Wir haben Pilz-Wähler gefragt, ob sie jetzt bereuen, Pilz gewählt zu haben
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Peter Pilz

Wir haben Pilz-Wähler gefragt, ob sie jetzt bereuen, Pilz gewählt zu haben

Menschen, die Peter Pilz ihre Stimme gegeben haben, erklären uns, ob sie ihre Entscheidung in Anbetracht der Vorwürfe gegen ihn inzwischen bereuen.

Kurz nachdem Donald Trump in diesem Jahr sein Amt als 45. US-Präsident antrat und sich herausstellte, dass der Mann nicht sonderlich, äh, präsidial wirken kann, wurde ein Twitter-Account namens "Trump Regrets" ins Leben gerufen, dessen Aufgabe es sein sollte, fortan zu dokumentieren, wie sich das wohl bitterste Gefühl aller Zeiten langsam seinen Weg durch die Vereinigten Staaten bahnt: Wähler-Reue.

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Die jüngsten Vorwürfe der sexuellen Belästigung, die gegen Peter Pilz gemacht wurden, der darauffolgende Rücktritt vom Rücktritt des Rücktritts und nicht zuletzt auch die Art, wie Pilz mit den Anschuldigungen umgeht, lassen vermuten, dass sich inzwischen auch viele seiner Wählerinnen und Wähler in den Arsch beißen. Und weil man hinterher nun mal immer schlauer ist, haben wir nachgefragt (und uns gewundert, wie viele Männer und wie wenig Frauen geantwortet haben).

Hannah, 25, Studentin

Ich habe die Liste Pilz vor allem wegen Peter Pilz selbst gewählt – weil ich finde, dass er ein guter Oppositionspolitiker ist, der sich nicht so leicht geschlagen oder zufrieden gibt, und weil er ein guter Gegenpol zu Schwarz-Blau wäre. Diese Eigenschaften will ich ihm auch jetzt nicht absprechen, aber ich hätte ihm meine Stimme sicher nicht gegeben, hätte ich davor von den Vorwürfen der sexuellen Belästigung gewusst. Weil ich hinter keinem stehe, der seine Machtposition für so etwas ausnutzt – in welcher Form auch immer.

Ich fand seinen Schritt, zurückzutreten, richtig. Ich muss ehrlich sagen, nach der ersten Pressekonferenz hab ich alles auch nur mehr am Rande mitverfolgt. Ob das jetzt wirklich durch die Grünen, Roten oder wen auch immer an die Öffentlichkeit gekommen ist, macht für mich keinen großen Unterschied und dass er sich – so wie ich das mitbekommen habe – jetzt als Opfer dieser Parteien darstellt, macht ihn in meinen Augen auch eher unglaubwürdiger. Würde es jemand anderen betreffen, würde er von demjenigen auch den Rücktritt fordern, egal durch wen es an die Öffentlichkeit gelangt ist.

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Andy, 40, Informatiker

Hätte ich die Geschichte vorher gekannt hätte ich ihn nicht gewählt.

Tom, 48, Selbstständig

Das zweifelnde und auch ein wenig weinende Auge, was meine Stimme für die Liste Pilz angeht, ist durch zwei Umstände begründet: Einerseits sind die Machtverhältnisse durch den Abstand zwischen ÖVP und SPÖ stark auf eine Partei fokussiert, andererseits sind die Vorwürfe und der dadurch absolut notwendige Rücktritt von Peter Pilz eine starke Schwächung der fachlichen Kompetenz in der Oppositionsarbeit.

Sebastian, 37, Technischer Angestellter

Bereuen nicht wirklich. Meine damalige Entscheidungsgrundlage Pilz zu wählen ist für mich nach wie vor OK. Mit heutigem Wissensstand hätte er allerdings keine Stimme von mir bekommen.

Mario, 32, Social Media

Nein, ich bereue es nicht. Sowas kann dir bei jeder Partei mit männlichem Spitzenkandidaten passieren. Dass es sich bei Pilz um eine kleine Partei handelt, die mit den wenigen Personen steht und fällt, war mir bewusst. Und das Risiko bin ich gerne eingegangen, bei dem Programm der Liste Pilz und den politischen Alternativen.

Harald, 49, Angestellter

Ich bin noch nicht schlüssig. Pilz selber ist inzwischen zum Vergessen. Ich hoffe, dass bei den Leuten, die dabei sind, noch was Gescheites rauskommt – sonst war's für die Fisch.


Auch bei VICE: 10 Fragen an Peter Pilz


Michael, 23, Student

Ja, ich bereue es. Ich hab gedacht, dass der Pilz ein guter Typ mit Integrität ist. Das ist er aber offensichtlich nicht. Was es nicht besser macht: Die anderen auf seiner Liste kriechen ihm immer noch in den Arsch, statt einen Schlussstrich zu ziehen. Dazu kommt, dass ich einige grüne Abgeordnete vermissen werde.

