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Memes und Marxismus – wie man junge Menschen von linker Politik begeistert

Immer mehr Menschen nutzen Memes, um Teenagern in den sozialen Netzwerken komplexe politische Theorien näherzubringen und sind damit ziemlich erfolgreich.
Images courtesy of Facebook/SassySocialistMemes

Kurz vor seinem Abschluss wurde Myles von seiner Schule zum "Komiker des Jahres" gewählt – eine Auszeichnung, die er sich mit seiner Arbeit als Admin der schulinternen Meme-Seite verdient hat. Unter seinem wachsamen Auge kamen Insiderwitze und Klatschgeschichten in Umlauf, die ihm schließlich den Titel einbrachten.

Mittlerweile ist Myles volljährig, studiert Journalismus und gehört zu einer immer größer werdenden Gruppe von Teenagern, die ihre eigenen kritischen, linkspolitischen Memes erstellen und über Facebook, Reddit und Tumblr verbreiten. "Mit Memes lassen sich komplexe politische Themen ganz leicht erklären – das finde ich so genial an ihnen", sagt Myles.

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"Natürlich sind Memes in Sachen Politik nicht der Weisheit letzter Schluss, aber sie können dabei helfen, junge Menschen an Debatten teilhaben zu lassen, von denen sie sonst ausgeschlossen wären. Ich habe mal ein Meme von Sassy Socialist Memes gesehen, das eine sehr fundierte Kritik am wirtschaftlichen Rationalismus genau auf den Punkt gebracht hat."

"Das war einer dieser Momente, in denen ich dachte: 'Es ist witzig, weil es wahr ist.'"

Die Verwendung sogenannter Dank-Memes in der Politik wird viel diskutiert und auch kritisiert. Viele Menschen sind der Meinung, dass Memes zu ironisch sind und dazu neigen, Theorien aus dem Zusammenhang zu reißen. Gleichzeitig machen sie politische Theorien aber auch leichter bekömmlich, wie Myles sagt. Doch unbestreitbar ist, dass Memes leicht zugänglich und demokratisch sind: Memer erstellen ihre Inhalte nach ihren eigenen Bedingungen und bringen Marx' "Produktionsverhältnisse" damit direkt zur Anwendung.

Alle Bilder: SassySocialistMemes | Facebook

"Nicht jeder hat die Zeit, ganze Artikel oder komplette Reden über eine politische Debatte zu schreiben", sagt die 18-jährige Literaturstudentin und LGBTQ-Aktivistin Susie. "Die Zeit, ein Meme zu erstellen, hat dagegen so gut wie jeder."

"Außerdem drehen sich die meisten politischen Memes, die ich kenne, um Themen, von denen ich schon mal gehört habe oder um Werte, die ich teile. Es ist toll, solche Insider mit einer großen Gruppe von Menschen teilen zu können – darin liegt doch letztendlich der ganze Spaß."

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"Genau wie politische Karikaturen, die eine lange Tradition haben, sind auch politische Memes eine Möglichkeit, um Politik kritisch und jenseits der Norm zu betrachten. Das macht sie so interessant", schreibt Professor Marshall von der Deakin University. "Sie haben einen direkten persönlichen Bezug und stellen eine Möglichkeit dar, die eigenen Ansichten aus einem anderen Blickwinkel zu betrachten."

James*, 27, ist einer der Admins von Crunchy Continental Memes, einer linksorientierten Meme-Seite. "Wenn junge Menschen oder Aktivisten etwas von unseren Memes mitnehmen können, dann dass die Kontinentalphilosophie mehr ist als eine akademische Abstraktion", sagt er. "[Memes] können sehr anschaulich über die linksorientierte politische Praxis informieren und ihr Nachdruck verleihen."

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Das Ganze kollidiert manchmal aber auch mit seiner eigenen Weltanschauung. "Das Problem an meiner Arbeit als Admin ist, dass ich die anderen nicht mehr als einzelne Genossen sehe, sondern nur noch nach ihrem potenziellen Engagement in Bezug auf die Inhalte einteile. Der 'durchschnittliche' Memer verschwindet in der amorphen Masse von Nutzern, deren einzige Funktion es ist, Arbeit mit wertvollen Likes zu belohnen."

Susie (kein Admin) macht sich darüber keine Sorgen. "Freunde in Memes zu markieren, kann helfen, leichter ins Gespräch zu kommen", erklärt sie mir über Facebook. "Memes sind inzwischen so eine Art Gesprächseinstieg, schätze ich LOL – aber dagegen habe ich nichts."