Besucher von Lugners Wahlparty über „Panama Papers“, Refugees und die Präsidentschaftswahl

Richard Lugner ist schwer einzuordnen. Alles an seiner Person—seine Beziehungen, seine Fernsehshow, seine Opernball-Auftritte—widerspricht unserer Vorstellung von etablierter Politik. Dass sich Lugners politisches Programm bisher darauf beschränkt, es „Rot-Schwarz oder Schwarz-Rot" einmal ordentlich zu zeigen, erledigt den Rest. So wird die Kandidatur des Baumeisters entweder zu einem schlechten Witz im Internet oder zu einem klugen Kommentar auf das politische System der Post-Demokratie. Der ORF kann mit beidem nicht umgehen und schließt den Kandidaten aus dem eigens geschaffenen Kurzduell-Format „2 im Gespräch" aus.

Am Montagabend lud Richard Lugner dann zum Wahlkampfauftakt. Wir haben uns bei dieser Alles-1-Euro-Party in der Lugner City mit Besuchern der Veranstaltung unterhalten, um herauszufinden, wer überhaupt potentielle Wählerinnen und Wähler von Richard Lugner sind und welche politische Meinung diese eigentlich vertreten. Oder ob ohnehin nur gelangweilte Kunststudenten dort sind, die das 1-Euro-Bier-und-Würstchen-Angebot anlockt.

Alle Fotos: Paul Donnerbauer / VICE Media

VICE: Hi Patrick, warum bist du heute hier in der Lugner City?
Patrick: Ich hab den Lugner schon bei den Vorwahlen gewählt und jetzt will ich ihn mir heute mal anschauen.

Du hast also eine Unterstützungserklärung für Lugner unterschrieben, damit er an der Wahl teilnehmen kann?
Ja genau.

Wenn die Jazz Gitti auch Kandidatin wär, würdest du dann trotzdem zum Lugner tendieren?
Ähm. Da würd ich schon beim Lugner bleiben.

Heut wurden im Zuge des EU-Türkei-Flüchtlingsdeals die ersten Refugees von Griechenland in die Türkei abgeschoben. Wie stehst du zur Flüchtlingspolitik?
Ja, wie gesagt, Kinder und Frauen sollte man schon Unterschlupf gewähren. Aber dann gibt es auch … Man kann nicht alle Flüchtlinge in einen Topf werfen, aber … ein paar gibt es natürlich schon, die sind eher so …

Was qualifiziert Richard Lugner als Bundespräsidenten?
Er ist sehr medienpräsent und kann gut reden. Gut reden sollte ein Bundespräsident schon können. Er wird es aber trotzdem nicht werden.

Wer glaubst du wird es denn werden? Was hältst du von den anderen Kandidaten?
Puh … Na, eigentlich ist mir die Bundespräsidentenwahl echt egal. Ich find es ganz cool, dass der Lugner mitmacht. Den Hofer könnt ich mir auch noch vorstellen zu wählen, den von der FPÖ. Aber sonst gefällt mir keiner.

VICE: Ihr seid Mutter und Tochter, oder?
Isabella und Isabella: Ja, genau. Gut erkannt, haha.

Warum seid ihr heute da?
Mutter: Ich hab das in der Zeitung gelesen, dass die Gitti heut da beim Lugner tut. Da haben wir gesagt, gut—sie [die Tochter] musste in die Bücherei sowieso, in die große—da kommen wir her.

Ihr seid also beide Fans von der Jazz Gitti?
Mutter: Ja, mir gefällt ihre Art und alles. Und auch ihr Dancing, muss ich ehrlich sagen. Sie ist noch wie ein normaler Mensch. Die redet wie ihr der Schnabel gewachsen ist und das ist eigentlich ehrlich.

Seid ihr also mehr wegen der Jazz Gitti da und weniger wegen dem Lugner?
Mutter: Nein, ich muss ehrlich sagen, dass ich mich schon für den Lugner ganz schön interessiere! Der sagt schon Sachen, die eigentlich ziemlich interessant sind. Vom Ding her. Aber man muss vergleichen und sich informieren, was er machen würde.
Tochter: Und was andere machen würden!

