FYI.

This story is over 5 years old.

Tech

Öffentliche Fahndung nach mutmaßlichem Kindesentführer "erfolgreich beendet"

Nach der Abschaltung einer großen Kinderporno-Plattform traten die Ermittler monatelang auf der Stelle. Nachdem das BKA sich an die Öffentlichkeit gewendet hat, scheint es nun voranzugehen.

Update (9.10.2017; 22:00): Nur wenige Stunden nach dem öffentlichen Aufruf und der Veröffentlichung der Bilder des vermissten Kindes hat das BKA am Montagabend auf Twitter bekannt gegeben, dass die Fahndung erfolgreich beendet wurde. Weitere Informationen wurden am Abend zunächst nicht bekannt. Die Ermittler baten allerdings noch darum, die von ihnen am Morgen veröffentlichten Bilder des Kindes wieder zu löschen.

Anzeige

Motherboard hat die Bilder inzwischen gelöscht. Im Folgenden der ursprüngliche Artikel zu dem Fall.

Vier Monate nach Abschaltung der Kinderporno-Plattform "Elysium" im Darknet wendet sich die Polizei mit einem Fahndungsaufruf an die Öffentlichkeit. Ein anonymer Beschuldigter soll zwischen Oktober 2016 und Juli 2017 ein vier- bis fünfjähriges Mädchen mehrfach sexuell missbraucht haben. Die Taten soll er gefilmt und anschließend auf eine "kinderpornographische Darknet-Plattform" hochgeladen und dort verbreitet haben. Die Behörden betonen in dem gemeinsamen Aufruf, dass das Opfer sich vermutlich weiterhin in der Gewalt des Täters befinde und somit "ein fortgesetzter sexueller Missbrauch des Kindes nicht auszuschließen ist".

Zur Fahndung aufgerufen haben die Zentralstelle für Internetkriminalität (ZIT) der Generalstaatsanwaltschaft Frankfurt am Main und das Bundeskriminalamt (BKA). Auf das kinderpornografische Material seien die Ermittler im Juli gestoßen, heißt es in einer gemeinsamen Mitteilung.

Folgt Motherboard auf Facebook, Instagram, Snapchat und Twitter

Einen Monat zuvor wurde die kinderpornografische Darknet-Seite "Elysium" abgeschaltet. Den Ermittlern gelang damit der bislang größte Schlag gegen Kinderpornografie im Netz. Ermittelt wurde in Deutschland, Österreich, Australien, Italien und Neuseeland. Auf der Plattform wurden Bilder und Videos von sexuellem Missbrauch sowie Gewalthandlungen an Kindern getauscht. Laut BKA verabredeten sich die Mitglieder auf der Seite auch zum sexuellen Missbrauch an Kindern. Die Seite soll zuletzt rund 87.000 Mitglieder gehabt haben. Am 12. Juni stürmte die Polizei die Wohnung des mutmaßlichen Drahtziehers, der innerhalb eines halben Jahres seine Community aufgebaut haben soll. Tatverdächtig ist ein 39-jähriger Hesse. Die Polizei beschlagnahmte den Server der Plattform. Insgesamt wurden bei der Razzia 14 Personen festgenommen, von denen zwölf selbst Kinder missbraucht haben sollen.

Anzeige

Die Nachricht von der Server-Beschlagnahmung verbreitete sich wie ein Lauffeuer in bestimmte Ecken des Darknets – drapiert mit einer Warnung an ehemalige Nutzer der Plattform, nun im Visier der Staatsanwaltschaft zu sein.

Den jetzt zur Fahndung ausgeschriebenen mutmaßlichen Täter scheint diese Warnung früh genug erreicht zu haben: Vom Zeitpunkt der Entdeckung der Missbrauchs-Videos bis heute sind drei Monate vergangen – ohne Erfolg für die Ermittler. In dem Aufruf spricht Oberstaatsanwalt Georg Ungefuk vom ZIT von "aufwendigen Fahndungsmaßnahmen", die bislang nicht gefruchtet hätten. Es handle sich um einen "äußerst vorsichtig agierenden" Tatverdächtigen. Alle anderen Ermittlungsmöglichkeiten seien erschöpft. Eine öffentliche Fahndung, so lässt sich aus dem Aufruf schließen, ist nun die letzte Chance, um Opfer und Täter ausfindig zu machen.

Nach wem die Beamten eigentlich suchen, wissen sie offenbar selbst nicht so genau: Fotos oder detaillierte Informationen zur Person liegen offenbar auch den Ermittlern nicht vor. Zu dem mutmaßlichen Opfer veröffentlichen die Beamten Bilder und die folgende Beschreibung:

  • Geschlecht: weiblich
  • Alter: ca. 4 - 5 Jahre
  • Haare: blond bis dunkelblond, glatt, lang, gerader Pony
  • Gesicht: rundes Kinn, Stupsnase, Augenfarbe vermutlich braun
  • Körperbau: schlank, gerade
  • Sprache: deutsch

Wer Angaben zu dem Opfer machen kann oder über sachdienliche Infos verfügt, kann sich über ein Formular an die zuständige Dienststelle wenden.

Die ZIT wurde 2010 gegründet und ist die erste Sonderstaatsanwaltschaft, die sich ausschließlich der Bekämpfung von Online-Kriminalität widmet. Sie bearbeitet Fälle von Drogen- und Waffenhandel im Darknet über Hacking bis zur Kinderpornografie.

Spezialisiert auf die Ermittlungen gegen Online-Pädophilie ist Staatsanwalt Dr. Benjamin Krause. Motherboard besuchte den Cyberermittler und das ZIT im letzten Jahr. Krause beklagte damals die hohe Verfügbarkeit von kinderpornografischem Material im Netz. "Die Opfer werden jünger, das Material härter und aufgrund der hohen Nachfrage auf den entsprechenden digitalen Handelsplattformen gelangt immer neues Material in Umlauf", so Krause gegenüber Motherboard.