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Ich frage für einen Freund

Wie gefährlich sind scharfe Soßen wirklich?

Kann man sich durch übermäßigen Sriracha- oder Tabasco-Konsum den Magen zerstören? Oder ist das Ganze nicht doch gesundheitsfördernd?

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Das Szenario: Dein "Kumpel" fährt total auf scharfe Soßen ab. Also so richtig. Er schüttet das Zeug morgens auf sein Frühstücksei, ertränkt sein Burger-Patty darin und nimmt in vermeintlich unbeobachteten Momenten auch mal einen Schluck direkt aus der Flasche. Egal ob nun Sriracha, Tabasco oder eine aus dem Thailand-Urlaub mitgebrachte Mischung, der Soßenkonsum deines Kumpels macht dir manchmal sogar ein bisschen Angst. Seine Magenschleimhaut wurde bestimmt schon in Mitleidenschaft gezogen. Oder zumindest sein Darmausgang. Aber sind Chilischoten nicht auch gesund? Tut sich dein Freund nun etwas Gutes oder sollte er seinem Magen lieber schon mal Lebewohl sagen?

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Die Fakten: Scharfe Soße treibt dir Tränen in die Augen, verbrennt deinen Mund und macht den danach anstehenden Klogang zur Hölle. Wenn dir eine Sache solche Schmerzen zufügen kann, dann ist das Ganze logischerweise auch nicht gut für deine inneren Organen, oder? Nun, scharfes Essen hat tatsächlich auch einige gesundheitsfördernde Eigenschaften.

"Chilis enthalten viel Vitamin A und C. Das stärkt das Immunsystem und hilft dem Körper dabei, Infektionen zu bekämpfen", erklärt Hardeep Singh, ein Gastroenterologe am kalifornischen St. Joseph Hospital.

Laut Singh gibt es in Kulturen mit vielen scharfen Speisen und Lebensmitteln weniger Herzinfarkte und Schlaganfälle (er gibt aber zu, dass dieser Umstand auch auf der Genetik beruhen könnte und nicht auf der Vorliebe für scharfes Essen). Der Wirkstoff in den meisten scharfen Soßen nennt sich Capsaicin. Dabei handelt es sich um eine in Chilischoten enthaltene chemische Verbindung, die die Nervenenden auf der Haut reizt. "Capsaicin soll den Cholesterinspiegel im Körper senken", sagt Singh. Außerdem rege es den Stoffwechsel sowie den Gewichtsverlust an, so der Arzt. Dafür gebe es bisher aber nur wenige Belege.


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Was im schlimmsten Fall passiert: Zwar hat jeder Mensch eine andere Schärfetoleranz, aber das bedeutet nicht, dass es beim übermäßigen Konsum scharfer Lebensmittel keine ernsthaften Nebenwirkungen gibt.

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"Der Schärfegrad von Chilis wird in einer Einheit namens Scoville gemessen", erklärt Singh. "Alles über eine Million Scoville ist extrem scharf. Manche Leute können beim Verzehr solcher besonders scharfen Chilis schlimme Verdauungsstörungen, Übelkeit, Erbrechen, Bauchschmerzen, Durchfall oder sogar Ohnmachtsanfälle erleiden." Zwar streitet man sich noch darüber, ob scharfes Essen auch Sodbrennen verursacht, aber es verschlimmert auf jeden Fall das unangenehme Gefühl dabei.

Es gibt Forschungen, die die Langzeitwirkung von scharfem Essen aufzeigen: In Kulturen, die viel davon konsumieren, besteht ein höheres Risiko für Magen- und Kehlkopfkrebs. Und es ist auch schon mal ein Kleinkind gestorben, weil es nach dem Verzehr einer Ghost Pepper einen Anfall hatte. OK, dein Kumpel ist mit großer Sicherheit kein Kleinkind, aber es ist trotzdem verdammt beängstigend zu wissen, dass Chilis wie Gift für (junge) Menschen sein können. Auch im Berliner Bistro des veganen Promi-Kochs Attila Hildmann ist vor Kurzem jemand kollabiert, als er versuchte, den "schärfsten veganen Burger der Welt" (Hildmann) mit Chilis mit mehreren Millionen Scoville (Hildmann) zu essen.

Was wahrscheinlich passiert: Dein Kumpel wird wohl nicht direkt sein Testament aufsetzen müssen. Forschungen zufolge kann scharfes Essen aber immerhin die Geschmacksnerven beschädigen. Und das durch scharfe Soße intensivierte Sodbrennen führt unter Umständen zu Magen- und Halsschmerzen sowie Zahnfäule.

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Seine gastronomische Vorliebe ist also vielleicht nicht gerade die beste Ernährungsweise, aber ernsthaft gefährlich ist sie für deinen Kumpel nicht. Abgesehen von Magenverstimmungen und einer Abneigung gegenüber allem Essen, das nicht mexikanisch oder asiatisch ist, hat er also nichts zu befürchten.

Foto: Håvar og Solveig | Flickr | CC BY 2.0

Was ich meinem Kumpel sagen sollte: Wenn dein Kumpel glücklich und gesund ist, dann lass ihn beim Essen ruhig weiter schwitzen und seinen Mund verbrennen. Wenn du aber unbedingt den kulinarischen Moralapostel spielen willst, dann kannst du ihn anweisen, auf die Signale seines Körpers zu hören. Wenn er sich nämlich nicht wohlfühlt oder übertrieben viel Zeit auf der Toilette verbringt, dann sollte er seinen Schärfekonsum lieber etwas zurückschrauben.

Leslie Korn ist eine Traumatologin, die sich damit beschäftigt, wie sich die Ernährung auf die mentale Gesundheit auswirkt. Sie findet, dass man den psychologischen Aspekt der Vorliebe für scharfe Soßen nicht außer Acht lassen sollte: "Enthalten diese Soßen vielleicht Zutaten wie Essig oder Zucker, die man braucht, um einen Energieschub zu erhalten?", fragt sie. "Bei jeglichem übermäßigen Konsumverhalten will ich herausfinden, was der betroffenen Person das Ganze überhaupt bringt." Vielleicht fehlt deinem Kumpel also einfach ein bisschen Würze im Leben.

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