Wenn die Jazz Gitti auch zur Wahl antreten würde, würdet ihr sie wählen?
Mutter: Ja, warum nicht!
Tochter: Sicher, wir Musiker halten zusammen.
Mutter: Ich muss ehrlich sagen, die wär ehrlicher als so ein Hundstorfer. Wenn ich schau, was der kassiert im Monat! Fragen Sie mal Ihren Großvater, was der Pension hat. Der hat das nicht einmal im Jahr. Gestern habe ich mit der Nachbarin geredet, die hat gesagt, sie braucht eineinhalb Jahre, damit sie des bekommt, was der im Monat kriegt.
Tochter: Ja, und ich werde sowieso keine Pension mehr bekommen.

Was ist euch denn wichtig beim Bundespräsidenten? Was spricht euch beim Lugner an?
Mutter: Beim Lugner spricht mich an seine Asylpolitik. Das ist einmal Nummer Eins. Das spricht mich aber beim Hofer auch an. Muss ich ehrlich sagen, weil wir können nicht alle Menschen hereinnehmen. Es gibt arme Menschen, aber was du als Privater so hörst, was die den Staat ausnützen … Viele, die was keine Syrer sind. Das kann ich Ihnen gar nicht erzählen. Gestern habe ich wieder so eine Geschichte … Horror. Wenn die hintennach wieder in ihr Heimatland gehen würden, so wie es die Österreicher damals bei uns gemacht haben, unsere Eltern und Großeltern, dann hätte ich nichts gegen die. Aber nicht nur … Die sollten sich anpassen. Es ist ja nicht ein jeder deppert. Das sind ja eh nur ein paar. Aber in das Land wo ich hingehe, muss ich mich anpassen. Was haben die für eine Kultur? Wenn ich heute da unten als blonde Frau bin, dann muss ich auch damit rechnen, dass ich mich verschleiern muss. Aber es gibt auch genug nette! Aber die Depperten, die was ein bisschen blöd sind, die gibt es auch.
Tochter: Die Sicherheit ist auch nicht mehr da.

Isabella, gehst du noch in die Schule? Fühlst du dich da unsicher?
Tochter: Ich geh noch in die Schule, studiere aber auch schon Musik. Ich geh am Karlsplatz. Das ist …
Mutter: … furchtbar!
Tochter: Da kannst mit der Flöte in der Hand nicht mehr gehen. Die kostet 2000 Euro.
Mutter: Nein, da kannst nicht gehen.
Tochter: Da gehen wir manchmal schon zu zweit.
Mutter: Das sollte es nicht sein. Wir sollten uns ja wohlfühlen, in unserem eigenen Land. Wir haben ja genug gearbeitet. Ich genau so wie Ihre Eltern, oder Sie selber vielleicht auch schon.

Jetzt sind heute die ersten Flüchtlinge von Griechenland in die Türkei abgeschoben worden. Was sagt ihr dazu?
Mutter: Das ist schon richtig so. Wir können ja nicht alle aufnehmen. Wir sind ja Nettozahler für die EU, aber wer nimmt denn wen?
Tochter: Da stimmt die Aufteilung nicht. Die ist ungerecht.
Mutter: So wie die Merkel gesagt hat, dass die alle nehmen, allen helfen … Da weiß ich genau, dass Betrüger kommen, mit syrischem Pass. Die kommen mit Kind und Kegel und quartieren sich ein, nicht nur bei uns, auch in Deutschland.
Tochter: Aber das sind keine Syrer! Das ist das Schlimme. Die reden kein Syrisch.

