ihr Bürgermeister wärt, wie würdet ihr denn die Sache mit den Flüchtlingen angehen?
Anton: Ich würd eine Insel im Meer aufschütten und eine Stadt für die Flüchtlinge bauen. In der Zeitung stand auch, dass jemand eine Insel für sie kaufen will.
Niklas: Ich würd in Ungarn überhaupt keinen Zaun bauen. Weil das eigentlich eine komische Idee ist. Man müsste den Flüchtlingen auch sagen, dass sie erst nach ein, zwei oder drei Jahren arbeiten dürfen, weil sie Asylwerber sind. Man sollte ihnen Nachrichten schicken, irgendwie.

Viele Politiker fordern ja immer, dass es mehr Geld für Bildung und Schulen geben sollte. Wenn eure Schule mehr Geld bekommt, wofür würdet ihr es verwenden?
Niklas: Besseres Hortessen! Nicht so wie hier, da will man auf den Boden kotzen. Es ist relativ eklig.
Anton: Ich würde einen Schulhof kaufen. Wir haben übrigens gerade eine Partei gegründet.

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Ihr habt eine Partei gegründet? Wie heißt sie?
Anton: SchPÖ . Schülerpartei Österreichs [ausgesprochen Esch P Ö, Anm.]

Wofür steht die SchPÖ?
Anton: Wir stehen für besseres Hortessen.

Welche Farbe hat eure Partei?
Anton: Hmm… Gelb. Ich glaube Gelb.
Niklas: Ich glaube Gelb-Orange. Morgen nehmen wir einen Schulkarton mit und dann wird gewählt.

Gibt auch Parteien, die gegen euch antreten, oder habt ihr eher ein autokratisches System bei euch in der Klasse?
Anton: Leider gibts noch keine anderen. Das ist dann eh nicht so lustig.

Luca, 9

Hast du mitbekommen, dass am Sonntag in Wien gewählt wird?
Luca: Nein, eigentlich nicht.

Weißt du, was Wahlen sind?
Ja! Zum Beispiel, wenn wir turnen gehen, das ist immer am Freitag. Bei Völkerball, da wählen wir immer. Ich denke, das ist das gleiche.

Naja, nur ungefähr. Am Sonntag ist nämlich eine politische Wahl.
Oh, ja, ich wusste das. Nur ich habs nicht bemerkt.

Auch nicht die ganzen Wahlplakate?
Doch! „Wählt, so wie Ihr denkt"—das Plakat habe ich am meisten gesehen.

Stimmt, das ist von der FPÖ. Kennst du ein paar Parteien?
Ähm, nein.

Interessierst du dich für Politik?
Ja, und ich schaue immer Politik an, weil es mir Spaß macht. Nachrichten auch sehr viel. Ich finde es interessant, wie sie das machen. Wie soll ich sagen…Ich finde diese Arbeit sehr beschwerlich.

Kennst du den Bürgermeister von Wien?
Nein, leider.

Er heißt Michael Häupl und ist von der SPÖ …
… oh ja—die würde ich wählen! Weil das S steht für Schule, oder?

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Nicht ganz, es steht für Sozialdemokratisch.
Ah, genau. Aber ich finde es gut, was die machen.

Was glaubt du ist die Aufgabe von einem Bürgermeister?
Er wählt so Leute aus, und die bestimmen dann für die ganze Welt, oder für Wien, eine bestimmte Sache. Zum Beispiel: Es kommt ein neues Krankenhaus hier hin, oder eine neue Schule dort hin. Und der Bürgermeister sagt dann, ob das möglich ist oder nicht.

Und was macht einen guten Bürgermeister aus?
Wenn andere ihn fragen, ob sie zum Beispiel ein neues Krankenhaus haben können, würde er alles tun, um ihnen das zu ermöglichen. Manchmal gehts, aber manchmal auch nicht.

Wärst du gern Bürgermeister?
Eher nicht. Ich weiß nicht, ich war noch nie Bürgermeister, aber ich glaube, dass man da die ganze Zeit sitzt.

Ein bisschen wie in der Schule.
Ich will lieber Sport treiben, ich will Basketballer werden.

Wenn ihr von den Politikern mehr Geld für eure Schule bekommen würdet, wie würdest du es verwenden?
Ich würde es den Armen geben, also den Flüchtlingen.

Florian, 9

Florian: Vorher waren zwei Kinder bei dir, die dir von der SchPÖ erzählt haben, oder? Ich bin auch bei der Partei. Ich bin Vizepräsident.

*VICE: Oh, du gehörst auch dazu. Was sind deine politischen Anliegen?*
Besseres Hortessen. Aber nicht nur. Wir setzten uns auch dafür ein, dass wir öfter in den Turnsaal gehen. Und dass wir ein- oder zwei mal im Monat einen Videospiel-Tag machen, und einen Büchertag.

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Eigentlich ein wirklich gutes Wahlprogramm. Kennst du auch die Parteien, die am Sonntag zur Wahl in Wien antreten?
Florian: Soll ich jetzt alle aufzählen? SPÖ, ÖVP, FPÖ, Grüne, NEOS, Piratenpartei,…

Wow, du kennst dich aus. Weißt du auch, wofür sich welche Partei einsetzt?
Florian: Die FPÖ ist gegen die Ausländer und gegen die Flüchtlinge. Mehr weiß ich eigentlich nicht.