Markus, 32, Teamleiter

Nein, ich bereue nicht, ihn gewählt zu haben.

Ich finde es aber total schade, wie er mit der ganzen Situation umgeht. Wenn er wirklich versteht, was er falsch gemacht hat, es bereut und sich entschuldigt, hätte er auch eine zweite Chance verdient. Andererseits denke ich wahrscheinlich nur deshalb so, weil ich eine Person wie ihn im Parlament so wichtig fände – gerade bei der Regierung, die uns jetzt bevorsteht.

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Jutta, 51, Angestellte

Ich bereue es, Peter Pilz gewählt zu haben. Mein Hauptmotiv: Fortsetzung des Untersuchungsausschusses. Sein Rücktritt, eine notwenige Konsequenz, macht genau das unmöglich. Noch schlimmer empfinde ich die Art und Weise, wie sich Herr Pilz zu den vorgebrachten Vorwürfen äußert.

Rudolf, 49, Journalist

Ja, ich bereue das. Erstens, weil ich niemandem meine Stimme überantworten will, der Frauen belästigt. Zweitens, weil meine Stimme hiermit wertlos ist, denn ich wollte ihn als Aufdecker im Parlament, der Türkis-Blau ärgert.

Bernd, 28, Videoproduzent

Ich hätte ihn nicht gewählt, wenn das vor dem Wahltermin bekannt geworden wäre. Die politische Themensetzung der Liste (vor allem Kontrolle von Schwarz-Blau und Anti-Überwachungsstaat) finde ich immer noch ansprechend und seine tolle Rhetorik hätte da sicher viel bewirken können. Allerdings nutzt er jetzt diese Gabe zur Verschleierung – und das kotzt mich an.


Zum Thema: Der VICE-Guide zu sexueller Belästigung

Chris, 26, Student

Als ich das erste Mal von den Belästigungsanschuldigungen gehört habe, und dass er aufgrund dieser Vorwürfe sein Mandat (sehr wahrscheinlich) nicht annehmen würde, war das ein ziemlicher Schock für mich. Ich hab mich natürlich gefragt, ob ich meine Stimme "vergeudet" habe.

Dass er in seinen Interviews dem Thema sehr offen begegnet ist und die "Liste Pilz" – oder wie sie in Zukunft auch heißen mag – dennoch als Opposition ins Parlament einrücken wird, finde ich sehr gut (und überaus notwendig). Ich empfinde ihn trotzdem immer noch als einen der sehr wenig guten österreichischen Politiker, mit den für mich annehmbarsten politischen Moralvorstellungen und bereue keineswegs, ihm meine Stimme gegeben zu haben. Besonders jetzt, als ich gesehen habe, wie professionell und menschlich er mit dieser Situation umgeht.

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Und da kein Politiker und keine Politikerin, dem oder der so etwas vorgeworfen wird, im Nationalrat sitzen sollte, ist natürlich klar, dass er sein Mandat nicht annehmen soll. Vielleicht sollte man das auch bei anderen Kandidaten nachprüfen.

Kristina, 41, IT-Teamleiterin

Ja. Bereue ich. Ich habe Peter Pilz als einen der wenigen kompetenten und integren österreichischen Politiker eingeschätzt. Als einen Menschen, dem ich durch seine politische Arbeit und auch durch die Arbeit bei den Grünen immer sehr vertraut habe. Ich fühle mich in den letzten Tagen so, als ob mein Partner fremdgegangen wäre.

Rafael, 20, Student

Ja, ich bereue es, weil ich in ihm jemanden gesehen habe, der kein "alter weißer Mann" ist. Ich hatte einfach die Hoffnung, dass die Liste Pilz die grünen Ideen im Parlament besser vertritt als die Grünen selbst. Da ja die Grünen von vielen Menschen oft belächelt und nicht ernst genommen wurden, dachte ich, dass sie dadurch auch im Parlament weniger Durchsetzungsvermögen haben.

Ich war der Meinung, dass der Liste Pilz mehr Respekt entgegengebracht wird. Es ist aber eine der grundlegenden grünen Ideen, dass Sexismus in unserer Gesellschaft absolut keinen Platz hat – leider sind die Grünen wohl doch einzige Partei, die vehement dahinter steht, Sexismus zu bekämpfen. Pilz tut es offenbar nicht, das enttäuscht mich sehr. Im Nachhinein ziemlich dumm.

Sebastian, 18, Schüler

Nein, ich bereue meine Wahl nicht, weil es nicht um eine Person geht, sondern um die Partei, die meine Interessen am besten vertritt. Und das kann die Liste hoffentlich auch ohne Peter Pilz.

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