Habt ihr von den „Panama Papers" schon gehört?
Mutter: [lacht] Ja sicher, das ist ja überhaupt herrlich! Da ist alles dabei. Da wird noch viel mehr dahinter stecken, was wieder gar nie aufgedeckt wird.
Tochter: Da muss man aber schauen, dass das aufgedeckt wird!
Mutter: Was ich auch bei ihm [Lugner] sehr zu schätzen weiß, ist seine Geradlinigkeit. Dem Lugner ist nichts geschenkt worden, der hat müssen alles selber erreichen. Der ist keine Beziehungsgschrapperl. Die anderen sind schon lauter Beziehungsgschrapperl. Der Khol ist ja nicht blöd, der Hundstorfer auch nicht, das will ich nicht sagen, aber sie schaufeln in ihre eigene Ecke. Heast, der soll eine Ruh geben! Der Khol soll in Vorarlberg bleiben, bei seiner Familie und soll eine Ruh geben, die Griss soll auch eine Ruh geben und wenn ich den Van der Bellen anschau, dann kommt mir das Speiben. Das ist so, das ist wirklich so! Ungepflegt ist der, alles ist der!
Tochter: Das traurige ist, dass sich nur so Alte engagieren, dass nur Alte kandidieren.
Mutter: Na ja, der Hofer ist wenigstens ein Junger. Aber was hat der Hundstorfer für eine Lebenserfahrung? Der kann dem Lugner nicht das Wasser reichen. Das ist so! Wir reden ja normal. Hat der je schon einmal anständig was gehackelt? Nur Proportzburscherl. Da kommt mir das Kotzen. Und wenn du normale Leute fragst, die werden dir das alle sagen. Aber Zeitung schreibt das eh keine.

VICE: Hallo Marco, hallo Markus. Warum seid ihr heute hier?
Marco: Also ich bin da wegen dem Bier.
Markus: Ich bin wegen den Würsteln da. Und wegen der Jazz Gitti! Die ist ein Wahnsinn.

Und der Lugner?
Markus: Ja, der ist auch cool. Aber was hat das mit dem Lugner zu tun?

Das ist die Veranstaltung zum Wahlkampfauftakt für die Bundespräsidentschaftskandidatur vom Lugner.
Markus: Aso!
Marco: Eine Wahlveranstaltung, aha.

Wenn die Jazz Gitti auch kandidieren würde, würdet ihr sie wählen?
Markus: Natürlich, sofort! Mehr wie jeden anderen.
Marco: Ja. Nur Jazz Gitti. Nur.

Was würdet ihr sagen, was ein Bundespräsident können muss?
Markus: Man muss … Eigentlich gar nichts.
Marco: Der Lugner hat auch nicht, also …
Markus: Das ist komplett egal.
Marco: Eigentlich könnt eh jeder kandidieren.
Markus: Ich mein, es ist schon von Vorteil, wenn du was hast, aber eigentlich kandidieren könnte jeder.
Marco: Irgendwas mit Politik wär vielleicht gut.
Markus: Stimmt, das wär nicht schlecht. Geld oder irgendwas. Weil man muss ja die 6000 Stimmen sammeln.
Marco: Bekannt sollte man vielleicht auch sein.

Heut wurden im Zuge des EU-Türkei-Flüchtlingsdeals die ersten Refugees von Griechenland in die Türkei abgeschoben. Wie steht ihr dazu?
Markus: Ich hab da eine klare Meinung, die da wäre, dass ich für Kriegsflüchtlinge bin, dass wir denen helfen, aber gegen Wirtschaftsflüchtlinge.
Marco: Ja ich bin im Prinzip auch dafür, dass wir denen helfen, aber es sollte sich in Grenzen halten. Also wir sollten nicht jeden aufnehmen.

Wer glaubt ihr, dass die Wahl zum Bundespräsidenten gewinnen wird?
Marco: Ich glaub der Hofer.
Markus: Ich glaub das auch, weil die Jazz Gitti ja nicht dabei ist.

VICE: Lukas und Johannes, warum seid ihr heute da?
Johannes: Zufällig. Wir waren zuerst auf der Mariahilferstraße und dann haben wir uns gedacht, wir gehen noch durch die Lugner City durch. Dann sind wir hier hängen geblieben, weil der Kollege die Jazz Gitti gesehen hat. Und den Lugner wollen wir auch mal sehen.

Würdet ihr den Lugner wählen?
Lukas: Eindeutig ja. Als Alternative und Protest gegen die großen Parteien. Normalerweise bin ich ein Freiheitlicher. Aber Hofer als Präsident, das ist keine Persönlichkeit.
Johannes: Ich kann mich da genau anschließen, was er jetzt sagt.

