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Der "Babo Bus" von 1Live ist der Tiefpunkt der Deutschrap-Comedy

Wer denkt, deutscher Radiohumor wäre noch zu retten, hat noch nie was vom „Babo Bus“ gehört.

Ist deutsche Comedy eigentlich unlustiger geworden, oder hatte ich früher einen einfältigeren Humor? Der Freitagabend auf Sat.1 zum Beispiel war einmal eine Institution des Kicherns und halbert anpissen. Heute kann ich Kaya Yanar und Markus Maria Profitlich nur noch mit dem gutmütigen Wissen ertragen, dass ihre besseren Zeiten hinter ihnen liegen. Ähnlich verhält es sich mit Radio-Comedy (ja, die gibt es noch). Während sich Koryphäen wie Elmar Brandt oder Paul Panzer über die nationalen Mittel- und Kurzwellen in unsere jugendlichen Herzen scherzten, ist die Welt des Radiohumors heute eine trostlose Wüste der Mittelmäßigkeit. Unangenehme, gestellte Scherzanrufe, missglückte Merkel-Parodien und sexistische Scherzereien in Morningshows. Trauriger Tiefpunkt ist dabei eine Schöpfung des Nord-Rhein-Westfälischen Radiosenders 1Live: der "Babo Bus"

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Das "Comedy"-Format des öffentlich-rechtlichen Jugendradios beinhaltet die klassischen Zutaten für Radio-Witzeleien: Ein paar reale Personen werden vom selbsternannten Komiker Christian Schiffer lieblos nachgeäfft, um grenzwertige Grundschulwitze leicht abgeändert als neue Sketche zu verkaufen. Da haut dann der 1Live-Kollegah Sätze raus wie: "So, Leute, der Frühling steht vor der Tür. Leider steht er nicht auf der Gästeliste, also müssen wir zu ihm raus"). Mh. In diesem Fall sind die Protagonisten die Rapper Kollegah und Haftbefehl—auch Sido, Marteria, Alligatoah, Xatar, Farid Bang oder MoTrip werden hin und wieder imitiert. Die Künstler werden auf ein paar simple Eigenschaften reduziert. Kollegah ist trainiert, "bosshaft" und hat das letzte Wort, Haftbefehl ist ungebildet, kriminell und "ghetto", Marteria ist "öko", Sido ein Kiffer und Farid Bang der zurückgebliebene Kolle-Schoßhund.

Während das Konzept in den paar animierten Ausgaben zwar recht witzlos, aber wie in der Folge "Babo-Bus: Frühlingsgefühle" immerhin visuell recht gut funktioniert, ist der Großteil der online abrufbaren Audio-Folgen unerträglich: Der verantwortliche Komiker, der scheinbar sein ganzes Leben darauf gewartet hat, dass ihn endlich jemand um den "Asi"-Slang mit "sch" statt "ch" bittet, rappt dann gerne auch mal. Dabei entstehen dann zum Thema GamesCom so Lines wie "GamesCom in Kölle, das heißt haufenweise verschwitzte Nerd-Körper / überall hörst du Sachen wie LevelUp und solche Wörter / da hinten räkelt sich eine Hostesse einfach so für Promo / da machen wir direkt Mal ein Video von und schauen das in Slow-Mo". Würden die Punchlines tiefer sitzen, würde man über sie stolpern.

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Nun gut, auch im deutschen Rap-Geschäft liegt der qualitative Durchschnitt nicht immer höher und anscheinend gibt es ja genügend Jus-Studenten/ Verwaltungs-Lehrling/ Pendler ohne hohe Ansprüche, die diese Show hören und so am Leben erhalten. Die flache Auseinandersetzung mit der Musik scheint eben viele Leute anzusprechen, für die diese "HipHopper" nur ein Haufen skuriler Figuren sind.

Dass man sich auch inhaltlich ansprechend über deutschen HipHop lustig machen kann, anstatt auf stumpfen Stereotypen herumzureiten und Rapper pauschal als Trottel abzustempeln, sieht man zum Beispiel an Deutschrap-Memes, Graphizzle Novizzle oder der aktiven Germano-Twitter-Community. Jan Böhmermanns Ausflüge ins Rap-Game und selbst die Eko Freshs TV-Serie Blockbustaz zeigen, wie man auch in den öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten bessere Scherze mit HipHop-Bezug machen kann als der "Babo Bus".

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