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Popkultur

The Spoils of Babylon: Die Serie zum Film zum Buch, das es nie gab

Warum die neue Comedy-Serie mit Will Ferrell zwar ein ziemlich innovativer Saturday Night Live-Spross, aber trotzdem nur schwer anzuschauen ist.

Eigentlich ist es ein kleines Wunder, dass The Spoils of Babylon angesichts seiner Besetzung bei uns bisher so gut wie gar keine Wellen geschlagen hat. Andererseits geht es in der Serie ja auch um einen fiktiven Film, der erstmals—mit einer Einleitung des Regisseurs Eric Jonrosh (Will Ferrell)—im Fernsehen gezeigt wird, obwohl er eigentlich „too good for television" ist, also passt die unterweltigende Rezeption irgendwie ziemlich gut zum Setup.

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Das Konzept ist zirka so so umständlich, wie es klingt und ähnlich verschachtelt wie eine bärtige, fette Matrjoschka-Puppe mit einhundert rotweinfleckverkrusteten Zwiebelschichten, die zufällig auch das Erscheinungsbild von Will Ferrells Maske in The Spoils of Babylon beschreibt. Die Idee: Ein epischer Fake-Film, der aufgeteilt auf 6 Episoden und jeweils mit kurzer DVD-Einleitung des Fake-Regisseurs nach Jahren endlich der Welt präsentiert wird.

Der Witz resultiert dabei, so der Plan, aus dem Umstand, dass der Film abscheulich schlecht und sein Macher eine ironiefreier Ed Wood-Karikatur des typischen Kunstkino-Connaisseurs ist—also jene Art von artsy Archetypus, bei dem man sich ohne Probleme vorstellen kann, dass er mit schwerem britischen Drama-Akzent Dinge sagt wie „I want to smell art" oder der das Wort „cinema" Französisch ausspricht (ci-ne-MA statt CI-ne-ma), falls er nicht überhaupt „motion picture art" stattdessen sagt.

Die Einleitungen und Abschlusskommentare des Bläh-Egos Eric Jonrosh, der sich den Wein bis unter den Glasrand einschenken lässt, Kellnerinnen nachgafft wie ein fett gewordener Ron Burgundy und immer im Kampf mit Regie und Kamera der TV-Sendung steht (seine entgleisenden, mäandernden Sätze werden großartigerweise nicht selten mit einem Schnitt vorzeitig beendet), sind dabei auch wirklich ganz große Comedy-Momente.

Nicht zuletzt, weil er uns alle paar Sekunden darauf hinweist, dass die ebenfalls von ihm stammende Buchvorlage natürlich ein Bestseller war—und wir genau wissen, dass das nicht mal in seiner fiktiven Welt ansatzweise der Wahrheit entspricht (eher hat er vermutlich 1000 Exemplare im Eigenverlag publiziert und 400 davon als Feuermaterial bei seinem Holzofen stehen).

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Die 20 Minuten, die dazwischen mit ähnlich aufgeblähtem Star-Aufgebot und einer bemühten B-Movie-Emulation aufgefüllt werden, sind da schon ein bisschen schwieriger. Die Handlung hangelt sich an jedem alten Melodram, das je gemacht wurde, entlang und besteht im Wesentlichen darin, dass ein tödlich verwundeter Öl-Sprössling (Tobey Maguire) dem Tonband seine tragisch-lächerliche Lebensgeschichte erzählt, während er massiv vor sich hin verblutet. Das heißt: Geschwisterliebe, Rebellion, Umwelt vs. Konzern, der ganze Schmafu.

Ein Problem mit dem eigentlichen „Film" ist sicher, dass Will Ferrell (den man bitte übrigens wie „squirrel" und nicht wie Colin Farrell ausspricht) bis auf eine kurze Cameo gar nicht mitspielt. Ein anderes ist, dass auch Tobey Maguire und Kristen Wiig sowie Val Kilmer, Tim Robbins, Jessica Alba und Haley Joel Osment (!) nie ganz zu wissen scheinen, ob sie gerade eher ernste Schauspieler in einem schlechten Film oder lustige Charaktere in einem Saturday Night Live-Sketch spielen sollen.

Wie auch schon Adam Samberg in Brooklyn Nine-Nine unfreiwillig eindrucksvoll gezeigt hat, sind auf 22 Minuten ausgedehnte SNL-Einlagen (vor allem ohne wechselnde Handlung oder Figuren) nur bedingt erträglich. Andererseits ist genau das ja auch das Konzept von Spoils, gemäß der alten „So schlecht, dass es wieder gut ist"-Formel.

Produziert und ausgestrahlt wird der Westentaschen-Epos mit Kunstklamottur von IFC, dem Independent Film Channel, der in Sachen Eigenproduktionen ja schon mit Comedy Bang! Bang! die Tonart vorgegeben hat: Also Hybridformate für Menschen, die den Geist von Adult Swim sogar noch in Langform schätzen und eine gewisse natürliche Resistenz gegen Gehirnblutungen mit sich bringen.

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Als jemand, der Superjail! und Harvey Birdman geliebt hat, geht ein Teil meines Requisitenherzens ungeschaut an die Macher von The Spoils of Babylon (übrigens beide von SNL kommend), weil Außenaufnahmen mit Modellautos grandios sind und jede Episode zumindest einen filmästhetischen Köder aus Kunstdiamanten bereithält, an dem man sich die Zähne nicht ganz zerbeißen kann; zum Beispiel ist Episode 3 voller Beat Generation-Referenzen und Episode 5 hat eine Motorradfahrt im Stil von Kanyes „Bound 2".

In Episode 3 geht das Konzept dann sogar kurz auf: Wenn Will Ferrell erklärt, wie wahnsinnig er zu diesem Zeitpunkt der Dreharbeiten war und man seine verrückten Regieanweisungen dann anschließend im Spiel der Schauspieler, die Schauspieler spielen, wiedererkennt, dann ist Spoils auch endlich richtig lustig und nicht nur postmodern witzig. Und das liegt daran, dass man hier endlich versteht, was daran eigentlich schlecht und wieso genau das komisch ist.

Die restliche Zeit scheitert die Serie daran, dass der fiktive Eric Jonrosh eben doch irgendwie recht hat: Leider ist auch in diesem Comedy-Format nicht wirklich der Platz dafür, die Schauspieler bis zur letzten Konsequenz ernsthaft und ironiefrei spielen zu lassen—stattdessen müssen sie doch ab und zu aus Angst, den vorbeizappenden Zuschauer zu verlieren, Austin Powers-mäßig in die Kamera schauen oder die Continuity kommentieren und führen die Idee damit ins Absurde (zur Erinnerung: Das Ganze tut, als wäre es ein ernsthafter Kunstfilm von einem ernsthaft gestörten Regisseur).

Trotzdem: The Spoils of Babylon ist Scheitern auf hohem Niveau und—wenn man mit Comedy Bang! Bang!, Scott Aukerman und Reggie Watts gut kann—vielleicht sogar ein kleiner Stoßrichtungs-Erfolg. Und Haley Joel Osment, den man gefühlt seit The Sixth Sense nicht mehr gesehen hat, spielt einen viel zu alten 15-Jährigen. Alleine dafür ist das Schauen nicht umsonst.

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