Und was hältst du von der FPÖ?
Nicht gut. Weil ich das nicht gut finde, dass sie gegen die Flüchtlinge sind.

Wie sollte man den Menschen, die hierher flüchten, denn deiner Meinung nach helfen?
Kleidung spenden. Und ich würde verlassene Häuser renovieren lassen, und sie dort einquartieren.

Wie würden eigentlich die Wahlplakate von eurer SchPÖ ausschauen?
Also unser Logo wär auf jeden Fall drauf. Wir haben schon ein Logo. Die Punkte über dem Ö sind Glühbirnen. Das soll bedeuten, dass wir viele Ideen haben. Und unser Spruch ist: „A G'spür für die Schule".

Severin, 10, und Linus, 9

VICE: Habt ihr mitbekommen, dass am Sonntag Wahlen sind?
Severin: Am Sonntag schon?!

Ja! Wisst ihr, wer antritt?
Severin: Ein paar weiß ich: Den Häupl, den Strache … und sonst keinen. Doch, und den Manfred Juraczka.
Linus: Ich kenn einige Parteien. SPÖ, FPÖ, Grüne, Neos, ÖVP, SchPÖ …

Warte, bist du auch bei der SchPö?
Linus: Ja, ich bin Vizesprecher.
Severin: Wer ist eigentlich erster Sprecher?
Linus: Anton.

Ich hab schon gehört, wofür ihr euch einsetzt.
Severin: Größerer Turnsaal!
Linus: Besseres Hortessen.

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Was wisst ihr über die Bürgermeisterkandidaten?
Severin: Dass der Strache gegen Flüchtlinge und Ausländer ist. Und dass er dumm ist.

Warum ist er dumm?
Severin: Na weil er dumm ist! Weil er keine Ausländer mag. Sonst müsst der Zjombor aus meiner Klasse weg, weil der hat fünf Jahre in Ungarn gelebt und hat noch keine österreichische Staatsbürgerschaft. Das wär scheiße.

Wenn ihr Bürgermeister wärt, wie würdet ihr den geflüchteten Leuten Helfen?
Severin: Ich würde eigene Heime errichten lassen. Aber mit großen Zimmern, nicht mit ganz kleinen. Und dafür sorgen, dass sie auch wählen dürfen.
Linus: Ich will, dass sie die gleichen Rechte haben, wie alle anderen Leute.

Was wäre denn eurer Meinung nach ein richtig schlechter Bürgermeister?
Severin: Jemand, der sich zum Diktator macht.

Katarina, 9, und Madita, 8

Habt ihr viel von den Wahlen mitgekommen, die am Sonntag stattfinden?
Katarina: Ja, durch Leute, die darüber geredet haben.
Madita: Mein Papa und meine Mama haben ihre Stimmzettel schon ausgefüllt, sie haben sie per Post gekriegt.

Kennt ihr die Parteien, die man dort wählen kann?
Madita: Ein bisschen.
Katarina: Was sind eigentlich Parteien?

Äh, das sind Zusammenschlüsse von Politikern, du ungefähr die selbe Meinung haben. Die tun sich zusammen, und das nennt man dann Partei. Und dann wollen sie, dass man ihnen bei der Wahl seine Stimme gibt, damit sie einen von ihnen aussuchen können, der dann Bürgermeister von Wien wird.
Katarina: Ah ich weiß schon. Die FPÖ ist mit dem Strache, und der ist gegen Flüchtlinge.

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Weißt du sonst noch irgendwas über den Herrn Strache?
Katarina: Er ist böse. Weil er keine Flüchtlinge mag. Obwohl sie auch nur Menschen sind wie jeder andere.
Madita: Er sollte sich mal vorstellen wie es wär, wenn er ein Flüchtling wär.

Wenn ihr dem Herrn Strache etwas ausrichtet könntet, was würdet ihr ihm sagen?
Madita: Du bist dumm!
Katarina: Hör auf, böse zu sein.
Madita: Hilf den anderen Leuten.

Wie würdet ihr den flüchtenden Leuten helfen?
Katarina: Ich würde mit ein paar anderen Politikern darüber reden, und dann zusammen eine Lösung finden, wie man helfen kann. Und dann machen!

Was sollte der Bürgermeister eurer Meinung nach machen?
Katharina: Sich mit dem Kanzler treffen und Lösungen finden, aber auch mal Pause machen.
Madita: Genau, und auch mal Essen gehen.
Katarina: Und dafür sorgen dass die älteren Häuser, die schon sehr kaputt sind, repariert werden.
Madita: Oder abgerissen und neu gebaut werden. Aber nur die kaputten, nicht die schönen.
Katarina: Und schauen, dass die Leute nicht gezwungen werden auszuziehen wegen den Flüchtlingen, sondern dass eher mehr neue Häuser für die Flüchtlinge gebaut werden.

Wisst ihr eigentlich, wer aktuell Bürgermeister ist?
Madita: Irgendwas mit Häupl.
Katarina: Hans Häupl?

Michael Häupl heißt er.
Maditha: Ah, steht ja eh auf den ganzen Schildern. Dr. Michael Häupl!

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