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Drogen

Dieser Typ will heute mit 2.000 Leuten in einem Berliner Park kiffen

Wir haben mit einem der Köpfe hinter dem großen „Solidaritäts-Kiff-In" gesprochen. Die Polizei hat gerade erst angekündigt, kein Gramm Gras mehr im Park zu tolerieren.
Foto: Grey Hutton

Auch wenn wir nicht wissen, ob Gandhi selber Gras geraucht hat: Mit dieser Protestform wäre er bestimmt einverstanden. Mittwoch Abend wollen sich Hunderte Menschen im Berliner Görlitzer Park versammeln, um an einem großen „Solidaritäts Kiff-In" teilzunehmen. Protestieren wollen sie damit vor allem gegen die restriktive Drogenpolitik des Berliner Innensenators Frank Henkel, aber auch gegen die Flüchtlingspolitik der deutschen Hauptstadt.

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Auf der Facebook-Seite der Aktion schreiben die Veranstalter: „Wir wollen dem Senat an diesem Tag zeigen, dass wir mit der Politik nicht einverstanden sind und rufen alle dazu auf, mit uns zum gemeinsamen solidarischen Kiff-In in den Görli zu kommen." Zugesagt haben auf Facebook bis jetzt an die 2.300 Menschen. Ob wirklich so viele kommen, wird wohl auch vom Wetter abhängen—wer will schon seinen Joint im Regen rauchen?

Das Interessante an der Wahl des Ortes ist, dass der Innensenator ausgerechnet den Görlitzer Park ab heute zu einer „drogenfreien Zone" erklärt hat. Das bedeutet, dass ab dem 1. April offiziell schon der Besitz kleinster Mengen Cannabis bestraft wird. Bis jetzt wurde der Besitz von bis zu 15 Gramm in Berlin als „Eigenbedarf" nicht verfolgt.

Auch deshalb ist das Kiff-In eine deutliche Provokation gegenüber der deutschen Senatspolitik. Wir haben mit Markus, einem der Organisatoren gesprochen, um herauszufinden, wieso er einen Kiff-In veranstaltet—und ob er Angst hat, dass am Ende alle Teilnehmer verhaftet werden.

VICE: Hallo Markus, machst du dir Sorgen wegen des Wetters?
Markus: Natürlich ist es gerade schwierig mit dem Wetter. Wir haben uns ernsthafte Gedanken gemacht, ob wir das Ganze vielleicht verschieben. Das Datum wurde aber symbolisch ausgesucht, da der Beschluss von Henkel zum 1. April in Kraft treten wird, daher werden wir es wie geplant morgen durchführen.

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Sind irgendwelche Reden oder Musik geplant?
Es sind keine spezifischen Reden geplant. Aber wenn die Leute was zu sagen haben, wird es niemand verhindern. Musik in Form von Konzerten wird es auch nicht geben, es darf aber natürlich jeder Musik mitbringen.

Muss ich mein eigenes Gras mitbringen?
Du musst gar nichts mitbringen, es bleibt dir selber überlassen, ob du dir dein Gras mitbringst oder ob du dich einfach so unter die Menge mischt, um ein solidarisches Zeichen zu setzen.

Wie viele Leute erwartet ihr?
Ich denke, das steht und fällt mit dem morgigen Wetter, wir hoffen natürlich auch, dass die Leute bei schlechtem Wetter rauskommen, Solidarität sollte nicht am Wetter festgemacht werden. Bei unserer Facebook-Veranstaltung haben mittlerweile 2.500 Leute zugesagt, unsere erste Veranstaltung kratzte sogar an der 4.000er Marke.

Genau, dein Facebook-Account und der erste Event wurden gesperrt. Gab es dazu eine Erklärung von Facebook? Hat dich das geärgert?
Das war schon ein wenig scheiße. Wir haben, um die Aktion durchzuführen, einen nicht realen Namen benutzt, da hat Facebook von uns dann einen Identitätsnachweis gefordert. Wir haben noch versucht, dem mit Fake-Ausweisen entgegenzuwirken, leider erfolglos. Zum Glück ist die zweite Veranstaltung dann auch gut angelaufen!

Macht ihr euch Sorgen, dass die Polizei euch morgen alle verhaftet?
Nein, machen wir uns nicht. Es gab vor einigen Jahren mal ein Smoke-In im Görlitzer Park, da ist nicht ein einziger Polizist aufgetaucht. Allerdings war damals die mediale Aufmerksam lange nicht so groß wie jetzt. Aber ich kenne keinen Fall, wo jemand festgenommen wurde, der eine geringe Menge an Marihuana bei sich hatte. Außerdem müsste die Polizei schon einige Hundertschaften in den Park schicken, um allein Personalienfeststellungen durchzuführen.

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Glaubst du, dass Henkel die „drogenfreien Zonen" durchsetzen wird?
Gesetzlich hat Henkel es ja jetzt durchgesetzt. Wie die Umsetzung folgen soll, ist uns aber ein Rätsel. Man liest jetzt schon immer häufiger, dass es der Polizei an Personal fehlt. Die Konsequenz daraus wird sein, das die Polizei ihre Kräfte in den verschiedene Null-Toleranz Zonen erhöhen wird und dadurch an anderen Stellen weniger Kräfte zur Verfügung haben wird.

Was hat ein Kiff-In mit Flüchtlingspolitik zu tun?
Es hat indirekt auch mit der Flüchtlingspolitik zu tun! In einer weltoffenen Stadt, wie Berlin sie immer sein will, so eine konservative und restriktive Politik gegenüber schutzsuchenden Menschen durchzusetzen und sich gleichzeitig auf eine Problematik zu stürzen, die komplett falsch ist, finden wir es wichtig, uns auch solidarisch mit geflüchteten Menschen zu zeigen.

Welchen Beitrag zur Legalisierungsdebatte kann das Kiff-In leisten?
In einem Land, wo die Drogenbeauftragte von der CSU kommt, können wir mit Sicherheit nichts Direktes dazu beitragen. Wir wollen aber eine gesellschaftliche Akzeptanz. Es kann doch nicht sein, dass es normal ist, sich jedes Wochenende ins Koma zu saufen—wenn du aber im Park dein Tütchen rauchst, giltst du gleich als Mensch mit Drogenproblem! Wir wünschen uns natürlich eine Legalisierung und Entkriminalisierung. Solange aber die aktuelle Regierung weiterregiert, sind wir da nicht guter Hoffnung.


Titelbild: nest_im | Flickr | CC BY-SA 2.0