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Bundestagswahl 2017

Übersetzung: Was Merkel und Schulz beim TV-Duell eigentlich sagen wollten

Für alle, die nicht fließend "Kandidatisch" sprechen.
Foto: imago | Xinhua

Ihr habt es mitbekommen: Gestern Abend haben sich Angela Merkel und Martin Schulz das einzige TV-Duell des ganzen Wahlkampfs geliefert. Und obwohl das kein Sportereignis ist, bei dem man genau messen kann, wer mehr Punkte erzielt, sind sich die Umfragen einig, dass Merkel das Ding gewonnen hat.

Dabei hatte sich Schulz wirklich gut vorbereitet. Er hatte Zahlen gepaukt, so gut es ging, Merkels Schwachstellen analysiert und sogar ein altes Zitat aus Persien auswendig gelernt. Das Problem ist aber: Bei einem TV-Duell geht es nicht vorrangig um Inhalte. Denn wenn du die Sorte Wähler bist, die sich dafür interessiert, wer das solidere Rentenkonzept hat, dann hast du dich wohl schon entschieden.

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Beim TV-Duell geht es darum, die unentschiedenen Wähler für sich zu gewinnen. Und dafür müssen die Kandidaten vor allem versuchen, den Eindruck von Kompetenz und Verlässlichkeit zu vermitteln. Wichtiger als das, was die Kandidaten (und Moderatoren) sagen, ist also das, was sie meinen – und wen sie damit ansprechen wollen. Das haben wir hier mal für euch übersetzt.

Moderator Claus Strunz: "Es ist das erste und einzige direkte Aufeinandertreffen der Kandidaten, es geht also um viel. Wir werden sehr genau darauf achten, dass beide Kontrahenten gleich großen Redeanteil haben."
Übersetzung: "Wir sind immer noch beleidigt, weil Merkel uns nur ein einziges verdammtes Duell zugesagt hat. Und ich freue mich jetzt schon darauf, sie irgendwann heute Abend dafür anzumeckern, dass sie ihre Redezeit überschritten hat."

Schulz: "Wir sind jetzt drei Wochen vor der Bundestagswahl in einer Situation wo – wenn ich den Umfragen, die sie zitiert haben, glaube – ungefähr jeder zweite deutsche Bürger noch nicht entschieden ist. Unser Duell heute Abend dient sicher dazu, die Fragen, die die Menschen haben, zu beantworten."
Übersetzung: "Ich weiß, dass meine Umfragewerte scheiße sind und ich fast keine Chance gegen Merkel habe. Aber hey, vielleicht passiert heute Abend ja was Verrücktes und ich kann das Ding noch drehen?"

Merkel: "Ich bin Vorsitzende einer Partei, die für Maß und Mitte steht. […] Daran arbeite ich. Die Herausforderungen sind jedes Mal andere. Auch in den letzten vier Jahren waren es neue."
Übersetzung: "Ich werde jetzt hier einfach Wörter produzieren, die maximal einlullen – so lange, bis diese 90 Minuten vorbei sind. Das ist alles, was ich tun muss."

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Schulz: "Frau Merkel hat vor zwei Wochen in einem Interview gesagt, sie würde alles, was sie 2015 gemacht hat, genauso wiederholen. Dazu kann ich nicht raten."
Übersetzung: "Wenn ihr glaubt, dass ich jetzt wirklich Merkels Flüchtlingspolitik kritisieren werde, seid ihr in der falschen Debatte. Ich bin zu hundert Prozent einverstanden damit. Aber weil ich ja Kanzler werden will, muss ich halt meckern. Keine Ahnung, ob ich das wirklich besser hinbekommen hätte."

Merkel: "Das sehe ich anders, und ich glaube Herr Schulz weiß auch, dass es nicht richtig ist. Der sagt das vielleicht, um einen kleinen Unterschied herauszuarbeiten."
Übersetzung: "Vergiss es! Du bist mein Klon, und alle wissen es."

Merkel, auf die Frage, ob der Islam zu Deutschland gehört: "Wir haben vier Millionen Muslime in Deutschland, die tragen zum Erfolg dieses Landes bei. Deren Glauben ist der Islam. Und deshalb gehört – inzwischen, durch diese bei uns lebenden Muslime, die wie gesagt auch ein Teil unserer Gesellschaft sind – der Islam zu Deutschland. Aber einer, der verfassungskonform ist."
Übersetzung: "Ich habe das schlappste und misstrauischste Bekenntnis zu einer Religionsgemeinschaft abgegeben, das möglich war. Habt ihr das gesehen, liebe AfD-Wähler?"

Schulz: "Da sind ganz klar zwei unterschiedliche Konzepte hier am Werk. […] Ich bin entschieden anderer Meinung als Sie, was den Umgang mit Herrn Erdoğan angeht."
Übersetzung: "Wir sind auch hier völlig einer Meinung, aber weil das ja langsam lächerlich wirkt, sage ich jetzt einfach immer wieder, dass wir da ganz anderer Meinung sind."

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Merkel: "Ich habe im Übrigen sehr viel Erfahrung damit, mit Herrn Erdoğan darüber zu reden. […] Jedenfalls werde ich mit meinen Kolleginnen und Kollegen nochmal darüber reden."
Übersetzung: "Ich bin eines der wichtigsten Regierungsoberhäupter der Welt. Ich habe die Handynummern von allen Staatschefs in Europa. Ich bin fucking mächtig, und jetzt wählt mich einfach wieder!"

Schulz: "Das mache ich! Ich rufe den Heiko Maas an!"
Übersetzung: "Ich habe auch eine Menge Telefonnummern im Handy! Und ich rufe die Leute auch an – gnadenlos!"

Merkel: "Wir sorgen dafür, dass die Autoindustrie Verbraucher im Sinne des Rechts entschädigt."
Übersetzung: "Wir scheißen auf die Verbraucher."

Schulz: "Die Musterfeststellungsklage muss kommen!"
Übersetzung: "Ich rocke das hier gerade. Ich habe die besten Worte. Was ist emotionaler als Musterfeststellungsklage?"

Merkel: "Manche Menschen können nicht länger arbeiten als bis 67, zum Beispiel Pflegekräfte. Oder meinetwegen Dachdecker."
Übersetzung: "Haha, also ich werde nach heute Abend auf jeden Fall bis 67 arbeiten!"

Schulz, als die Moderatorin darauf hinweist, dass er und Merkel von der Zeit fast gleichauf liegen: "Das ist aber auch der einzige Ausgleich zwischen Merkel und mir!"
Übersetzung: "Ich bin kein Klon! Ich bin kein Klon! Ich bin kein Klon!"

Merkel: "Wir leben in einer extrem spannenden Zeit. Das, was heute sicher scheint, das ist für morgen noch nicht sicher."
Übersetzung: "Ich habe euch hiermit gewarnt, dass ich keine Ahnung habe, was ich die nächsten Jahre machen werde. Es kommt, was immer mir die Macht sichert – und welches Thema sich lohnt von der SPD zu klauen."

Merkel: "Wir haben aus meiner Sicht nicht ausreichend gesprochen, was eigentlich zur Entscheidung steht in den nächsten vier Jahren."
Übersetzung: "Was für eine Scheiß-Debatte. War das euer Ernst? Ich meine, ernsthaft: Das fand sogar ich langweilig."

Merkel: "Herzlichen Dank, und ich wünsche Ihnen noch einen schönen Abend."
Übersetzung: "Das war's. Ich habe wieder gewonnen! Joachim, hol' schon mal die Flasche raus, bin gleich zu Hause."

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