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Die längste Wahl der Welt

Wie der Präsidentschaftswahlkampf die katholische Kirche spaltet

Ein Teil der Kirche empfiehlt Alexander Van der Bellen, ein anderer Norbert Hofer. Offiziell gibt es keine Wahlempfehlung. Oder so.

Foto: Scrennshot via kath.net

In der Endphase des Wahlkampfs spielt plötzlich die Religion der Kandidaten und die Frage nach ihren religiösen Unterstützern eine Rolle. Angefangen hat es am Mittwoch mit der Behauptung einer FPÖ-Abgeordneten, wonach die Katholische Frauenbewegung Norbert Hofer unterstützen wurde. Diese "bewusste und wiederholte Verdrehung des Sachverhalts" hat die Katholische Frauenbewegung jedoch so geärgert, dass sie ab dem Moment Alexander Van der Bellen unterstützten.

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Das wiederum ärgerte den Salzburger Weihbischof Andreas Laun, der schon öfter mit dubiosen Sagern für Aufmerksamkeit sorgte. "Sprachlos stehe ich jeder Werbung für Van der Bellen gegenüber, die einerseits zeigt, wie wenig kritisch Menschen denken oder nicht denken, und andererseits, wie gleichgültig auch vielen Katholiken ihr Glaube ist!", schreibt er auf kath.net über den "linksextremen" "Gottesfeind". Und weiter: "Das hingegen, was man von Hofer liest und hört, ist vernünftig und in Ordnung!" Rufzeichen.

Kardinal Christoph Schönborn reagierte prompt auf die beiden Wahlempfehlungen mit einem "Die katholische Kirche gibt keine Wahlempfehlung ab". Ganz lassen konnte er es aber auch nicht:

"Eine gute Wahlentscheidung kann sich nicht nur auf Aussagen der Kandidaten zu Kernanliegen der Kirche wie dem Lebensschutz beziehen, sondern muss auch viele andere Komponenten einbeziehen wie die Haltung der Kandidaten zu den Schwachen der Gesellschaft, zu denen auch die Migranten gehören, zur Zusammenarbeit in Europa, zur Verantwortung Österreichs in der internationalen Staatengemeinschaft."

Van der Bellen bezeichnet sich selbst als Agnostiker, der mit dem Gedanken spielt, wieder in die Kirche einzutreten, weil er die Arbeit der Diakonie schätzt. Norbert Hofer trat 2009 mit Trompeten und Fanfaren aus der Kirche aus, nachdem einige Katholiken gegen die "rassistische Politik der FPÖ" demonstriert hatten. Oder wie es Hofer nennt: Es war eine "dumme, heuchlerische und politisch motivierte, linkskatholische Hexenjagd" und eine "widerliche Aktion".

Norbert Hofer 2009 über die katholische Kirche.

(via — Martin Thür (@MartinThuer)19. Mai 2016

Und ja, das ist derselbe Norbert "Ich bete jeden Tag" Hofer, der sich im Bundespräsidenten-Wahlkampf für christliche Werte stark macht, bei seiner Angelobung "so wahr mir Gott helfen" sagen will und ein Kreuz in Klassenzimmern für unverzichtbar erachtet: "Das Kreuz steht für die Werte, die unsere Gesellschaft ausmachen", so Hofer.

Es ist der erste Wahlkampf der Zweiten Republik, bei dem kein Kandidat katholisch ist—wahrscheinlich ist die Kirche in dieser Frage auch deshalb so gespalten. Die Gretchenfrage "Wie halten es die Kandidaten mit der Religion?" kann man nach diesem Text jedenfalls um eine Antwort ergänzen: So, wie sie es gerade brauchen.

Christoph auf Twitter: @Schattleitner