Verkehr

Dieser CDU-Politiker fordert Parkgebühren für Fahrräder

Irre, klar. Aber wir führen Andreas Hartnigks "Gebot der Gleichbehandlung" konsequent fort: Was ist eigentlich mit Rollstühlen und Kinderwagen?
Fahrräder in einer Innenstadt
Foto: imago | Rüdiger Wölk

Für Autos sind Fahrradfahrende eine Gefahr. Die deutschen Innenstädte sind zu voll. An den Ampeln stehen die Zweiräder Schlange, ein einziges Stop-and-go, riskante Überholmanöver werden von aggressivem Klingeln begleitet. Kinder weinen auf ihren Sitzen. Ketten springen. Harmlose, abbiegende LKW-Fahrer fühlen sich bedroht.

Und dann können die Radfahrer auch noch fast überall parken. Unverschämt, so kann es nicht weitergehen.

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Bühne frei für den Düsseldorfer Kommunalpolitiker Andreas Hartnigk: Der Vizechef der CDU-Ratsfraktion, und deren verkehrspolitischer Sprecher, hat jetzt in einem Gespräch mit der Bild die Gleichbehandlung von Auto- und Fahrradfahrenden gefordert. Sein Vorschlag: Auch für Fahrräder sollen in Düsseldorf künftig Parkgebühren fällig werden.

Hartnigk verweist auf die Pläne der Düsseldorfer Stadtverwaltung, die gebührenpflichtigen Parkplätze in der Stadt auszuweiten. So sollen Anwohner und Anwohnerinnen bessere Chancen auf einen Parkplatz bekommen und gleichzeitig Pendler dazu gebracht werden, öffentliche Verkehrsmittel zu nutzen. Sprich: In der Düsseldorfer Innenstadt, vor allem in den Wohngebieten, sollen weniger Autofahrer unterwegs sein. Und die, die weiterhin einen Parkplatz suchen, sollen dafür rund um die Uhr bezahlen.



Andreas Hartnigk findet das unfair und fordert das "Gebot der Gleichbehandlung". Wenn Autofahrer fürs Parken blechen müssen, sollen das gefälligst auch die Radfahrerinnen tun. Und zwar nicht nur, wer gewerbliche Leih-Fahrräder nutzt, sondern auch, wer seinen privaten Drahtesel auf öffentlichen Abstellplätzen ankettet. Schließlich werde ja auch viel in die Fahrrad-Infrastruktur investiert: Es werden Radwege gelegt und Ständer gebaut – und wer bezahlt das alles? Eben! Nicht die Radfahrer mit ihren bunten Helmen und zusammengebunden Hosenbeinen – sondern die Stadt.

Vergesst Feinstaub, vergesst Lärm!

"Wenn Sie über die Straßen in der Stadt gehen und sehen, wie verkehrsbehindernd Fahrräder einfach abgestellt werden, da kann einem schon einmal der Gedanke kommen, ob das so in Ordnung ist. Darüber muss man reden, und das tun wir gerade", sagte Hartnigk im Gespräch mit dem WDR.

Wenn ihr euch fragt, ob und wie viel Diesel der CDU-Politiker eingeatmet hat: Wir wissen es nicht. Aber nur wenige Tage, nachdem ein UN-Bericht mal wieder bestätigt hat, wie unsere Welt durch die Umweltverschmutzung und den daraus folgenden Klimawandel den Bach runter geht, sind Hartnigks Aussagen, nunja, jedenfalls bemerkenswert. Vergesst den Feinstaub, vergesst den Lärm, vergesst die steigende Anzahl der Radunfälle in Nordrhein-Westfalen: Hauptsache, Fahrrad- und Autofahrer werden gleichermaßen geschröpft.

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Wobei Hartnigk zugibt, dass die Parkgebühren für Räder natürlich niedriger ausfallen müssten, denn sie nehmen ja auch weniger Platz weg als Autos. Allerdings: Wenn auf den Platz, auf dem üblicherweise ein Auto parken würde, fünf Räder passen, kann sich das ja auch lohnen für die Stadt. Als mögliche Umsetzung schlägt der Kommunalpolitiker übrigens Klebeplaketten vor, wie sie auch bei Anwohner-Parkausweisen üblich sind, oder individuelle Klebetickets aus dem Automaten. Na, wenn da mal niemand auf die Idee kommt, das Ticket vom Fixi nebenan einfach abzureißen und auf das eigene Zweirad zu kleben.

Wieso bei Fahrrädern aufhören?

Sowohl in seiner eigenen Fraktion als auch bei seinen politischen Gegnern kommt der Vorstoß von Andreas Hartnigk nicht gut an. Der Düsseldorfer CDU-Ratsherr Stefan Wiedon spricht von einer Schnapsidee, der Grünen-Politiker Sven Giegold twittert: "Wie CDU-Politiker das Klima retten wollen: Keinen Preis für CO2, aber Parkgebühren für Fahrräder. Irre!"

Aber vielleicht tun wir dem guten CDU-Mann aber auch Unrecht, der seinen Vorschlag als "bewusst provokant" bezeichnet. Schließlich wird doch überall Gleichbehandlung gefordert, weshalb das nicht also auch konsequent auf alle Menschen übertragen, die am Straßenverkehr und darüber hinaus teilnehmen? Weshalb bei Parkgebühren für Fahrräder stoppen? Es gibt doch auch noch Tretroller und Dreiräder. Aber vielleicht wollte Hartnigk auch einfach mal in überregionalen Medien auftauchen, nicht immer nur in der Rheinischen Post, und hat sich deshalb diesen Knaller überlegt.

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Wir könnten ja zum Beispiel auch Gebühren für Menschen im Rollstuhl einführen: Wer in ein öffentliches Gebäude rollt, muss ein Rollstuhl-Ticket lösen. Schließlich kosten auch die barrierefreie Infrastruktur, die Aufzüge, die Rampen und die behindertengerechten Toiletten sehr viel Geld. Und dafür können ja nicht nur die armen Porschefahrer aus Düsseldorf-Wittlaer aufkommen.

Oder Kinderwagen. Wenn ihr über die Straßen in der Stadt geht und seht, wie verkehrsbehindernd Kinderwagen einfach abgestellt werden, da, lieber Herr Hartnigk, kann einem schon einmal der Gedanke kommen, ob das so in Ordnung ist. Im Berufsverkehr in vollen Bussen und Bahnen nimmt ein Kinderwagen locker das Dreifache an Platz weg, also sollten die Eltern auch das Dreifache bezahlen. Sie könnten vielleicht auch eine Klebeplakette an den Nachwuchs kleben, damit dieser die gesamten Gebühren mit dem ersten Gehalt begleicht.

Ihr seht: Wer das "Gebot der Gleichbehandlung" im Sinne von Andreas Hartnigk konsequent befolgt, wird noch ganz andere, lukrative Wege finden, damit der Verbrennungsmotor weiterhin ordentlich brummt.

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