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Rechts gegen Links

Ein Berliner AfD-Abgeordneter hat eine entlarvende Hassliste veröffentlicht

Mit dabei: Fußballklubs, Partyveranstalter und eine Biermarke.
Foto: imago | Metodi Popow

Für die meisten wäre es nur eine Liste von Vereinen, Verbänden und Unternehmen. Auf Rechtspopulisten könnte diese Liste allerdings wirken wie eine ekelerregende Ansammlung von Gutmenschen. So viele Leute, die sich für andere einsetzen – bah!

Der Berliner AfD-Abgeordnete Thorsten Weiß hat eine 129 Punkte lange Fragen-Liste verfasst und sie dem Abgeordnetenhaus Berlin überreicht. Darin will er wissen, welche Berliner Vereine, Stiftungen und Organisationen Verbindungen zu linken Parteien oder Linksextremen haben. Die Aufzählung ist ein aufschlussreiches Dokument aller Leute, die Weiß zu nerven scheinen.

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Mit der Unerbittlichkeit eines Reichsbahnschaffners stellt er dutzende Male die gleichen Fragen an den Senat: Wer von diesen Menschen hat seit 2010 öffentlich Linksextremisten unterstützt? Und wer von ihnen verfügt über finanzielle oder personelle Verbindungen zu SPD, Linken und Grünen (die Union wird nicht einmal erwähnt)? Es muss eine wahnsinnige Copy-Paste-Orgie gewesen sein.

Danach folgt jeweils eine Organisation, die man aus Sicht von Thorsten Weiß überprüfen sollte. Darunter sind das August Bebel Institut, die Amadeu Antonio Stiftung und die Jugend- und Familienstiftung des Landes Berlin. Sie gehören zu 33 Vereinen, Stiftungen und Initiativen, denen die Berliner AfD in einem anderen Antrag die öffentlichen Fördergelder entziehen wollte. Tendenziell verdächtig mit Linksextremen zu paktieren, sind laut der neuen Liste aber auch die Fußballklubs BSC Eintracht Südring und der Verein Türkiyemspor Berlin. Andere Vereine hingegen fühlten sich von Weiß schändlich übergangen:

Doch das Misstrauen des Thorsten Weiß scheint keine Grenzen zu kennen. Denn er würde auch gerne wissen, was bei dem Mitgliedern des Vereins Clubcommission Berlin und beim Verband der Berliner Club-, Party- und Kulturereignisveranstalter so abgeht. Vielleicht hat Weiß gestört, dass die Clubcommission bei einer Befragung, welche Partei die Berliner Partyszene am besten unterstützt, die AfD einfach übergangen hat.

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Doch es geht noch weiter. Wo sammelt sich bekanntlich der subversive Abschaum? Genau: unter Bierbrauern. Oder warum würde die AfD sonst gerne wissen wollen, was hinter den Kulissen der Biermarke Quartiermeister abgeht? Vielleicht könnte es daran liegen, dass Quartiermeister aus einem Teil seiner Erlöse soziale Projekte in der Nachbarschaft unterstützt? Vielleicht hat sich Weiß auch daran gestört, dass Quartiermeister einen Workshop zum Thema "Nationalismus im deutschsprachigen Rap" unterstützt hat, und diese Unterstützung damit begründete, dass man in einer Zeit, in der die AfD in viele Landtage einziehe, besonders über Nationalismus aufklären müsse.

Nach welchen Kriterien Weiß seine Liste tatsächlich ausgewählt hat, lässt er offen. Einerseits wirkt sie völlig willkürlich. Unter dem Verdacht linksextremistisch zu sein, stehen demnach auch der Verein Amoro Foro, der sich gegen die Diskriminierung von Roma einsetzt und das Berliner Anne Frank Zentrum, das über die Verbrechen der Nazis an den Juden aufklärt. Aus Sicht von Weiß vielleicht verabscheuungswürdige Fälle von Wohltäterei – aber trotzdem: ernsthaft?

Wenn man andererseits davon ausgehen würde, Weiß habe die Organisationen nach ihren Gemeinsamkeiten ausgewählt, wird das ganze noch trauriger. Denn eigentlich setzen sich alle direkt oder indirekt gegen Rassismus, Ausgrenzung, Hass, Diskriminierung – und teilweise auch gegen die AfD – ein.

Doch so sehr sich der Verfasser mit dieser Liste selbst ein Armutszeugnis ausgestellt hat, umso schöner ist die Antwort der Senatsverwaltung: "Zu 1.-129.: Dem Senat liegt dazu keine Information vor." Danach folgt noch ein kleines Lehrstück in Demokratie. Der Senat erhebe nicht systematisch Daten über Mitgliedschaften von Personen in den genannten Parteien, Vereinen, Verbänden, Stiftungen oder Unternehmen, heißt es in der Antwort. Aber das sollte Thorsten Weiß als aufrechter Verfechter des Rechtsstaates ja eigentlich wissen.

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