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Undankbares Abendland: Jetzt sind auch noch die Hooligans gegen Pegida

Jetzt hat sogar die HoGeSa dem Pegida-Chef den Krieg erklärt—allerdings nicht aus den gleichen Gründen wie alle andern.

Update: Mittlerweile ist Lutz Bachmann auch zurückgetreten. Mehr dazu hier.

Es ist gerade nicht leicht, Lutz Bachmann zu sein. Kurz nachdem die von ihm ins Leben gerufene Pegida ihren absoluten Höhepunkt mit einem Auftritt in der Talkshow von Günther Jauch hatte, scheint jetzt alles über ihm zusammenzubrechen: Erst ist ein Foto von ihm als

In dem Fall ist es nur der Schatten vom Mikrofon, der Lutz Bachmanns so geschichtlich aussehen lässt. Foto: VICE Media

Hitler-Doppelgänger aufgetaucht, dann eine angebliche ältere Nachricht von ihm, in der er Flüchtlinge als „Dreckspack" und „Viehzeug" bezeichnet, und schließlich noch alte Tweets, in denen er unter anderem die standrechtliche Erschießung von Claudia Roth fordert.

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Dem besorgten Bürger Bachmann, der doch eigentlich „ nur auf der Couch liegen" wollte, droht jetzt eine Klage wegen Volksverhetzung, die ersten Mitstreiter distanzieren sich schon von ihm. Und als wäre das noch nicht genug, laufen jetzt auch noch die Jungs mit der anderen dämlichen Abkürzung gegen ihn Sturm: die Hooligans von der HoGeSa.

Die haben am Montag auf ihrer Webseite ein langes Statement zur Pegida veröffentlicht, in der sie die Bewegung aufs Schärfste verurteilen—allerdings nicht aus den bekannten Gründen (krasser Rassismus), sondern weil die HoGeSa nach langer „Recherche" herausgefunden haben will, dass die Pegida ein komplett vom „System" gesteuertes Ablenkungsmanöver ist.

„Wir haben uns gefragt, warum eine Bewegung in Dresden, kurze Zeit nach unserer ersten großen Demo in Köln, auftaucht, welche die Islamisierung Deutschlands thematisiert, obwohl der Anteil der Moslems in Dresden bei 0,2% liegt", schreiben die misstrauischen Hooligans. „Warum ist diese Bewegung nicht in Gebieten entstanden, wo ein Großteil an Moslems lebt?"

So weit, so nachvollziehbar. Tatsächlich haben sich die Frage schon eine ganze Menge Menschen gestellt (und die Pegida hat auch schon eine sehr schlagfertige Antwort darauf gefunden). Die Hool-Detektive gehen aber weiter und fragen: „Wieso habt ihr euren Namen so gewählt, dass man in jeder Stadt einen Ableger gründen kann? Und warum nennt ihr eigentlich nur Symptome, anstatt Lösungen?"

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Die Hools wissen die Antwort bereits: „Aus unserer Sicht habt ihr das getan, damit ihr die Leute bewusst für dumm verkaufen könnt. Ihr lasst ihnen die Möglichkeit auf die Straße zu gehen, aber ihr gebt die Richtung vor. Und eure Richtung ist nicht zielführend sondern problematisch, weil ihr euch bewusst mit den falschen Themen beschäftigt." Und danach: „Das ist Massenpsychologie auf höchstem Niveau."

Anscheinend sind die Hooligans nicht davon überzeugt, dass die Islamisierung das echte Problem ist. Und spätestens jetzt wird der Text wirklich sehr eigenartig. Denn das echte Problem, schreiben die Hools, sind „Staat und das System". Ab ungefähr der Mitte richtet sich der offene Brief dann nicht mehr nur an Pegida, sondern auch an „die Politiker", zu deren System Pegida anscheinend ja gehört. Und diese Politiker, erfahren wir als nächstes, haben auch den Anschlag von Charlie Hebdo zu verantworten, der eigentlich nur ein „false flag Angriff" gewesen sei.

Spätestens ab jetzt ist klar, dass mit den Hooligans irgendwas nicht stimmt. In den nächsten Absätzen folgt eine wilde Theorie auf die nächste: Das Grundgesetz sei ungültig, die Regierungen der Welt planen, ihre Bürger zusammenschießen zu lassen, die Welt wird von einem bösen Zinssystem beherrscht, und vor allem: der Salafismus wurde von den Amerikanern erfunden.

Und dann wird auch ziemlich deutlich, woher der Wind weht: Anscheinend haben die Hools sich seit ihren letzten großen Auftritten etwas zu intensiv mit den Theorien der sogenannten „Reichsbürger" beschäftigt, die verbreiten, dass die Bundesrepublik eigentlich gar kein souveräner Staat sei (die Jungs, zu denen Xavier Naidoo sich manchmal auf die Bühne verirrt).

Anfangs hatte die Pegida durchaus Unterstützung aus dieser Ecke bekommen. Aber aus irgendeinem Grund machen Reichsbürger unter dem Banner „Pegada" („Patriotische Europäer gegen die Amerikanisierung des Abendlandes") schon seit einiger Zeit Stimmung gegen Lutz Bachmann und Pegida. Unterstützt werden sie dabei von der rechten Anonymous-Seite Anonymous.Kollektiv. Der Grund für ihre Wut auf Pegida ist unklar, aber es scheint irgendwie daran zu liegen, dass Lutz Bachmann einen amerikanischen Pass besitzt und ein paar Pegada-Aktivisten auf der Pegida gebeten wurden, ihr Plakat einzurollen. Auf dem Plakat hatten sie sich übrigens noch ein geniales Akronym ausgedacht: „EnDgAmE", „Engagierte Demokraten gegen die Amerkanisierung Europas".

Das alles ist äußerst verwirrend, aber im Kern scheint es darum zu gehen, dass die jüngsten Erfolge der Pegida den Verschwörungstheoretikern einfach zu viel wurden. Vielleicht ist man als Verschwörungstheoretiker auch verpflichtet, alles scheiße zu finden, sobald es auch nur den Hauch von Mainstream an sich trägt (macht das Verschwörungstheoretiker zu den Hipstern der Politik? Man müsste es erforschen).

In jedem Fall ist gut möglich, dass die Hooligans und irre verwirrte Hintermänner es jetzt doch sehr bereuen, dem Lutz so wenig Vertrauen entgegengebracht zu haben. Die neuen Enthüllungen über Lutz' Führer-Fetisch weisen ja doch darauf hin, dass er und seine ganze Bewegung ihnen viel näher stehen, als sie dachten.