Der SVP-Slogan „Zmörgeli mit Mörgeli“ ist richtig dumm – aber leider auch genial

Kaum etwas ist wichtiger als Aufmerksamkeit, wenn man einen Event bewerben will. Darum machen Veranstalter Werbung auf Facebook, verteilen Flyer oder erzählen jedem, der nichts davon wissen will, dass sie einen Anlass geplant haben. Manche schaffen es dabei sogar in einen Event-Kalender oder bekommen eine Vorschau im Gratis-Schmierblatt ihrer Wahl.

Einfacher hat es die SVP. Sie ist bereits schweizweit bekannt und schafft es leicht, Leute für ihre Events zu gewinnen. Vor allem, wenn sie sich so volksnah gibt wie im Wahlkampf dieses Jahr. Sie fährt von Städtchen zu Städtchen, um in ihrem ländlichen Habitat Strassenwahlkampf im grossen Stil zu betreiben. Unter dem fast schon zu offensichtlich vom SRF abgespickten Motto „SVP bi de Lüt" lädt sie zu Wahlevents, an denen sich ihre grossen Kandidaten die Wutköpfe rot reden dürfen.

Auch die Nationalräte Christoph Mörgeli und Thomas Matter wollen nah beim Volk sein und geben darum ihre Namen her für Reimkunst aus der Schublade, die eigentlich für immer zu bleiben sollte. Unter dem Slogan „Zmörgeli mit Mörgeli, Ghackets mit Matterhörnli" wollen sie scheinbar ihrem Kollegen Oskar Freysinger die Rolle als Chef der miesen Endreime klauen und laden das Fussvolk im Kanton Zürich zum Brunch. Dazu gibt's Musik von der bestimmt Gender-befreiten „Willis Wyberkapelle" und natürlich die Wahrheit zum ach so miserablen Zustand der Schweiz.

Auf Twitter machen sich berechtigterweise viele Politikmenschen lustig über den Zmörgeli-Slogan. Sie finden ihn „peinlich" oder „gesucht", machen Witze darüber. Und sogar 20 Minuten widmet ihm einen eigenen Artikel, in dem sie die Leser unter anderem zum lustigen Politik-Slogan-Workshop bittet. Die geäusserten Meinungen zeigen dabei (fast) alle in eine Richtung: Dieser Slogan ist Bullshit. Doch das ist er nicht.

Klar, Sprüche wie „Zmörgeli mit Mörgeli, Ghackets mir Matterhörnli" sind plump, dumm und haben mit Politik etwa so viel zu tun wie Synchron-Turmspringen. Aber schaut man die Situation aus den Augen der SVP an, sind sie richtig. Die Sonnen-Partei will schliesslich nicht im Wettrennen der Intellektuellen die Schnellste sein—sondern ganz einfach als polarisierender Publikumsliebling möglichst viele Stimmen sammeln.

Sie erwartet dabei bestimmt nicht, dass von einem Moment auf den nächsten abertausende Studenten zu ihren Fans mutieren. Auch nicht, dass sie auf einmal von Wirtschaftsleuten angefeuert wird. Aber sie hofft, dass sie ein anderes Rennen gewinnt, bei dem ihr simpler Populismus zieht: Das Rennen auf dem Land. Und für dieses Rennen ist es egal—oder sogar von Vorteil—wenn die „Studierten" über dich lachen.

Mit solch dummen Sprüche kriegt sie aber trotzdem das volle Rampenlicht ab—was der Attention Whore unter den Parteien ganz recht sein dürfte. Erst durch ihre polarisierende Fremdenfeindlichkeit wurde sie schliesslich zu dem, was sie heute ist, und konnte zum Beispiel aus dem Feindbild Islam echte islamophobe Gesetze machen—wie ich hier schon beschrieben habe. Die Partei ist also auf die breite Öffentlichkeit angewiesen.

Vereinfachende und polarisierende Slogans funktionieren da ganz gut. Der SVP-Chefwerber hat uns schon mal in einem Interview verraten, dass zum Beispiel SVP-Plakate so simpel sein sollen, dass sie sich auch einem Kind sofort ins Hirn brennen. Und das tun sie nach wie vor. „Zmörgeli mit Mörgeli" ist das beste Beispiel dafür. Der Slogan ist so dumm, dass ich ihn bis zu meinem Tod wahrscheinlich nicht mehr vergessen werde.

Durch seine Dummheit spaltet er die Meinungen, ohne auch nur ansatzweise einen politischen Inhalt zu haben. Trotzdem hat jeder irgendeine Meinung dazu. Manche finden den Slogan originell und freuen sich, dass eine Partei mal so richtig bodenständig daherreimt. Manche lachen über den dämlichen Reim. Manche regen sich über die Dummheit auf oder beschwören einen Marketing-Gate herauf. Aber sie alle tragen dazu bei, dass die ganze Schweiz über einen verdammten Brunch Bescheid weiss—und sich Mörgeli in sein Fäusteli lachen kann.

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