Wie steht ihr zur Flüchtlingspolitik?
Lukas: Das ist alles inszeniert. Von irgendwelchen großen Mächten, die wir gar nicht kennen. Von der USA ausgehend, würde ich einmal sagen.
Johannes: Also die USA wird froh sein, wenn Europa ein bisschen destabilisiert wird.
Lukas: Sie wollen das Chaos in den einzelnen Ländern schaffen.
Johannes: Aber es gibt keine Verpflichtung, dass man sich als Staat selber zerstört! Also es gibt sehr wohl die Verpflichtung, zu helfen, aber nicht zum Zuvieltun. Und wir haben mehr als genug gemacht.

Was macht einen guten Bundespräsidenten aus?
Lukas: Auftreten braucht er auf jeden Fall.
Johannes: Ich finde auf jeden Fall Objektivität ganz wichtig. Egal zu welcher Partei er gehört. Er sollte keine Regierung von vornherein ausschließen. Objektivität ist das Wichtigste. Englischkenntnisse sollten auch vorhanden sein, damit er sich international verständigen kann.

Da gerät der Lugner dann aber ein bisschen ins Schwimmen, oder?
Johannes: Ja das stimmt. So ehrlich muss man sein. Der ist vielleicht dann nicht so der Renner.

Habt ihr vor, zur Wahl zu gehen?
Johannes: Ja, auf jeden Fall.
Lukas: Ja, eigentlich schon.

VICE: Warum seid ihr heute da beim Lugner?
Thomas: Woher kommst du?
Christoph: Er ist eh da.

VICE: Vom VICE Magazin.
Thomas: Ah, vom VICE Magazin. Das kenne ich.

VICE: Cool! Also, warum seid ihr heute da?
Max: Weil der Richard einer von uns ist. Er ist mein Onkel. Aber das ist gelogen.
Christoph: Wir haben gestern auf Puls4 die Prsidentschaftskandidatenrunde …
Max: Wir waren verkatert. Gestern.
Christoph: Ja, OK. Wir waren verkatert. Noch vom Freitag. In Wahrheit haben wir durchgehend „Die Lugners" von ATV auf YouTube geschaut. Und da haben wir uns alle in die Cathy verliebt und jetzt haben wir uns heute gedacht, die schauen wir uns an.
Max: Außerdem sind wir seit Jahrzehnten große Jazz Gitti Fans.
Thomas: Bei mir hat es noch eine besondere Bewandlung gegeben. Ich war nämlich auch Promotor für den Herrn Lugner. Da habe ich Unterstützungserklärungen gesammelt. Und für mich gibt es drei Dinge, warum er Präsident werden sollte. Erstens: Ein Präsident sollte Schauspieler sein. Der Lugner ist zwar ein Original und kein Schauspieler, aber er passt trotzdem in die Rolle. Zweitens: Der Lugner ist ein Wirtschaftspraktiker. Das muss man sagen. Im Gegensatz zu den anderen, die das nur theoretisch gelernt haben. Und drittens, das stärkste Argument für einen Kasperl: Für eine Kasperlpolitik braucht man auch einen Kasperl als Präsidenten.

Wenn die Jazz Gitti kandidieren würde, würdet ihr sie wählen?
Christoph: Ja, ja, ja. Auf jeden Fall! Ja!
Thomas: Nur, wenn sie statt der Neujahrsrede ein Konzert gibt.
Max: Ich würde sogar meine im Überfluss vorhandene Freizeit opfern und mich als freiwilliger Wahlkampfhelfer anbieten.

Was sagt ihr zur derzeitigen Flüchtlingssituation?
Max: Die Jazz Gitti könnte das lösen.
Christoph: Stimmt. Man weiß ja, da aus dem Nahen Osten sind viele Musiker dabei. Die Jazz Gitti würde die alle einfach ausstatten und einen riesen Jam veranstalten und das würde ein riesen Fest werden. Man muss einfach das Beste aus der Situation machen.
Max: Ich glaube auch, dass sie alleine durch ihre körperliche Präsenz die EU-Außengrenzen schließen könnte.

Werdet ihr zur Wahl gehen?
Christoph: Ich werde glaube ich zur Wahl fahren.
Thomas: Ja, aber dieses mal anonym.

Paul auf Twitter: @gewitterland